Tichys Einblick
Grüner in der Tagesschau

ÖRR „vergisst“ mal wieder das Parteibuch des Befragten

Die Tagesschau lässt Gerhard Schick ans Mikrofon und bezeichnet ihn als Vorstand einer Bürgerbewegung. Dass er Mitglied der Grüne ist, bleibt unerwähnt. Es ist nicht das erste Mal.

IMAGO / IPON

Er ist mittlerweile ein Klassiker des öffentlich-rechtlichen Fernsehens: der Tag, an dem das ZDF im Supermarkt eine zufällig gewählte Kundin befragt, ob sie die Entscheidung begrüßt, dass ein Hirseprodukt aus einem Biomarkt verschwinden soll. Denn die Hirse ist keine gewöhnliche Hirse, sondern rechtspopulistische Hirse. Hinter ihr steht ein AfD-Politiker. Die Kundin begrüßt diese Entscheidung. Sie wolle keine „AfD-Hirse“ kaufen.

Das ZDF tituliert die Befragte als „Kundin“. Darüber der Name: Monika Lazar. Dass Lazar damals im Bundestag als Abgeordnete der Grünen sitzt, erfährt der Zuschauer nicht. Auch nicht, dass sie dem Innenausschuss gehört. Das ZDF will sie zufällig getroffen und nicht gewusst haben, um wen es sich handelt. Lautlos verschwand der Bericht dann. Später tauchte er wieder auf – mit kleinen Änderungen.

Nicht der einzige Fall. Während das ZDF eine grüne „Rechtsextremismusexpertin“ nicht kennt, will der RBB Verkehrspolitiker nicht erkennen. Doch zufällig kommen sie ihm immer wieder unter die Nase. Besonders, wenn es um die Berliner Verkehrspolitik geht, die dem Sender und dem Befragten gar nicht grün genug sein kann. Pop-Up-Radwege, so sagt ein zufällig vorbeiradelnder Radfahrer zum RBB-Team, finde er super. Auch ihn will der RBB nicht erkennen: Es handelt sich neuerlich um einen Grünen, nämlich den Berliner Abgeordneten Georg Kössler.

Das ist dem TE-Leser freilich nicht genug. Alles Zufälle – Zufälle, wie eine zufällig im Supermarkt einkaufende grüne Abgeordnete oder ein zufällig auf der Straße vorbeifahrender grüner Abgeordneter. Die Tagesschau hat diesen Geschichten ein neues Kapitel hinzugefügt. Es ist wieder einmal Finanzkrise, und damit eine Stunde für jene, die eine „nachhaltige Finanzwirtschaft“ durchsetzen wollen – allen voran Gerhard Schick.

Schick war bis 2018 Bundestagsabgeordneter für die Grünen und als Parteirat sowie als stellvertretender Vorsitzender des Finanzausschusses weder in Partei noch Parlament ein Hinterbänkler. Vielleicht wäre es daher nur redlich gewesen, wenn die Tagesschau, die Schicks Meinung einholte, dessen parteipolitische Prägung wenigstens erwähnt hätte. Stattdessen erschien er nur als „Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende“.

Nun kann man argumentieren: Schick hat sein Mandat niedergelegt und besitzt damit anders als Lazar und Kössler keine politischen Ämter mehr. Womöglich sind auch bei Gerhard Schröder oder Angela Merkel die Parteimitgliedschaften heute nachrangig. Der Unterschied ist freilich, dass der normale Bundesbürger bei beiden weiß, wo er sie ideologisch zu verorten hat. Bei Schick weiß er es nicht.

Womöglich denkt man sich beim ÖRR: mal bitte nicht so anstellen! Bei Marcel Fratzscher, den man danach zur drohenden Finanzkrise befragt, steht ja schließlich auch nur „Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung“ und nichts von seiner SPD-Nähe.

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