Tichys Einblick
„Wie Robert ist die Zukunft?“

Miosga? Habeck übernimmt die Show

Robert Habeck zu Gast bei Miosga. Thema: „Wie grün ist die Zukunft?“. Die Antwort braucht nur wenige Minuten: Grün? Völlig egal, die Zukunft wird Robert! Hauptsache, er redet. Und das darf er bis zum Abwinken. Miosga wird zum Gast in ihrer eigenen Sendung. Von Michael Plog

Screenprint ARD / Caren Miosga

Eines gleich vorweg: Warum Habeck mittlerweile 805 Bundesbürger mit Strafanträgen u.a. wegen Volksverhetzung überzieht, interessiert an diesem Abend niemanden. Warum Minister Glaskinn wegen offensichtlicher Nichtigkeiten („Schwachkopf Professional“) oder leicht paraphrasierter Zitate bewaffnete, polizeiliche Rollkommandos frühmorgens in den Privaträumen seiner Kritiker auslöst – kein Thema. Warum sich der desaströse Wirtschaftsminister, der Deutschland erfolgreich heruntergewirtschaftet hat, überhaupt anmaßt, als Kanzler zu kandidieren? Gut, das zumindest versucht Miosga zu ergründen. Halbherzig nur, und sie kommt auch nicht weit. Denn Habeck gibt an diesem Abend Vollgas. Er ist The Unstoppable Phrasendresch-Man im schwarzen Gewand. Unterbrechen Sie mich nicht. Und wenn, dann: Naja, Sie wissen schon …

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Dass diese Sendung ein Spaziergang wird, weiß er selbstverständlich. Schon, als ihn Miosga vorstellt, schmunzelt er wie ein Honigkuchenpferd. Der Zuschauer ahnt Böses. Gleich danach legt Habeck den Kopf schief, zieht die Stirn in Falten und die Augenbrauen hoch. Es ist sein typisches „Vertrau-Mir“-Face, die Allzweckwaffe der Gesichtsakrobatik, und er wird sie die ganze Sendung beibehalten. Solch eine Grimassenkirmes würde jedem normalen Mitteleuropäer nach wenigen Minuten einen veritablen Muskelkater bescheren. Doch nicht so bei einem Habeck. Er kann das stundenlang, denn er macht es seit Jahren. Robert goes Darth Vader: „Mutti, ich bin Dein Schwiegersohn.“

Eine geschlagene Stunde lang ist es völlig unerheblich, was Habeck sagt. So wie meistens eben. Wichtig ist nur, dass er etwas sagt. Und er sagt viel, ohne viel zu sagen. Sein Redeanteil ist exorbitant. Von den 60 Minuten Sendezeit im Wert von 192.000 Euro gehen gefühlt 75 bis 90 Minuten auf sein Konto.

Miosga lässt sich von Habeck dauernd das Wort geben. Und vor allem nehmen. Sie versucht, ihn einzubremsen, doch er lässt sich partout nicht stoppen. Erst wenn er zu Ende gesprochen hat – und selbst wenn er sich dabei nach Kräften einen abstammelt – erst dann und nur dann ist Miosga dran.

Das Stammeln ist zum Teil seiner bekannten Ahnungslosigkeit geschuldet, es wirkt aber auch einstudiert wie selten zuvor. Seine neue PR-Agentur Jung von Matt, für die übrigens auch der Spiegel-Fälscher Claas Relotius arbeitet, hat ihm offenbar geraten, die schmierige Darling-Nummer bis zum Bosslevel outzuperformen. Die Regieanweisung dürfte in etwa so lauten: Gib Dich gern etwas hilflos, stottere auch mal, ringe um Worte, mach Dich nahbar. Das ist kein Hengstenberg, äh, Hexenwerk, denn die Agentur weiß genau: Habeck hat überhaupt kein Problem damit, sich ahnungslos zu geben. Dafür braucht er kein schauspielerisches Talent. Das hat er unzählige Male bewiesen. Etwa, wenn es um Insolvenzen geht oder andere Basics der Wirtschaft – und des Anstands, siehe Strafanträge.

Womit Habeck ebenfalls kein Problem hat: sich selbst völlig unverblümt zu loben. Er würde „Antworten geben, die die anderen nicht geben“, sagt er und setzt nach: „Wenn Sie wollen, zähle ich sie auf.“ Aus Miosga platzt es heraus: „Nee, will ich nicht.“ Für einen kurzen Moment flammt Hoffnung auf. Kann sie ihm etwa Contra geben?

Nein, kann sie nicht.

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Habeck übernimmt wieder. Er gibt Dauerfeuer, landet einen Banalitäten-Blattschuss nach dem anderen. Rhetorische Rohrkrepierer wechseln ab mit großkalibrigen semantischen Hohlkammergeschossen, und niemand stoppt ihn. Zwei Beispiele: „Die Antworten, die ich gebe, reichen ran an die Dimension der Wirklichkeit“, posaunt er sinnentleert, und: „Ich habe mich intensiv gefragt, ob ich überhaupt noch der Richtige bin. Die Antwort ist: Ja.“

Ach was soll’s, hier noch ein drittes Beispiel, es ist einfach so dermaßen absurd. Habeck: „Wer in einer Regierung ist, muss für die Regierung sein. Er kann nicht nebenbei was Anderes machen.“ Sagt wohlgemerkt der Minister, der gerade nebenbei ein neues Buch geschrieben hat. Wann eigentlich hat er dafür Zeit gefunden, der vielbeschäftigte Weltenretter von der schnoddrigen Gestalt?

Auf das Thema Kinderbuchautor kommt er später nochmal zurück. Als Miosga ihn fragt, ob sein größtes Ziel wohl eher das Bundeskanzleramt oder der Gewinn des Literatur-Nobelpreises sei, antwortet er: „Literatur mache ich ja schon seit 20 Jahren nicht mehr.“ Huch! Wer hat denn dann „sein“ neues Buch geschrieben?

Substanzielles erfährt man an diesem Abend nicht, aber wer hätte das auch erwartet, wenn sich eine Miosga und ein Habeck gegenübersitzen. Doch es werden gleichwohl ein paar der üblichen Framing-Salven unters Volk geschossen. „Wir wissen ja, dass die Erderwärmung wirklich eine existenzielle Bedrohung ist“, behauptet Miosga. Oder „Als Putin den Gashahn abgedreht hat“ (Habeck), „Deutschland ist nicht innovativ genug“ (Habeck), „Seit 2018 haben wir kein richtiges Wachstum mehr in Deutschland (Habeck), „Dass ein Angriffskrieg nicht belohnt werden darf“ (raten Sie, wer …)

Miosga leidet unter einer ähnlichen Selbstüberschätzung wie der scheidende Wirtschaftsministernde. Das zeigt ein Witzversuch, den die ehemalige Nachrichtensprecherin komplett in den Sand setzt. Auf die gerade angelaufene Serie der Habeck’schen Wahlkampfgespräche „am Küchentisch“ anspielend, kalauert Miosga wie folgt: „Sie haben uns ne Idee geklaut, Herr Habeck. Ich bin großzügig. Ich bin nicht so schnell sauer, aber das muss ich Ihnen sagen: Sie wollen nämlich Tischgespräche führen, was wir hier auch machen.“

Wow, ganz schön viel Anlauf für ganz schön wenig Pointe. Miosga, die Erfinderin aller Gespräche an Tischen? Die Großmeisterin des Talkshow-Genres gar?

Wieder was gelernt.

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