Tichys Einblick
Medienspiegel

Halali – die politische Jagdsaison ist eröffnet!

Die Ampel--Parteien sehen sich von Umfrage zu Umfrage mit fallenden Zustimmungsraten konfrontiert. Ein immer breiteres Bündnis um Landwirte, Spediteure, Handwerker, Dienstleister und und und schließen sich zu Protesten zusammen. Wie passend, dass gerade auf diesem Höhepunkt die Angst vor der „rechten“ Ermächtigung im deutschen Medienwald und in Berlin-Mitte das Thema Nr. 1 ist

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Correctiv, so selbstgefällig wie entlarvend: „Theater tut, was Journalismus nicht kann“. Es ist, als ob die hasardische Entscheidung Robert Habecks zur Einfahrt in den Hafen von Schlüttsiel trotz der Warnungen der Polizei wegen der dort auf ihn wartenden Menschenmenge der Startschuss für eine mediale Frühjahrsoffensive in die vermeintlich einzig richtige, weil nach rechts zielende Richtung war. Für die gottlob nicht rechte „ARD-Rechtsredaktion“ titelt Max Bauer: „Der Zeitpunkt ist da“.

Großartiges Theater

Und obwohl es einige kritische Stimmen zum gerade aufgeführten politischen Theaterstück des „Recherchekollektivs“ Correctiv, Titel: „Enthüllung eines angeblichen Geheimtreffens von Rechtsextremen“ im November 2023, gab, zum Beispiel bei der „Zeit“: „… das Lachen fühlte sich nicht immer richtig an“, wie auch bei der Berliner Zeitung: „Investigativ-Journalismus, der sich blamiert“, „t-online“: „Das verwischt eine Grenze – und ist potenziell schädlich“ und der „Welt“: „Am Ende der Geheimtreff-Inszenierung bleibt ein schaler Beigeschmack“, so kann der Themenwechsel 2024 durchaus als gelungen erachtet werden. Weg von Migrationsbegrenzung und Überlastung der Aufnahmegesellschaft, hin zu den vermeintlich umstürzlerischen und abgrundtief bösen Motiven und Plänen aller, die sich als politisch „rechts“ stehend einordnen würden. Es ist die Flucht nach vorne der Ampel, mag man meinen, die nun in höchster Not, wo ihr scheinbar so viele Böswillige die Lichtlein ausdrehen wollen, im Angriff die beste Verteidigung sieht.

Egal, was da in Schlüttsiel wirklich passiert ist (TE berichtete), es war eine versuchte „Erstürmung“, eine gerade noch verhinderte „Entehrung“ von Habecks Schiff. Wenn der „Mob“ an Bord gekommen wäre, hätte weiß-Gott-was passieren können. Die alarmistischen Rufe, mit denen ein großer Teil der Presse absichtlich, fahrlässig oder unter Hinnahme von Unschärfen dem Zwischenfall den Anstrich eines versuchten Lynchmobs gegeben hat, haben ihre Wirkung erzielt. Und nun geht es Schlag auf Schlag so weiter. Kein Tag vergeht, in dem nicht irgendwo ein falscher Ton vernommen wurde, sich im Zwielicht dunkle Gestalten zusammenrotten und „Ausländer raus“ rufen (AfD-Parteitag in Greding), rassistische Ohrwürmer anstimmen (Bei Weihnachtsfeier in Messingen).

Die Angst vor der „rechten“ Ermächtigung geht um in Deutschland, sie wird derzeit allem Eindruck nach geradezu zelebriert. Der „Stern“ wartet auf seinem Titelblatt mit dem Foto eines ängstlich dreinblickenden Vizekanzlers auf und stellt ihm die Frage: “Haben Sie Angst vor einem Attentat?“ Und während im Hintergrund den Berichten in den Medien zufolge gerade Zehntausende Bürger auf der Straße gegen „Rechts aufstehen“, hält das Allensbach-Institut mit einem „neuen Elite-Panel“ im Auftrag von FAZ und Capital dagegen, wo es heißt, dass „80 Prozent die AfD als Gefahr für Deutschland insgesamt, gut zwei Drittel als schädlich für den Wirtschaftsstandort“ sähen.

