Tichys Einblick
Morgenpresse „am Tag danach"

Alarmstufe Rot: Merz hat Migrationsbegrenzung gesagt – sofort „runterkochen“!

Kein Zweifel, Friedrich Merz hat mit seinem gestrigen Auftritt viel Staub aufgewirbelt. Im Blätterwald der Republik sammelt man sich zur Gegenoffensive.

Friedrich Merz zu Konsequenzen nach dem Anschlag in Solingen, 27. August 2024

picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Eigentlich, so wirft Publizistin Sineb El Masra beim Sender n-tv ein, würde „man über den Angriff vermutlich hinweggehen, wenn nicht die Landtagswahlen im Osten bevorstünden.“ Auch für n-tv schreibt Volker Petersen einen Text, in dem der Verdacht anklingt, dass es hier eigentlich nur um Eigeninteresse und Stänkerei geht: „Merz will Deutschland retten – aber auch die CDU …“ Wenn Merz und Scholz sich träfen, dann „muss etwas im Busch sein – oder?“ Der CDU-Vorsitzende saß anschließend „allein vor Journalisten und gibt sich staatstragend. Doch er führt den Kanzler auch vor.“

Und der Sender schiebt gleich die Bedenken eines Experten (Dr. Raphael Bossong, Stiftung Wissenschaft und Politik) nach, der vor Naivität: … man könne Flüchtlingsströme nur bedingt kontrollieren und „vor falschen Versprechungen“ warnt: „Selbst wenn der mutmaßliche Attentäter Issa al-H. den Behörden rechtzeitig ins Netz gegangen wäre: Nach Syrien hätte man ihn nicht abschieben können.“ Zwar erkennt n-tv an, dass „unsere Ressourcen limitiert sind“ und fragt den Experten, „wie können wir sicherstellen, dass sie nicht überstrapaziert werden? Dass wir nicht scheitern, weil es einfach zu viele sind?“

Dr. Bossong erkennt, worauf die Frage abzielt: „Sie wollen auf die Obergrenze hinaus?“ – „Da gäbe es die Idee, zu sagen: Flüchtlinge, die irregulär kommen, haben keine Chance mehr, überhaupt in Europa einen Asylantrag zu stellen. An der europäischen Grenze oder erst recht innerhalb Deutschlands geht nichts. Einen Antrag stellt man nur noch aus Drittstaaten heraus, oder bekommt direkt Schutz in einem Drittstaat. Dafür nimmt die EU aber eine bestimmte Quote von anderen Flüchtlingen auf, die sie selbst aussucht und auf die einzelnen Staaten verteilt. Dadurch behält sie die Kontrolle über die Zahl der aufgenommenen Menschen. Ich verstehe auch die Argumente hinter dieser Idee.“

Aber, zumindest hier zieht Dr. Bassong klare Grenzen: „es ist nicht machbar und in der Praxis keineswegs human. Eine harte Grenze mit einer harten Quote ist eine Illusion. Rein rechtlich geht das nicht und auch sonst nicht …“ Er könne „eine halbe Stunde ausholen und erklären, warum dieser Vorschlag in dieser Härte ein Irrweg ist. Die oft oberflächlichen Verweise auf Australien führen uns in Europa nicht weiter, dazu gibt es wirklich umfassende Belege über Jahrzehnte. Wir können Flüchtlingsströme nur bedingt kontrollieren. Man kann aber etwas tun, was Politik häufig tut, nämlich zu schauen: Wenn wir die Maximalforderung runterkochen…wir werden nie die komplette Kontrolle darüber haben, wer zu uns kommt. Das haben Jahrzehnte der Migrationspolitik gezeigt. Es sei denn, wir ziehen eine Mauer, aber auch über die Mauer werden es Leute schaffen.“

Man kann es den Journalisten und Experten wohl nicht verdenken, dass ihnen der Umstieg vom „wir schaffen das“ auf „wir können und wollen das nicht mehr schaffen“ sehr, sehr schwer fällt. Da wird tief durchgeatmet, und es entringen sich von Schmerz und Wut und Schreck ausgelöste Ausrufe in den Titeln, die sie angesichts des von Merz nolens-volens nun eingeläuteten Abschieds von einer sorgsam gepflegten Lebensüberzeugung nur mühsam zügeln können. Einige Beispiele:

Möglicherweise hat der CDU-Vorsitzende unterschätzt, wie hartnäckig und zäh der Widerstand ist, der sich da formiert.

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