Die Lage in Lampedusa ist in aller Munde. Normalerweise muss das in Bezug auf Maybrit Illners Sendung ja nichts heißen, die wählt sich ihre Themen nach ganz unergründlichen eigenen Kriterien. Und doch war der Titel ihrer letzten Sendung: „Zu viele, zu schnell – lässt sich Migration begrenzen?“. Meine persönliche Verschwörungstheorie ist ja, dass sie sich nur einmal jährlich in ein neues Thema einarbeiten will. Da bietet sich Lampedusa perfekt an, da sie einfach ihren Stoff aus 2015 herauskramen und sogar die Fragen kopieren kann – schlauer geworden ist die Politik ja nicht seitdem.
Die Gästeliste der Sendung hatte es in sich: Stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Jens Spahn, Innenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag Lamya Kaddor, Migrationsforscher Ruud Koopmans, Professor für den Bereich Immigration und Asyl Christopher Hein, Integrationsbeauftragte der Gemeine Odenthal Claudia Kruse – aber vor allem: niemand Geringeres als Nancy Faeser (SPD), Bundesinnenministerin und Anwärterin für den Abschuss.
Nancy Faeser wäre nicht die erste Ministerin der Ampelregierung, die auf dem Schleudersitz gelandet ist. Unsere ehemalige Familienministerin Anne Spiegel und Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hat es bereits getroffen. Spiegel hat schneller aufgegeben, Lambrecht wegen weniger Affäre und mehr Inkompetenz und Überforderung. Doch Nancy Faeser hält sich wacker. Es ist erstaunlich, allerdings geht es bei ihr gerade um alles. Wenn sie jetzt nachgibt, kann sie sich schon mal umschauen, ob ihre alte Kanzlei sie wieder nehmen würde. Wenn sie aber den Absprung nach Hessen schafft, könnte ihre politische Karriere gerade erst beginnen. In der letzten Illner-Sendung macht sich jedenfalls die Ahnung breit: Wir werden Nancy Faeser in nächster Zeit nicht weniger sehen.
Ich muss ehrlich sein, ich wusste bis gestern Abend nicht so wirklich, wie Nancy Faesers Stimme klingt. Bei Illner war sie bisher jedenfalls noch nicht. Doch seit sich ihre Skandale häufen, darf man neuerdings neue Seiten an ihr kennenlernen – Seiten, die man eigentlich nie kennenlernen wollte. So konnte man jüngst bei t-online über die Ministerin ganz privat erfahren: „Zuneigung zeigt sich bei mir auch körperlich“, der Artikel dazu ausgestattet mit einem Bild von Faeser und ihrem Mann. Sie tingelt von einem PR-Interview zum nächsten, ob in der BILD oder FAZ. Ein Talkshow-Auftritt war da naheliegend.
Und man muss einfach sagen: Den Auftritt hat sie mit Bravour bestanden. Entweder das – oder Jens Spahn hat kläglichst versagt. Naja, eigentlich beides. Für ihn hätte es ein Elfmeter ohne Torwart sein können. Auf Nancy Faeser prasselt aktuell so eine Welle an Kritik ein, dass es absolut nicht verwunderlich ist, wenn die Opposition da aufspringt. Und man muss sich die Argumente gar nicht selbst ausdenken, man muss sie nur aus der Presse abschreiben. Problem: Vortragen muss man sie dann immer noch selbst.
Nancy Faeser reagiert sichtlich genervt. Mit einem Hintergrundrauschen aus der Aneinanderreihung von Sätzen wie „Hören Sie auf“, oder: „Das bringt uns überhaupt nicht weiter“, untermalt sie den Redebeitrag des Ex-Ministers. So ist das bei Politikern immer: Wenn die Umstände nicht auf ihrer Seite sind, wollen sie sich immer mit den Inhalten befassen, Skandale würden nur den Arbeitsfluss stören. Als sie Schönbohm raus haben wollte, waren Inhalte aber plötzlich nicht mehr der einzige absolute Fokus. Und wenn mal ein Bürger seine Steuererklärung zu spät einreicht oder für ein paar Minuten im Halteverbot steht, dann ist die deutsche Bürokratie hammerhart.
Aber wenn man sich selbst mal einen Skandal erlaubt, gibt es da plötzlich die Flüchtlingskrise, und wenn die vorbei ist, den Klimawandel, und sollte der irgendwann durch sein, gibt es ja immer noch den Welthunger. Jens Spahn wollte sich von den Einwürfen von Nancy Faeser eingangs noch nicht aus der Ruhe bringen lassen und versuchte weiterzusprechen, doch Faeser blieb stur und rigide. Spahn bettelte schon fast, doch bitte den Satz beenden zu dürfen, doch dann ließ er sich den Ball einfach von Faser aus der Hand nehmen. Die drehte den Spieß um und setzte Spahn auf den Topf, er würde doch nur die Großen bei der Arbeit stören.
„Sie sind gut eingestiegen in der Frage, dass wir was tun müssen und dieses Tun machen wir bereits“, gesteht sie ihm zu und fährt fort mit Schilderungen von beschleunigten Asylverfahren und Gesprächen über Migrationsabkommen. „Und Sie kommen hier mit Sachen und sagen, wir hätten nichts getan und ich würde Wahlkampf lieber machen, das stimmt doch alles gar nicht. Und ich glaube, das bringt uns in der Sache gar nicht weiter.“ Es ist so dreist, dass man schon fast den Hut vor ihr ziehen muss. Jeder andere Politiker sähe nach diesem Einprasseln von Skandalen schon längst aus wie ein gequälter Hund. Doch Nancy Faeser setzt sich in einem ganz offensichtlichen PR-Termin im Wahlkampf hin und sagt, dass sie lieber Wahlkampf machen würde, sei absurd.
Danach ist Jens Spahn wieder der Gejagte, er dürfte Flashbacks zur Corona-Zeit haben, als er irgendwann zum Sündenbock der CDU ernannt wurde und für alle Verfehlungen den Kopf hinhalten musste, auch wenn man das Gefühl hatte, dass die Entscheidung eh von Merkel kam. Er verteidigt sie und ihre Politik trotzdem emsig, während Nancy Faeser die von Olaf Scholz hochhält – Parteisoldat bleibt Parteisoldat.
Nancy Faeser macht es sich einfach und pocht für den Rest der Sendung auf ein Migrationsabkommen mit Drittstaaten, damit soll dann alles in Ordnung kommen. Da das in der Zukunft liegt, ist sie fein raus. Es wird einfach zur Lösung aller Probleme ernannt und damit gut. Die syrisch-stämmige Grünen-Politikerin Lamya Kaddor hatte ihren eigenen exotischen Vorschlag: „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Ukrainerinnen und Ukrainer, die gekommen sind, direkt bei ihren Familien, Freunden und so weiter unterkommen konnten. Die mussten nicht in Erstaufnahmelager. Wir haben inzwischen so viele Syrer in diesem Land, dass die, die noch kommen, theoretisch doch auch prüfen lassen sollten, ob das nicht auch möglich ist, dass die mal privat unterkommen. Für die Integration hilft es allemal. Das ist ’ne viel pragmatischere Lösung.“
Einwürfe von Jens Spahn bügelt sie dem Vorbild Faesers nach einfach ab: „Lassen Sie mich, Herr Spahn!“ Und so wurde aus ihm eine lästige Fliege, die alle von sich wegscheuchten. Dass die Hauskatze alle Goldfische gefressen hat, hat da niemanden mehr interessiert. Ja, wir werden Nancy Faeser so schnell nicht mehr los.
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