Tichys Einblick
Auslandspresse

Mediengewitter zum Teilrückzug von Merkel

Wenn die Mächtige strauchelt: Die Presse klatscht höflich, aber bei Daily Mail, Il Giornale, sogar NYT – ein hämischer Unterton?

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Wenn die Mächtige strauchelt: Die Presse klatscht höflich, aber bei Daily Mail, Il Giornale, sogar NYT – ein hämischer Unterton?

Auch Reuters übersieht, dass es sich nur um einen Teilrückzug handelt, und formuliert ungewohnt dramatisch:

„Deutschland unter Feuer“ – die Agentur sieht den Ruf der Kanzlerin, die ..“die europäische Bühne überschattet habe…. beschädigt und meint mit den Worten von Carsten Nickel, dem Geschäftsführer der Investmentfirma Teneo,“…dass sich damit das Muster fortsetze, welches mit ihren Fehlern 2015 eingesetzt habe…was zwar keine ernsthafte Instabilität auslösen, aber das Führungsvakuum fortsetzen werde…“

Für den Sussidiario aus Mailand ist mit dem Wahlergebnis von Hessen „…das Europa Angela Merkels zum zweiten Male gestorben“ und er fügt hinzu, dass „sich die Achse der Austeritäts- und Europapolitik nun regelrecht überschlage, mit einer Merkel-Regierung, die nur mit Mühe noch von einem Teil der SPD toleriert werde…“ Im übrigen habe keiner der „Sängerknaben“ der Kanzlerin im Lauf der letzten Jahre verstanden, dass sich die CDU in einem immer größeren Zustand der Verwirrung befinde… so habe z.B. Volker Bouffier nach dem Wahlergebnis mit Blick darauf, dass es ja nun keine Koalition gegen die CDU geben könne und man die erste politische Kraft im Lande habe bleiben wollen behauptet, dass man beide Wahlziele erreicht habe: das sei doch völliges Delirium!“

Am Tag danach kommentiert der Sussidairo, dass sich nach dem Verlust der Glaubwürdigkeit der Regierung „der Wind nun drehe“: „..die Schülerin Kohls ziehe sich nun noch vor der weiteren Prüfung in der Europawahl von der Leitung „ihrer“ CDU zurück… zwar noch nicht vom Posten in der Regierung, aber etwas werde sicher in den nächsten Monaten passieren, um das weitere Ausbluten der Wählerpotentiale zu bremsen…“ Vizepremier Luigi die Maio dazu: „…sie sei eine Frau ihres Wortes und er müsse anerkennen, dass sie grossen Respekt für die wirtschaftlichen Entscheidungen Italiens gehabt… und ihre Regierung die sich dem Lande gegenüber immer extrem korrekt verhalten habe…“

Il Giornale drückt es weniger feinfühlig aus: „…die Ihren würden nach den durch die „suizidäre Migrationspolitik“ ausgelösten Doppelschlägen in Bayern und Hessen bereits daran arbeiten, wie sie die „kaputte“ Kanzlerin archivieren könnten…“ und hat dann für die „Frau aus Eisen“ nur ein: „Addio Angela.“

„So sei das Leben: große Kreise würden anfangen und endeten auch wieder….ihr Imperium sei nun am Ende, da gebe es kein Entkommen…“

Die BBC interpretiert das Wahlergebnis in Hessen als „weiteren Schlag für Angela Merkel“ – dessen Korrespondentin in Berlin, Jenny Hill, den Wahlabend als einen, „…bei dem sie sich wohl ordentlich blaue Flecken geholt haben dürfte… und das Ergebnis sei weitestgehend als Protest gegen ihre unglückliche Koalitionsregierung in Berlin interpretiert worden…die Verluste stellten nun zweifellos Munition für diejenigen in ihrer Partei dar, die sie loswerden wollten…die Deutschen hätten dies eine sog. Schicksalswahl genannt, die nun wohl das der Regierung, oder sogar seiner Anführerin entscheiden könnte…“.

