Österreich hat eine neue Regierung. Das hat sich mittlerweile auch bis in die selbsternannten Intellektuellenkreise herumgesprochen. Und schon hagelt es von den üblichen Verdächtigen die üblichen Verdächtigungen in den Medien.
Österreichs demokratisch gewählte Regierung
Man muss Heinz-Christian Strache von der Freiheitlichen Partei Österreichs nicht mögen. Man mag auch seinen Tweets und Posts überaus skeptisch gegenüberstehen. Der Mann, der das Erbe Jörg Haiders angetreten hat, wusste immer recht genau, mit welchen Provokationen er einerseits politische Gegner öffentlichkeitswirksam gegen sich aufbringen konnte, andererseits aber genau das aussprach, was sich in insgesamt 23 Jahren „Großer Koalition“ (von 1987 bis 2000 und von 2007-2017) in der Alpenrepublik bei immer mehr Bürgern an Unmut angesammelt hatte.
Bei den Nationalratswahlen am 15. Oktober 2017 – bislang hat sich niemand gefunden, der den in jeder Hinsicht demokratischen Spielregeln dieses Wahlgangs ihre Legitimität abgesprochen oder gar irgendeine Form von Ergebnismanipulation behauptet hätte – gingen Straches Freiheitliche mit 25,97 % als drittstärkste Kraft aus dem Rennen. Offensichtlich konnte Strache mit seinen Äußerungen also gut ein Viertel derjenigen Österreicher hinter sich scharen, die sich den Wahlen nicht verweigerten.
Sebastian Kurz, zuletzt von der Österreichischen Volkspartei gestellter Außenminister unter dem Sozialdemokraten Christian Kern als Kanzler, konnte mit einem auf seine Person zugeschnittenen Wahlkampf sogar 31,47 % für sich gewinnen. Kern, von einer abgewirtschafteten SPÖ als Rettungsanker in die Regierungszentrale am Wiener Ballhausplatz geworfen, vermochte zwar mit 26,86 % den zuvor unaufhaltsamen Niedergang der Donausozialisten zu stoppen – doch ihm fehlte nun der Regierungspartner.
Kurz hatte bereits im Wahlkampf wiederholt deutlich gemacht, dass er eine Fortsetzung des Alpenländischen Mehltaus nach Möglichkeit verhindern werde. Er tat es – gemeinsam mit Straches FPÖ vertritt die neue Bundesregierung nun 57,44 % der Wahlbürger. Und das ist nun einmal unzweifelhaft eine Mehrheit des Volkes, die sich umso mehr deshalb korrekt vertreten fühlen darf, weil Kurz vor der Wahl mehr als deutlich gemacht hatte, dass für ihn eine Kooperation mit den Freiheitlichen keinesfalls Teufelswerk ist. Wer also allen Ernstes behaupten möchte, diese neu gewählte Regierung hätte keine demokratische Legitimation oder sie vertrete nicht die Mehrheit der Österreicher, der wird sich die Frage gefallen müssen, wie er Demokratie und wie er Mehrheit definiert.
Das Gejammer der Verlierer
Dennoch fanden sich schnell einige Verlierer, die – teilweise mit Tränen des Entsetzens in den Augen – gegen diese neue Regierung demonstrierten, darüber lamentierten, diese Regierung hätte niemals gebildet und niemals ernannt werden dürfen. Einen interessanten Einblick in die Denkweise dieser sich selbst als Demokraten empfindenden Menschen bot bereits dieses Schauspiel. Denn es offenbarte: Demokratie ist in deren Köpfen offensichtlich nur etwas, das ihre selbstreferenzierende Zustimmung erhält. Traditionell allerdings nennt man eine solche Denkweise diktatorisch, denn sie geht davon aus, dass der eigene, ganz persönliche Wunsch jenes ist, was einem Volk zum Wohle sei – im Zweifel eben auch gegen dessen Mehrheitswunsch, denn diese Mehrheit sei wahlweise zu dumm, zu verführt, zu unfähig, um für sich selbst die richtige Wahlentscheidung zu treffen.