Der „Business Insider“ zeigt die angeblich Verantwortliche im Großformat und schreibt: “Top-Manager sehen sie als Gefahr für Deutschlands Wohlstand: AfD-Chefin Alice Weidel“. Plagiiert hat sie wohl auch, wie die ARD feststellt. Die Universität Bayreuth untersuche nach Plagiatsvorwürfen die Doktorarbeit von AfD-Chefin Weidel: „Wir sehen in der Dissertation von Frau Weidel zwar keine großflächigen Plagiate, aber viele kleine Plagiatsfragmente.“

Die „Phoenix Runde“ muss sich fragen: „Gefahr von rechts – gehört die AfD verboten?“ Der „Tagesspiegel“ sieht die Begründung dafür in einem Zitat eines Demonstrationsteilnehmers vor dem Roten Rathaus in Berlin: „Die AfD ist eine Gefahr für uns alle“, und führt darunter weiter aus: „die Sprache der neuen Rechten sei auf dem Schulhof angekommen … eine Rechtsfront … plane die Vertreibung von Millionen … was die AfD sage, dürfe nicht das neue Normal werden“. Sekundiert wird die Forderung nach einem Verbot der AfD von den Chefs verschiedener Verfassungsschutzämter.

Für die „Zeit“ ist klar: „Die Demokratie ist in Gefahr“, zweifelt aber dann: „ – die AfD auch?“ Und wieder die „Zeit“ hält die Partei für: „Die blaue Gefahr … nach den Landtagswahlen im Herbst könnte die AfD im Osten womöglich regieren. Das erschreckt viele – sogar sie selbst.“ Nicht nur die Berliner Zeitung zitiert nun „Experten“ wie Carsten Koschmieder von der Freien Universität Berlin, der vor „Gefahr für die Demokratie“ warne. Und „Pro Sieben“ zitiert den „Politikexperten Prof. Dr. Hajo Funke dazu, „wie gefährlich die AfD ist und wie mit der Partei umzugehen ist“: „Sie wollen ein anderes Land“.

Der Bayerische Rundfunk berichtet vom „Standortrisiko“ AfD: „In vielen Unternehmen und Wirtschaftsverbänden blickt man mit Sorge auf das Erstarken rechtsextremer Kräfte in Deutschland. Nicht nur aus politischen Gründen, sondern auch, weil viele die wachsende Ausländerfeindlichkeit als Standortrisiko bewerten.“

Die „taz“ ist da bei allem Beifall für das letztlich Beabsichtigte doch skeptisch: „Spekulativ ist hier die Frage, ob sich die Manager so äußern, weil sie abwägen, dass aufgrund globaler Verflechtungen der Schaden für die Wirtschaft größer wäre als der Nutzen, der sich aus neoliberaler Deregulierung und Schwächung der Gewerkschaften, für die die AfD steht, automatisch ergäbe. … denn eigentlich müsste doch der deutschen Wirtschaft einer aus dem Fabrikschlot abgehen, angesichts so herrlicher Erlösungsversprechen frisch aus dem Mustopf rechter Wirtschaftspolitik: ‚Wettbewerbsfähigkeit‘, ‚Leistungsgerechtigkeit‘, ‚Entbürokratisierung‘, ‚Verringerung der Steuerlast‘ – diese Schlagworte sollten in den Ohren der Unternehmen doch klingen wie Weihnachtsglöckchen. Und Gewerkschaftsführer müssten ja nicht gleich ins Lager, womöglich findet sich für sie auch ein Job an der Pforte des Betriebs … traditionell gilt die Wirtschaft als schmachtender Verehrer des Faschismus.“

Schon im Dezember hatte der Deutschlandfunk herausgefunden, dass schmachtende „junge, weiße Männer die AfD wählen … die ihre Männlichkeit bedroht sehen“,  mit der Wahllosigkeit im Internet oft überfordert seien und sich von Gleichberechtigung und Genderdebatten bedroht sähen. Aber wirklich, wie kann man noch diese Partei wählen, auch nur daran denken?

Sogar die knochentrockenen Rechner von „Statista“ haben es in der Umfrage zur Gefahr für die Demokratie in Deutschland durch die AfD 2023, veröffentlicht von Statista Research Department, 02.01.2024, festgestellt. „Die Grafik zeigt das Ergebnis einer im Juni 2023 durchgeführten Umfrage zur Gefahr für die Demokratie in Deutschland durch die AfD. Rund 65 Prozent der Befragten waren zum Zeitpunkt der Erhebung der Meinung, dass die AfD eine Gefahr für die Demokratie in Deutschland darstelle.“

Die Frankfurter Rundschau feiert die Zustimmung des Arbeitnehmerflügels der CDU: „Die Debatte war kontrovers – doch ein Beschluss ist gefallen: Der Arbeitnehmerflügel der CDU hat ein Verbot der AfD gefordert. Einen entsprechenden Beschluss fasste die Bundestagung der Christlich-demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) nach kontroverser Diskussion am Sonntag (3. Dezember) in Berlin, wie ein Sprecher mitteilte.“ Die AfD sei „eine Gefahr für die Demokratie in Deutschland“, hieß es in einer Erklärung, die auch eine Parallele zum nationalsozialistischen Deutschland zog: Auch die NSDAP habe „nicht mittels eines Putsches die Macht erlangt, sondern durch Wahlen“.