Frau Hill fügte wenig später hinzu:

Frau Merkel’s langer Abschied – „Sie habe ja ihr Bestes gegeben, um ihr berühmtes Pokergesicht aufrechtzuhalten, sah aber zeitweise doch recht traurig aus, als sie das ankündigte, was dann wie der – wenn auch hinausgezögerte – offizielle Abschiedsgruss an die deutsche Politik geklungen habe…“… Die Ankündigung habe zum Ziel gehabt, die Kritker in der eigenen Partei zum Schweigen zu bringen und die Wähler zurückzugewinnen, die die CDU zu Gunsten solcher Parteien wie der Grünen und der AfD verlassen hätten, zeige aber auch ihren schwindenden Halt an der Macht… Vieles hinge nun von ihrem Nachfolger als Parteichef ab – wenn es ein Merkel-Loyalist wäre, so wie AKK, dann sähe man evtl. einen sanften Übergang zu einer neuen Kanzlerin, welcher ihr vielleicht erlaube, ihre Amtszeit bis zum Ende auszusitzen… aber die Geier würden schon kreisen, und ein alter Rivale, Friedrich Merz, habe bereits seine Kandidatur angekündigt. Falls ein Merkel-Gegner Parteichef werde, dann könne ihre Kanzlerschaft unkomfortabel bis unhaltbar werden..“

Für den Britischen Telegraph sieht Angela Merkels Zukunft nach zwei Niederlagen innerhalb genausovieler Wochen unsicher aus. Unter einem Schnappschuss des betreten dreinblickenden Duos Nancy Faeser und Thorsten Schäfer-Gümbel berichtet das Blatt, „…dass diese erneute Niederlage, nun in der gewichtigen CDU-Bastion mit ihrer Finanzhauptstadt Frankfurt, zwar als Urteil über die Regierung Merkel gesehen werde, deren Koalitionspartner SPD ebenfalls Gefahr liefen, ihr schlechtestes Ergebnis seit Kriegswende einzufahren.“

Und die Ankündigung von Frau Merkel ordnet die Zeitung klar ein:

„..Ihre Entscheidung sei ein klarer Versuch, den wachsenden Aufstand innerhalb ihrer Partei zu befrieden, so daß sie die Zeit an der Macht zu den eigenen Bedingungen beenden könne…und es sei ein offenese Geheimnis, daß sie mit wenigen anderen Kandidaten so gut werde zusammenarbeiten können wie mit der von ihr bevorzugten und als „mini-Merkel“ bekannten Annegret Kramp-Karrenbauer.“

Der Express findet harsche Worte für Angela Merkel (bleibt aber hinter den Formulierungen der Kommentarspalten zurück) – „Die Kanzlerin sei „gedemütigt worden – und nur eine Stunde nach der ersten Prognose, die gezeigt habe, dass die Unterstützung für die SPD abgestürzt sei, habe diese bereits angekündigt, dass sie ihre Zukunft als Teil der Regierung Merkel prüfen werde..“

Nur Stunden später dann die Ergänzung … der Euro stürze anlässlich der Rückzugsankündigung Merkels vom Parteivorsitz ab, Europa stehe auf Messer s Schneide…. der Rückzug von Merkel, 64, … werde einen Wettlauf innerhalb der Partei um ihre Nachfolge auf dem Kanzlerposten auslösen…. zwar habe dpa in einem tweet mitgeteilt, daß sie Kanzlerin bleiben wolle, dies wäre aber ein Vorgang ohne Präzedenz… die Nachricht sei nach einer katastrophalen Hessenwahl eingegangen, in der die CDU Verluste eingefahren habe… und obwohl sie dort stärkste Partei geblieben sei, habe Klaus-Peter Willsch das Ergebnis auf die allgemeine Unzufriedenheit mit der aktuellen Bundesregierung zurückgeführt.“
„Die Nachricht signalisiere, dass die Kreditwürdigkeit Deutschlands sinke, wenn die nächste Regierung eine grössere populistische Komponente haben werde…“ habe der Mizuho Fioanzexperte Peter Chatwell gesagt. Beide Parteien hätten die Büchse der Pandora geöffnet, und deren Anführer würden es nun schwer haben, eine Regierung am Leben zu erhalten, die langsam ausblute…“