Tatsache aber bleibt: Österreich ist eine Demokratie. Eine, die funktioniert und den friedlichen, von der Bürgermehrheit gewünschten Wechsel an der Spitze der Regierung ermöglicht hat. Sie war es auch, als bei der notwendigen Stichwahl zum Bundespräsidenten am 22. Mai 2016 der grüne Kandidat Alexander Van der Bellen knapp vor dem FPÖ-Bewerber Norbert Hofer lag und der Verfassungsgerichtshof einen erneuten Wahlgang anordnete, weil er angebliche Fehler beim Wahlgang zu erkennen meinte. In der demokratischen Nachwahl konnte der Altgrüne sein Ergebnis ausbauen – einen Bundeskanzler der Freiheitlichen wollte eine Mehrheit der Österreicher zu diesem Zeitpunkt nicht. Und so erhielt es einen Bundespräsidenten, der zwar aufgrund seiner politischen Herkunft manche Bauchschmerzen verspürt haben mag, als Kurz und Strache mit ihrer Regierungsmannschaft vor ihm standen, der aber gleichwohl Demokrat genug ist, dieser von ihm vermutlich wenig geliebten Mannschaft den verfassungsrechtlich vorgeschriebenen Segen zu geben.
Halten wir also fest: Österreich ist eine Demokratie – und alle maßgeblich Beteiligten vom Grünen Van der Bellen über den abgewählten Sozialdemokraten Kern bis hin zum neuen Bundeskanzler Kurz und dessen Koalitionspartner Strache haben sich zu jedem Zeitpunkt in jeder Hinsicht an die in der Alpenrepublik geltenden Regeln der Demokratie gehalten.
Auch die Demonstranten sind Demokraten – mehrheitlich
Dass das nichts daran ändert, dass der eine oder andere mit dieser Regierung nicht glücklich ist – nun, auch das gehört zur Demokratie. Mehr noch: Es zeichnet diese Form der politischen Selbstorganisation aus, dass das über eine nicht gewünschte Regierung empfundene Unglück auch öffentlich kundgetan werden darf. Weshalb auch jene Demonstranten, die ihr persönliches Unglück mit öffentlichem Unmut kundtun, so lange als Demokraten zu verstehen sind, wie sie nicht auf die Idee kommen, derart diktatorische Sprüche zu formulieren, wie sie dann eben doch zu hören waren und mit tränenden Augen ein Regierungsbeteiligungsverbot der von ihnen ungeliebten Freiheitlichen verlangten.
Erstaunen allerdings darf ein derart undemokratischer Gedankensumpf, wie er nicht nur von dem einen oder anderen Demonstranten weinerlich formuliert wurde, nicht. Längst schon haben Undemokraten es sich zueigen gemacht, Volkes Willen nur dann als solchen zu akzeptieren, wenn er den eigenen Vorstellungen entspricht. Insofern wollen sie also – bei nüchterner Betrachtung – auch überhaupt keine Demokratie, sondern eine Diktatur, in welcher nur das getan und gedacht wird, was sie selbst verlangen. Um nun jedoch nicht allzu offen als Demokratiefeinde erkannt zu werden, haben sie für sich längst den Begriff der Demokratie umgedeutet. Als wirksames Konzept dazu dient ihnen die ständige Teilung der politischen Welt in „Links“ und „Rechts“.
Von „Guten“ und „Bösen“
„Links“, das sind die Guten. Dass sind jene „wahren Demokraten“, die den „Rechten“ deren Recht an der politischen Mitwirkung absprechen. Auch Deutschland kennt solche zur Genüge. Als besonders bekanntes Beispiel sei hier der Chefagitator der Sozialdemokratie, Ralf Stegner, genannt.
