Wie lange will der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk seine Skandale eigentlich noch aussitzen? Zunehmend hilflos beobachtet man die Selbstdemontage einer Institution, die damit nicht nur sich selbst in Verruf bringt, sondern allgemein der Glaubwürdigkeit der Medien den Todesstoß versetzt.
Der jüngste Aufruhr um die Infotainment-Show „Die 100“, in der Teilnehmer die Durchschnittsgesellschaft abbilden sollten, sich dann aber überproportional als Parteimitglieder (linker Parteien), Politiker, und sogar Komparsen entpuppten, nimmt sich da beinahe noch brav aus, sind wir ähnliches doch gewöhnt. ÖRR-Mitarbeiter oder Politiker, die als „zufällig vorbeikommende Passanten“ Interviews geben, erregen im Netz regelmäßig Unmut, Spott und Häme.
Mehr als „nur“ rufschädigend sind jene Vorgänge, deren juristisches Nachspiel offenlegt, mit welcher Selbstverständlichkeit ARD, ZDF und Co. verantwortungs- und gewissenlos agieren: Mit zwei Niederlagen vor Gericht, zu Jan Böhmermann, der durch seine verleumderische Show gleich einen verdienten Beamten aus seiner Position fegte, und zur der Correctiv-„Recherche“ über das Potsdamer „Geheimtreffen“ (Tichys Einblick berichtete), erweisen sich die Öffentlich-Rechtlichen Medien als Fake-News-Schleudern und Desinformationsportale, für die der Bürger auch noch zahlen muss.
Die genannten Fälle stehen symptomatisch für die beiden Hauptprobleme der redaktionellen Elfenbeintürme: Eine mittlerweile unverhohlene Verachtung des Publikums und das dringende Bedürfnis, die Realität nicht abzubilden, sondern sie zu manipulieren, um sie in aktivistischer Manier zu gestalten. Was nicht sein darf, kann nicht sein, und was nicht passt, wird passend gemacht.
Das betrifft auch eine Art „schleichende“ Desinformation: Wenn opportune Narrative verbreitet werden, getarnt durch das „sachliche“ Format der Dokumentation. Wenn Talkrunden so besetzt werden, dass der Vertreter der missliebigen Position auf sich allein gestellt ist, oder wenn Journalisten wie der ÖRR-Shootingstar Mai Thi Nguyen-Kim als „unbestechliche Wissenschaftler“ auftreten, und diesen Nimbus und den damit verbundenen Vertrauensvorschuss nutzen, um bestimmte weltanschauliche Positionen unters Volk zu bringen – natürlich wissenschaftlich „neutral“. Diese „weiche“ Lenkung der Meinungsbildung fällt meist nur denjenigen auf, die sich mit einem Thema auskennen, und stutzen, wenn etwa kontroverse Positionen als wissenschaftlicher Konsens, oder grobe Fehlinformationen als Fakten dargestellt werden.
Nun sind Fehler und vorgebliche Neutralität das eine. Das andere ist die Unverfrorenheit, mit der man den Skandal aussitzt, wenn man ertappt wurde. Maximal lässt man sich zu einer Richtigstellung im Netz herab, die einen großen Teil der Zuschauer nicht erreichen wird. Doch das wird nicht mehr lang funktionieren. Nachfolgende Generationen von Mediennutzern sind „digital natives“. Die Generation TikTok wird nicht mit dem Alter zum Zuschauer mit Röhrenfernseher mutieren.
Die Geschwindigkeit, mit der schlechte oder fehlerhafte Recherchen und Manipulationen entdeckt und publik gemacht werden, ist atemberaubend, und die Reichweite von Faktenchecks steigt. Noch mag sich die Empörung vorrangig in den Sozialen Medien abspielen, aber mehr und mehr wird sie in den Mainstream überschwappen. Es ist allerhöchste Zeit, dass dem Zuschauer wieder mit Respekt begegnet wird. Respekt, der sich darin äußert, dass man davon Abstand nimmt, ihn belehren, anleiten und bevormunden zu wollen.
Das Vertrauen derjenigen, die mangelhafte oder falsche Informationen, inszenierte „Zufallsinterviews“ mediale Kampagnen etc. als solche erkennen, lässt sich kaum wiedergewinnen.
Doch zerknirschte Reue oder Willen zur Besserung sucht man vergeblich: Lieber setzt man den eigenen Skandalen noch einmal die Krone auf – die Show „Die 100“ etwa ist nun für den Deutschen Fernsehpreis nominiert. Kategorie: Bestes Infotainment. Die Kategorie „unverschämteste Desinformation“ lässt noch auf sich warten.