Im Kontrast dazu bringt der englische Dienst der Deutschen Welle als Titelbild das Foto der sich gratulierenden Koalitionäre Al Wazir und Bouffier unter der Überschrift: „Kanzlerin Angela Merkels Konservative holen knappen Sieg in Hessenwahl“
die Kanzlerin habe dadurch .“..eine willkommene Atempause… und die ersten Wahlprognosen hätten ihr in ein paar Punkten Luft verschafft… “

die tagsdrauf versucht, tröstende Worte zu finden: „Ein Europa ohne Merkel sei möglich“

„Viele Mitgliedsstaaten seien nicht mit ihrer Flüchtlingspolitik einverstanden gewesen, Andere hätten ihr Beharren auf Haushaltssparsamkeit kritisiert. Brüssel sehe ihren schrittweisen Rückzug nun als Chance für einen Neubeginn. ..wenngleich viele in Polen Ungarn oder Italien ihr keine Träne nachweinen würden….“

und der Kommentar der Chefredakteurin lautet:

„…ihre Erklärung zeige, wie ernst die Lage sei… selbst auf dem Wege nach unten bewahre sie sich ihren Überlebensinstinkt, und wie immer pragmatisch, überraschenderweise diesmal am besten, wenn die Zeiten hart wären… habe sie nun endlich einmal Führungsstärke gezeigt!“

Die altehrwürdige Times aus London scheut gar vor dem eindringlichen Bild einer „sich gerade noch so haltenden Kanzlerin mit blutiger Nase“ nicht zurück, die … letzte Nacht eine der härtesten Prüfungen ihrer 13 Jahre im Amte überstanden habe, in der ihre Partei sich die Macht in einer Landtagswahl knapp habe sichern können…“ zwar habe die CDU mehr als ein Viertel ihrer Stimmen in Hessen abgegeben, aber gerade soviel Unterstützung behalten um die Hoffnung zu haben, sich eine Regierungskoalition mit den Grünen zusammenzukratzen zu können….diese Regionalwahl habe sich nach monatelangem Bürgerkrieg in ihrer Regierung zu einer persönlichen Herausforderung der Autorität der Kanzlerin ausgeweitet…“, bricht aber in einem Kommentar von Oliver Moody eine Lanze für die Kanzlerin, “deren konservative Wähler die extreme Rechte aufsammle wie ein Staubsauger, deren Rivalen wie die Hyänen um sie herumschlichen, aber trotzdem sehe Angela Merkel nicht aus wie eine gebrochene Frau, ihre kürzlichen öffentlichen Auftritte seien lebendig und humorvoll gewesen,… und ihr Nahestehende hätten bemerkt, von welch betonter Ruhe und Zuversicht ihr Wesen in den letzten Wochen geprägt gewesen sei..“ So habe sie vor bayerischem Publikum diesen Monat versichert, dass sie immer noch voller Leben sei…und das sei kein angesichts der Niederlage aufgesetztes stoisch ruhiges Gesicht, sondern die Haltung einer Kanzlerin, die wisse, dass sie immer noch ein paar Asse im Ärmel habe…“

Deren Schwester auf dem Subkontinent, Times of India meint, Angela Merkel befinde sich nun „angesichts der bitteren politischen Realität… und der Ausstiegsdrohung ihres Juniorpartners in der Zwickmühle… und nun stelle sich die Frage, ob man demnächst ihre Regierung, wie die Süddeutsche Zeitung geschrieben habe, mit dem Etikett „in Auflösung“ versehen müsse… ihre erste Aufgabe der Kanzlerin in der Pressekonferenz um 13 Uhr am Montag werde nun sein, der SPD den Rücken zu stärken..“

Die Washington Post sieht die Vorsitzende wegen der verstolperten Wahl ihrer Partei in „zunehmenden Schwierigkeiten …ihre einst unangreifbare Position in der deutschen Politik habe einen weiteren Schlag erhalten…“ und die Zeitung lässt die Soziologin der Goethe Universität aus Frankfurt a. Main, Sigrid Roßteutscher zu Wort kommen, der zu Folge die Botschaft der Wahl klar sei: „streitet Euch nicht, findet zusammen, seid das starke Deutschland, welches Europa benötige“.