In der Mediathek der ARD abrufbar, der Vorgucker für alle, die nun doch mit dem Gedanken an einen Parteiaustritt spielen, die Reportage mit dem Titel: „Wir waren in der AfD – Aussteiger berichten“. Der Südkurier hat Zitate gesammelt: „Seit Jahren kursieren schockierende Zitate der AfD im Internet. Nicht alle stimmen. Doch das, was gesichert ist, ist bedenklich genug. Aber reicht es für ein Parteiverbot, über das gerade wieder diskutiert wird?“ Bei Thüringen24 wird schon mal durchgezählt: „Wenn die AfD Rekord-Prozente bekommt: So könnte sie dann die Demokratie abbauen“. Und „Watson“ sieht schon ein „Chaos-Szenario“ am Horizont heraufziehen. Politikberater Johannes Hilljer glaube, dass vor allem Thüringen in ein „Unregierbar-Szenario“ rutschen könnte.

Wie n-tv berichtet, ruft SPD-Generalsekretär Klingbeil zum „Jahr des Kampfes gegen die AfD“ auf, weil „die das Land kaputt machen wollen“. Nikolaus Blome und Jakob Augstein plaudern beim Sender auf der Fahrt zu einem Überbleibsel der Berliner Mauer darüber, dass die „Breite Bürgerschaft sieht: jetzt wird es existenziell“ – „Nach der Recherche zum Geheimtreffen der AfD scheint ein Ruck durch Deutschland zu gehen. Zu Zehntausenden gehen Menschen bundesweit auf die Straßen, um gegen rechte Politik zu demonstrieren.“ Während ntv-Politikchef Nikolaus Blome „sich drehenden Wind“ spürt, befürchtet Publizist Jakob Augstein einen „neuen Mauerbau“.

Auch das RBB Inforadio hat sich um ein Experten-Interview bemüht und lässt den Historiker Prof. Dr. Wildt bestätigen, dass zwar „Direkte Parallelen zur Machtübernahme der Nationalsozialisten zu ziehen, problematisch sei … doch auch heute gebe es einen Angriff auf den Rechtsstaat – genau wie damals“. Und auch was früher „Links“ war, muss in diesen Zeiten offenbar in Zweifel gezogen werden. Das ZDF findet, Sahra Wagenknecht habe sich zwar bei Markus Lanz (auch TE berichtete) „erschrocken gegeben …“, aber „jahrelang Kontakt zum Organisator des rechtsradikalen Geheimtreffens gehabt, und ihn zum Abendessen getroffen“. Ihre neu gegründete Partei, so das ZDF weiter, „Bündnis Sahra Wagenknecht“ ist für Wähler an den politischen Rändern attraktiv. „Die Zustimmung für die Regierung dagegen ist auf einem neuen Tiefpunkt.“

Und Ulrich Reitz vom Focus fragt „Weshalb braucht eine der bekanntesten deutschen Politikerinnen, eine Linke, die Vermittlung eines dritten, eines harten Rechten, wenn sie einen Kabarettisten vergleichbarer Gesinnung treffen will? Und wie glaubhaft ist Wagenknechts Versicherung, sie habe nichts von Mörigs rechtsradikaler Gesinnung gewusst?“ Reihenweise wird nun gegen Abgeordnete der AfD ermittelt, die FAZ widmet sich dem Fall Marcel Queckemeyer „nach einem Eklat im niedersächsischen Landtag. Es gehe um den Verdacht der Bedrohung, so die Staatsanwaltschaft Hannover“ und „auch die Bischöfe warnen vor der Partei“.

Zwar gibt Claudius Seidel in seinem Kommentar für die Zeitung zu, dass es inzwischen eine Binse sei, dass „die AfD falsch und böse ist“ – warnt aber vor falschen Reaktionen auf das mediale Trommelfeuer gegen Rechts und die AfD: „Wenn die Guten den anderen Guten zubrüllen, dass sie die Guten sind, möchte man sich die Ohren zuhalten oder aus Trotz in die Rolle des Bösen schlüpfen.“ Und über einen weiteren „Umstrittenen Burschenschaftler“ aus der AfD, gegen den ermittelt wird, berichtet die Süddeutsche Zeitung: Jedoch, „die Abgeordneten der AfD treffen sich zur Klausur und stellen sich hinter den umstrittenen Jung-Parlamentarier. Ein Parteitagsbeschluss wird damit ignoriert. Auch sonst findet die Chefin jüngste Aufreger kaum der Rede wert.“ Für die Zeitung ist das Ganze offenbar ein Boxkampf, bei dem sie meint, dass „Correctiv-Gründer David Schraven ein Wirkungstreffer gegen die AfD gelungen“ sei.

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