Tichys Einblick
Geplante ÖRR-Reform

Zurück zum Kerngeschäft: Der ÖRR wehrt sich weiterhin gegen Reformpläne

Schön, dass ARD-Chef Gniffke mit der Tagesschau ein Medium zur Verfügung steht, um seine Meinung zur besten Sendezeit unter die Leute zu bringen: Er fürchtet die weitere Ausbreitung von Fake News, sollte sich der ÖRR auf sein Kerngeschäft besinnen.

picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

„Auftrag qualitativ stärken, quantitativ begrenzen“, so bringt die Rundfunkkommission den Entwurf zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR) auf den Punkt. Wer ernstlich Interesse an hochwertiger Versorgung der Bevölkerung mit Information hätte, würde einem solchen kurz und bündig gefassten Anliegen applaudieren.

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Stattdessen regt sich Protest: Vorhersehbar, schließlich geht es vielen Beteiligten vorrangig um Pfründe, nicht um den eigentlichen Auftrag des ÖRR. Bereits die geplante Zusammenlegung der Kultursender 3Sat und Arte hatte für Protest gesorgt: Man könnte freilich fragen, ob deren wertvolles Angebot nicht vorrangig über ARD und ZDF abgebildet werden könnte und sollte, während man dort auf die eine oder andere allzu leichte Muse und Publikumsverdummung oder die eine oder andere überteuerte Talkshow mit den immer gleichen Gästen verzichten könnte.

Aber der Reformvorschlag bietet auch auf anderen Gebieten reichlich Stoff für Selbstinszenierung und larmoyantes Warngeschrei seitens der Öffentlich-Rechtlichen – als hätten sie die Infragestellung ihrer Legitimität nicht vorrangig selbst heraufbeschworen, einmal durch die gewissenlose Selbstbedienungsmentalität, wie es etwa der Fall Schlesinger offenlegte, andererseits dadurch, dass die Berichterstattung qualitativ spürbar nachließ, während sie zeitgleich immer offensiver einseitig, ideologisiert und aktivistisch daherkam.

Nun schrillen die Alarmglocken, weil die Reform auch das Engagement der Öffentlich-Rechtlichen im Netz auf den Prüfstand stellt. Denn das „kostenlose“, das heißt von den Bürgern finanzierte Angebot darf keine Konkurrenz zur kommerziellen Presse darstellen. Schaut man sich allerdings die zahllosen digitalen Präsenzen der ARD an, so zeigt sich dort ein überbordendes Portfolio an Angeboten, die mit dem Kernauftrag des ÖRR nichts mehr zu tun haben, dafür aber schamlos im Bereich der Online- und Printmedien wildern.

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Ein Ausweg: Der ÖRR soll nur noch Texte publizieren, deren Inhalt zuvor in den eigentlichen Fernseh- und Rundfunkformaten veröffentlicht wurde. Dieser Vorschlag ist in der Form vielleicht noch nicht ganz ausgereift, geht aber klar in die richtige Richtung: Profil, Abgrenzung und Anspruch des ÖRR wären deutlich, die nicht öffentlich-rechtliche Presselandschaft muss sich nicht gegenüber einem übermächtigen Mitspieler im Medienbetrieb behaupten, der durch allgegenwärtige digitale, Fernseh- und Rundfunkpräsenz sämtliche Medienformate auf sich vereint und finanzstark bedienen kann.

Doch dem ÖRR schmeckt das freilich überhaupt nicht: So lässt der ARD-Vorsitzende Kai Gniffke in der Tagesschau verlauten, dass er den ÖRR als Kämpfer gegen „Hass, Hetze und Halbwahrheiten“ betrachtet. Er sieht die Aufgabe gefährdet, diese zu entlarven und „den Menschen mit sorgfältig recherchierten Informationen zur Seite“ zu stehen.

Das trägt schon satirische Züge: Schließlich war es der ÖRR, der dem Recherche-Portal „Correctiv“ Fake News unkritisch abnahm, wohlwollend streute, und nicht einmal auf gerichtliche Anweisung dazu bereit war, die Verbreitung von Falschinformationen zu unterlassen. Und die regierungstreue Desinformation während der Corona-Krise? Von kritischer Berichterstattung damals keine Spur, Selbstkritik kann man mit der Lupe suchen. Zudem haben jüngere Skandale, wie etwa um die Infotainment-Show „Die 100“ gezeigt, dass der ÖRR womöglich vor allem deshalb in den digitalen und sozialen Medien Präsenz zeigen will, weil er sich selbst allzu häufig im Fadenkreuz echter Faktenchecker wiederfindet: Wer selbst ständig durch Halbwahrheiten auffällt, wird eben im Netz in Windeseile demaskiert.

Das Zurechtstutzen des ÖRR auf ein verträgliches Maß ist gerade kein Kahlschlag der Medienlandschaft in Deutschland. Vielmehr wird der völlig aus dem Ruder gelaufene Apparat nun nachhaltig aufgefordert, sich auf sein Kerngeschäft zu konzentrieren, und das zu seinem eigenen Wohl – so denn die geplante Reform tatsächlich gelingt.

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