Anschließend die Reaktion auf Merkels Verzicht, „… die bis vor kurzem noch nicht  offen Nachfolger ausgesucht… aber Anfang des Jahres ihren Segen offenbar Annegret Kramp-Karrenbauer, der neuen CDU Generalsekretärin gegeben habe, einer Moderaten, die in der Merkel-Tradition stehe. Bis zum letzten Herbst sei Merkel ohne Frage die dominante Figur in der deutschen Politik gewesen, mit sehr wenigen Rivalen…aber seit die CDU ein unerwartet schlechtes Ergebnis bei der Wahl 2017 eingefahren habe, habe sie die Macht nicht mehr so fest wie früher in der Hand…“

France 24 titelt: „Deutschlands ewige Kanzlerin, … die von vielen Liberalen rund um den Globus als willkommenes Gegengewicht zu den grossen, nassforschen Männern der Globalpolitik gesehen worden war… starte zur letzten Runde, …ihr Freund Wolf Biermann habe über ihre Entscheidung 2015 die Grenze zu öffnen, 2018 in der New York Times geschrieben: Ja, es sei ein Fehler gewesen, aber der kleinere, bessere Fehler. Der richtige Fehler.“ …

Die Agentur Reuters interpretiert die Forderung von Andrea Nahles, einen Fahrplan festzulegen als  “Ultimatum an die Konservativen der Kanzlerin, bis nächstes Jahr mehr politische Resultate abzuliefern und andernfalls, wenn es keine Besserung gäbe, die Koalition zu beenden…die Debatte könne den Diskussionen darüber, wer wann Angela Merkel ablösen werde, einen Turboantrieb verleihen…“
Laut Josef Joffe, dem Herausgeber der „Zeit“, habe “… Merkels Regierungskoalition das Vertrauen der Wähler verloren…“ und zur SPD habe er gesagt: „eine Partei auf dem Wege nach unten könne nicht so einfach aus der Asche hervorsteigen, in dem sie in die Opposition gehe… also würden die Köpfe der Partei die Zähne zusammenbeissen, in der Groko bleiben und auf bessere Zeiten warten..“

Der Artikel des Special Broadcasting Service aus Sydney

ist überschrieben: „die Partner in ihrer rechts-links Koalition, die am Sonntag übel verhauen worden seien….drohten nun, sich zu verabschieden“……seitdem sie 2015 über 1 Million Migranten ins Land gelassen habe, was zu einer Abwehrreaktion gegen Zuwanderung geführt habe, kämpfe die Kanzlerin um ihre politische Zukunft…die Protestpartei AfD habe sich mit Protest gegen Asylanten und Zuwanderer, aber auch gleichgültige Berliner Eliten…in die Wählerpotentiale von SPD und CDU hineingefressen…“

Und der Guardian sieht gar dunkle Wolken am europäischen Horizont heraufziehen, wenn „Angela Merkel’s Stern verblasse und dem Kontinent damit “… vielleicht die schlimmsten Herausforderungen seit den Dreissigern bevorstünden… denn ihr auf dem Machbaren basierender Pragmatismus und ihre klaren politischen Prinzipien, beispielhaft demonstriert in ihrer mutigen Zuwanderungspolitik der offenen Türe und ihrer Bereitschaft, Donald Trump die Stirne zu bieten,…hätten sie zwar bisher gestützt ..“ aber die Frau, die „ihre Rivalen weit überrage….die faktische Anführerin Europas…werde nun vielleicht durch die Aufspaltung der deutschen Parteienlandschaft, die ihr bisher geholfen habe, sich an der Macht zu halten, abgelöst… und vielleicht sei die europäische politische Stabilität, deren Zusammenhalt und breiter demokratischer Konsens nie seit den 30ern derart herausgefordert worden. Merkel symbolisiere Ruhe, Sicherheit und Kontinuität. Falls, oder vielmehr wenn sie falle, werde man sie sehr vermissen…“

