Elon Musk ist eigentlich Wladimir Putin. So lernt das interessierte Publikum heute von SPD Co-Chef Lars Klingbeil. „Elon Musk versucht nichts anderes als Wladimir Putin“, sagte Klingbeil den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Beide wollen unsere Wahlen beeinflussen und unterstützen gezielt die Demokratiefeinde der AfD. Sie wollen, dass Deutschland geschwächt wird und ins Chaos stürzt.“ Die Demokratie in Deutschland sei „von außen massiv bedroht“. Und: „Hier versucht ein Tech-Milliardär, seinen Einfluss zu nutzen, um den Gang der Weltpolitik zu beeinflussen.“ Dagegen vorzugehen, sei vor allem die EU-Kommission gefordert.
Dass man nun in Deutschland darüber philosophiert, was Wahlkampfeinmischung ist, und dass diese Republik von außen bedroht sei, steht dabei noch auf einem eigenen Blatt; die Einmischung von Greta Thunberg war höchst willkommen, die von Bill Gates auch, und die Liste der Medien, die Obama zu Füßen lagen und Trump verteufelten, ist lang. Dass ausgerechnet die Deutschen, die zu jeder unpassenden Zeit versuchen, Einfluss auf den Wahlkampf anderer Länder zu nehmen, ob nun Italien, Frankreich, Polen, Ungarn oder USA, sich darüber beklagen, dass ein Tech-Milliardär mit einem lancierten Gegenkommentar des Chefredakteurs in spe seinen X-Post erklärt, gehört eher in den psychologischen denn medial-politischen Erklärungsbereich.
Dabei hat auch Elon Musk auf seiner eigenen Plattform am selben Tag einiges an Gegenwind hinnehmen müssen, als er etwa erklärte, dass ein Land natürlich Einwanderung brauche, und insbesondere die Vereinigten Staaten von der Zuwanderung ausländischer Spitzenkräfte profitiert hätten. Auch in dem Fall zeigte Musk mangelnde Kompromissbereitschaft und einen Hang dazu, seinen Kampf bis zum Äußersten zu führen – Symptome, die angesichts der autistischen Veranlagung des Tesla-Chefs auch nicht weiter verwunderlich ist.
In diesem Kontext ist auch die nächste Kampfansage Musks zu verstehen. Mit einem simplen „Ok“ bejahte er die Anregung eines X-Users, er könne doch mit der AfD-Chefin Alice Weidel auf X Space einen Livestream machen. Es zeigt zugleich, dass das Internet wie zur Merkel-Zeit für zahlreiche Politiker wie Journalisten Neuland bleibt: Bekanntlich soll man Trolle nicht füttern. Dass Musk als Imperator der X-Trolle eins draufsetzt, wenn er von der deutschen Hysterie Wind bekommt, war abzusehen. Aber die Ironie, dass die meisten Anti-Musk-Proponenten ihre geistige Kernschmelze ausgerechnet auf der Plattform kundtun, die ihm gehört, haben die meisten ja auch nicht bemerkt.
Zumindest drei Dinge hat Musk bereits jetzt erreicht. Erstens: Die neue Correctiv-Story über ein AfD-Treffen nimmt kaum jemand zur Kenntnis. Zweitens: Die Welt hat an diesem Wochenende ihre Abozahlen gesteigert. Und drittens: Jetzt dürfte auch der letzte verstanden haben, dass die meisten Journalisten und Politiker eine freie Presse fürchten.