Im Jahr 2017 haben ARD und ZDF veröffentlicht, wie viel sie im Jahr für Sport ausgeben. Es war über eine halbe Milliarde Euro. 440 Millionen Euro gingen allein für die Sportrechte drauf. Manch privater Spartensender hat einen geringeren Gesamtetat, als die Öffentlich-Rechtlichen an Gebühren für den Teilbereich Sport raushauen. Warum ARD und ZDF so großzügig mit unserem Geld umgehen, hat der Samstag gezeigt: Ohne Sport geht der öffentlich-rechtliche Rundfunk baden. Zumindest bei den Jüngeren.
Etwa die ARD mit ihrem Film „Ein Wochenende im August“: Eine Ehefrau leidet unter den Zwängen des Kapitalismus und der Familie. Dann lernt sie einen Journalisten kennen. Der verdient allerdings nicht fünfstellig bei der ARD und lebt in Berlin Mitte, sondern er ist ein Hippie, der umherzieht und im Garten der Familie übernachtet. Der Lebenskünstler lehrt die Unterdrückte das Leben zu schätzen und sich von ihren Zwängen zu befreien. Diese Story aus der Selbstwahrnehmungs-Verwirrung eines woken Autoren trifft auf filmisches Handwerk der 1950er Jahre: langsame Schnitte, langatmige Erzählung, und was im Bild passiert, muss im Dialog nochmal wiederholt werden. Mitunter mehrfach.
Wer das sehen will? Nicht allzu viele. 1,7 Millionen Zuschauer hat „Ein Wochenende im August“ insgesamt. Bei den Menschen unter 50 Jahren sind es keine 200.000. Auf so viele Zuschauer kommt Pro Sieben in der Gruppe am gleichen Tag – um 8.54 Uhr. Mit einer Folge von The Big Bang Theory. Eine Sitcom, die schon mehrere dutzende Male wiederholt wurde. Der ARD bleiben die Jüngeren fern. Am Samstag erreichte der Sender 3,3 Prozent in der Gruppe der Unter-50-Jährigen. Platz acht im Tagesvergleich. Hinter Vox, RTL zwei oder Kabel eins.
Die Marktführerschaft von ARD und ZDF in der gesamten Zuschauerschaft steht auf zwei Füßen. Der eine ist ein Sockel an unkritischem, oft älteren Publikum, das sich öffentlich-rechtliche Sender wie ein Aquarium anschaut: So lange sich was bewegt, geht es weiter. Darin, dieses Publikum zu binden, ist das ZDF geschickter als die ARD: Rosamunde Pilcher, Das Traumschiff oder Inga Lindström konservieren das filmische Erzählen der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts – und dessen Zuschauer.
Die zweite Säule des Erfolgs der Öffentlich-Rechtlichen ist der Sport. Länderspiele, Weltmeisterschaften, Olympische Spiele oder Wintersport-Marathons verbessern die Bilanz. Laufen die bei der Konkurrenz, sind ARD und ZDF plötzlich Zwerge. Dank des Fußballspiels Ungarn gegen Deutschland holt RTL 7,4 Millionen Zuschauer in der Primetime, 13,2 Prozent bei allen Zuschauern im Tagesvergleich und 14,6 Prozent bei den Menschen unter 50 Jahren. Alle drei Werte bedeuten den Tagessieg in der jeweiligen Rubrik.
Dem ZDF gelingt es wenigstens, die älteren Zuschauer an sich zu binden. Diesmal mit Krimis statt Kitsch. Das wollen jeweils zwischen 2 und 3 Millionen Zuschauer sehen. Doch davon ist nicht mal annähernd jeder Zehnte jünger als 50 Jahre. In dieser Gruppe hat das Zweite um 23.30 Uhr mehr Zuschauer mit einem US-Western als um 20.15 Uhr mit dem „Ostfriesengrab“. Allerdings erreicht auch die Neuverfilmung von „Die glorreichen Sieben“ dort nur 210.000. In dieser Gruppe landet das ZDF mit 4,3 Prozent im Tagesvergleich auf Platz sieben – also nur einen Rang vor der ARD.
Zum Glück für ARD und ZDF kommt im Winter die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar. Den Boykottaufruf dazu werden sie nicht übernehmen. Zum einen buckelt dort Wirtschaftsminister Robert Habeck mittlerweile selbst um Rohstoffe. Und Kritik am grünen Liebling ist im öffentlich-rechtlichen Fernsehen noch seltener als ein Programm, das junge Menschen anspricht. Zum anderen würden sich ARD und ZDF mit dem Sportturnier den Ast absägen, auf dem sie sitzen.