Anlässlich des Bekanntwerdens von Merkel’s Verzicht auf den Parteivorsitz berichtet die Zeitung dann davon, daß „..sie zwar vor dem Hintergrund, daß sie offenbar ihren langsamen Rückzug aus der Politik vorbereite, angedeutet habe, daß sie möglicherweise zum letzten Male für den Parteivorsitz kandidieren würde, nun mag die CDU – Führung sie aber – angesichts der hessischen Verluste – davon abgebracht haben…ihr Vorgänger Gerhard Schröder habe im Februar 2004 genauso gehandelt… damals habe Merkel als Oppositionsführerin deshalb von einem Autoritätsverlust auf ganzer Linie und vom Anfang seines Endes seiner Kanzlerschaft gesprochen.“

Für CNBC

seien „nun noch mehr Wähler links und rechts an der CDU vorbei geflohen…denn obwohl eine Jamaika-Koalition ja nie zur Blüte gekommen sei, habe die von Merkel letztenendes gebildete Koalition auch nichts Besseres zustandegebracht.. die Wähler seien davon sichtlich nicht beeindruckt.“ Der Sender zitiert aus einem Interview mit Klaus-Peter Willsch, dem hessischen CDU-Vertreter, der gemeint habe: „…daß das Resultat die Bundesregierung anklage, und niemand damit zufrieden sei…es sei ein Hinweis darauf, daß man sich hier einem bundespolitischen Problem gegenübersehe, jeder könne sehen, daß unsere Regierung nicht reüssiere… er hoffe, daß man einen Neuanfang machen könne, die SPD habe etwas gewonnen, und man selbst (CDU) habe etwas gewonnen, aber niemand sei wirklich glücklich damit..“

Der Figaro

sieht die grosse Merkel-Koalition nach Hessen mit dem Gesicht zur Wand….zwar sei das Schlimmste grade abgwendet worden ….aber der kommende Parteitag drohe für Angela Merkel zur Kraftprobe zu werden…. hinter den Kulissen sei sie umstritten…aber noch habe Annegret Kramp-Karrenbauer, die Angela Merkel nahe stehe, das Parteienbündnis zu einem neuen Geist aufgerufen, was aber übersetzt heisse: Aufhören über das Ende Merkels zu fabulieren oder sie zu provozieren…“

Tagsdarauf spekuliert Figaro dann in 9 Akten darüber, weshalb sie fiel und wer folgen könnte :

„wie sei es nur soweit gekommen ? Man habe geglaubt, sie sei allmächtig, heute sei sie mehr und mehr geschwächt. Seit dem Moment, in dem sie sich 2015 entschieden habe 900 Tausend Flüchtlinge in ihr Land zu lassen, sei ihre Macht Stück für Stück erodiert…sie habe ja keine vierte Amtszeit gewollt, trotzdem sei diese doch auf ganz gutem Wege gewesen…(Anm: Punkt 4) …das Attentat von Berlin sei zum denkbar ungünstigsten Moment passiert…“

Die Agentur ANSA

hört die „Klatsche aus Hessen: Merkel sei bereit zum Rücktritt.“…dpa habe aus Partei-nahen Quellen erfahren, daß die Kanzlerin „auf ihren Parteivorsitz auf dem Parteitag im Dezember nach den schweren Verlusten in Hessen verzichten wolle…und das, obwohl sie bis heute immer bestätigt habe, daß ihrer Meinung nach Kanzlerschaft und Parteivorsitz in derselben Hand liegen müssten….und obwohl die ersten Daten nicht wirklich ein politisches Erdbeben bedeuteten, und die Christdemokraten sich nun beeilen würden, die Auswirkungen auf die Berliner Regierung einzudämmen….“

Libération

wähnt die Groko allerdings noch weit davon entfernt, „… mitten im Fluge auseinanderzufallen….auch nicht die immer noch populäre Kanzlerin, denn es gebe ja keine ernstzunehmenden Alternativen.“

Die Zeitung zitiert die Analyse von Thomas Kleine-Brockhoff, demzufolge .“..es auf die SPD ankomme: nur wenn diese sich entschlösse, die Groko zu verlassen, nur dann könne man an den Anfang vom Ende Merkels denken – nur, gibt dieser ironisch zu bedenken : man spreche ja schon seit Jahren von deren Ende…“
Der Redakteur des Handelsblattes Global, Andreas Kluth, habe es so ausgedrückt:
„Auf Deutschland zu warten, sei wie auf Godot zu warten..alle möglichen ernstzunehmenden Leute hätten alles Mögliche vorausgesagt : von der Zukunft Angela Merkel’s sklerotischer Koalition bis zum Schicksal der gesamten Welt … aber das habe man ja alles schon mal vor zwei Wochen gehört…aber nichts habe die Bayernwahl bewegt – Hessen würde genauso enden.. und nach dem Montag Abend wäre das sowieso jedem egal. Die Deutschen würden sich es schön im Warmen mit ihrer Ängsten und unechten internen Krisen bequem machen, während der Rest von Europa sich darum bemühe, die Deckel auf den wirklichen Problemen zu halten… und die würden dann irgendwann mal aufbrechen, und dann hätten die Deutschen sie, ihre berühmte Krise. Wäre auch mal gut, dann wären diese endlosen Generalproben vorbei.“

Die Zeitung muss dann überrascht eingestehen,

dass … „diese Rücktrittsankündigung von Angela Merkel…eine 180-Grad-Wende darstelle… die Diskussion um ihre Nachfolge sei seit Wochen in der CDU kein Tabu mehr gewesen, so sehr wie die 13 seit dem letzten Wahlsieg zurückliegenden Monate andauernde Ausübung der Macht sie gezeichnet hätten…. ihre Popularität habe immer weiter abgenommen….aber ihren Rücktritt vorzubereiten hätte sie bisher immer abgelehnt…“

Der Sender Bloomberg

meint : „Angela Merkel’s Nachfolger ? Niemand Spezielles….“ und stellt fest, daß die Kanzlerin… wohl einen schlechten Tag im Büro gehabt haben müsse… sie lasse nun eine zersplitterte politische Landschaft hinter sich zurück, nachdem sie offenbar die Lust daran verloren habe, sich durch eine Wahl nach der andren und in der Regierung von Kompromiss zu Kompromiss zu bewegen, mit immer neuen Schlappen, die nur grade so an der Katastrophe vorbeigeschrammt seien…sie entziehe nun dem Wählerwillen den Faktor ihrer Persönlichkeit….und habe sicher Fehler gemacht: 2015 und 2016 habe sie mehr als 1.2 Millionen Asylsuchende so ziemlich ohne jede Planung hereingelassen, und damit die deutsche Bürokratiemaschinerie und Polizei überstrapaziert… mit einem Auswechseln von Köpfen werde es allerdings nicht getan sein… die Öffentlichkeit kenne das, was die möglichen Kandidaten zu bieten hätten und sei dadurch verärgert und gelangweilt zugleich…“

Die NY Times

ist bestürzt: Merkel raus ! Was nun ?

…und zitiert politische Analysten, die das Ende Ihrer Koalition schon vorher für wahrscheinlich halten….die Deutschen hätten so eine Ankündigung schon seit der Migrantenkrise 2015 teils herbeigebetet und gefürchtet – und sie zeige, warum sie einerseits so eine hervorragende Führerin, aber auch verantwortlich für die derzeitige Zerrissenheit ihrer Partei sei. Diese Bescheidenheit, dieser Wille einer grossen Sache selbstlos zu dienen, habe auch eine verdrehte Seite: Das könne jedem passieren, der sich für eine Sache aufopfere: er erwarte als Gegenleistung mit Erleuchtung gesegnet zu werden, und sich für unfehlbar. Es sei diese bescheidene Arroganz des Mönchs, der der Welt entsagt und sein Leben Gott in der Erwartung gewidmet habe, Zugang zu irgendeiner höheren Wahrheit zu bekommen. Daher habe ihre Führung die Partei pinzipienlos hinterlassen, ohne Antworten auf fundamentale Fragen wie : „Was ist die Identität Deutschlands im Zeitalter der Globalisierung ? Welche Platz hat der Islam in der deutschen Kultur?… und es sei dieses Fehlen von Identität, und Frau Merkels unbeirrbarer (einige würden sagen selbstgerechter) Führungsstil, die es der extremen Rechten erlaubt habe, sie zum bevorzugten Ziel zu machen.“

Die Mail online

lässt Dominic Sandbrook auf Merkel los, der in den letzten Tagen des „nach Tod riechenden Regimes“ der „alles überragenden eisernen Kanzlerin“ eine tragische Welle von Rechtsextremismus aufkeimen sieht…denn die AfD würde nicht mehr verschwinden….
… es könne keinen Zweifel geben, daß Angela Merkel nun ausgespielt habe… denn sie habe nun offenbart, daß sie politisch eine Sterbliche sei, die damit ihre eigene Schwäche sensationell bewiesen habe.. die ja 2015 erst richtig angefangen hätte…damals habe sie davon gesprochen, daß Deutschland wegen seiner unglücklichen Geschichte eine besondere Verpflichtung habe, sich für Diejenigen einzusetzen, die sich in Schwierigkeiten befänden….danach gefragt, ob denn so viele Neuankömmlinge soziale Spannungen auslösen könnten habe sie einfach gesagt : „Wir schaffen das… Frau Merkel’s Entscheidung mag zwar ein gutes Licht auf ihren Sinn für soziale Verpflichtungen geworfen haben, sehe rückblickend eher wie ein Moment schrecklicher Selbstüberschätzung und politischer Verantwortungslosigkeit aus.“Ironisch nennt Sandbrook, daß Merkel einen politischen Körper zurücklasse, der durch die Zuwanderungsdebatte vergiftet worden sei… Historiker würden im Rückblick auf ihre letzten Jahre im Amt von einem Bilderbuchfall von utopischer Selbstüberschätzung sprechen. Die Wahrheit sei: wie edel deine Motive, wie rechtschaffen deine Rhetorik auch sein mögen: du kannst deine Leute nur bis zu einer bestimmten Grenze drängen….“

El Intransigente aus Buenos Aires

meint : …es laufe nicht mehr für Angela Merkel in Deutschland…und dort, sei die einzige Option, mit der die CDU darauf bauen könne, an der Macht zu bleiben, die Kronprinzessin der Kanzlerin „AKK“ – aber das, so sagten Viele, sei nicht der Wechsel, den die Partei und die deutsche Politik bräuchten…“

El Colombiano aus Bogotà

erkennt in dem Rückzug “..der wichtigsten Frau in der Weltpolitik„…die Krise des Parteiensystems….und eine Auswirkung der sich vollziehenden politischen Veränderungen in ganz Europa…“

Die Irish Times

interpretiert den Rückzug Merkels als verspäteten Versuch, der als „Kohl’s Mädchen“ Gestarteten und als „Madame Non“ Angekommenen, das eigene Vermächtnis zu definieren…deren präsidentielle, über den Dingen stehende Art ihr in den kommenden Monaten möglicherweise dienlich sein könnte – wenn der Brexit in die letzte Phase gehe. Hier habe keiner der möglichen Nachfolger irgendwelche Abweichungen von der Merkel-Strategie angedeutet: keine Alleingänge Berlins, Ehrerbietung gegenüber Brüsseler Verhandlungsführern und volle Unterstützung für Dublin…aber eine neue Führungsfigur in der CDU könne ja mal ein neues Element der Unsicherheit in die Europäische Politik bringen, als wenn der Brexit nicht schon für genügend Bewegung gesorgt hätte…“

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