„Rechts“, das sind in diesem totalitären Denkmodell alle jene, die nicht „links“ sind – und die deshalb automatisch die Bösen sind.
Um dieses dem zu manipulierenden Volk nachhaltig in die Schädel zu hämmern, wird seitens der „linken“ Politik und der diese unterstützenden Meinungsverbreiter jedwede Herabwürdigung des politisch Andersdenkenden mit dem Zusatz „rechts“ verknüpft.
Um nur ein aktuelles Beispiel aus den Medien zu nennen, welches sich unmittelbar mit der österreichischen Situation beschäftigt, sei auf einen kleinen Leitartikel des Webportals „t-online.de“ verwiesen – also eines Portals, welches als hundertprozentige Tochter der Ströer Content Group und damit im Dienste eines der größten Werbebetreibers der Republik unter dem von Deutschlands größten Mobilfunkanbieter übernommen und deshalb seriös daherkommenden Namen ausschließlich privatwirtschaftlichen – und angesichts der Auswahl seiner Redaktion und deren Kolumnisten – offenkundig recht einseitig orientierte, politische Ziele verfolgt.
Die „Erben des Nationalsozialismus“
Auf diesem Medien-Portal war am 29. Dezember unter dem Titel „Erben des Nationalsozialismus“ – von der Redaktion vorsorglich als Zitat in Anführungszeichen gesetzt – zu lesen, dass „Intellektuelle“ die „Ächtung der österreichischen Regierung“ fordern. „Intellektuelle“ – dass ist mittlerweile ein Begriff der LRF, mit dem sich gern jene „Linken“ schmücken, die den „Rechten“ die politische Teilhabe absprechen möchten. Was sich selbstverständlich anbietet, begreift doch das Gros der Bürger einen „Intellektuellen“ immer noch als jemanden, der in besonderem Maße seinen Kopf und Verstand einzusetzen in der Lage ist und der deshalb zu Erkenntnissen gelangt, mit deren Überlegenheit er dem Volk Weg und Weisung zu geben befähigt ist.
Sei es, wie es sei: Diese „Intellektuellen“ also fordern eine „Ächtung der österreichischen Regierung, weil – so das von der Redaktion gewählte Überschriften-Zitat – diese „Erben des Nationalsozialismus“ seien.
Wenn aber nun eine legitim und demokratisch gebildete Bundesregierung als nationalsozialistische Nachfolgeorganisation diffamiert wird, bleibt der Aufschrei aus. Ganz im Gegenteil walzt das hier exemplarisch angeführte Portal genüsslich aus, wie die des demokratischen Denkens unfähigen „Intellektuellen“ die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen suchen. „Wir wenden den Blick nicht ab: Dies sind die Erben des Nationalsozialismus, die in der neuen österreichischen Regierung an die Macht gekommen sind”, wird das überschriftliche Zitat noch einmal in aller Konkretheit dargebracht.
Weiterhin ist auf dem Portal zu lesen: „Sie [gemeint sind die „Intellektuellen“] prangern eine ‚schuldhafte Stille und Apathie‘ angesichts des Amtsantritts der FPÖ-Minister an. Zudem lehnen die Unterzeichner die Idee ab, wonach die Ausweitung des Nationalismus und das Ende der Demokratie eine Fügung des Schicksals wären und das Handeln gegen die Erben des Nationalsozialismus zwecklos, um nicht zu sagen unrechtmäßig‘“ sei.
Damit nun positioniert sich die Redaktion des Werbeportals unmissverständlich eindeutig – auch wenn sie den Eindruck vermittelt, objektiv über das Geschehene zu berichten. Denn würde die Redaktion die Position der „Intellektuellen“ nicht teilen, so hätte sie durch entsprechende Formulierungen eine redaktionell notwendige, kritische Distanz deutlich werden lassen müssen. Dazu hätte ein kleines „vorgebliche“ vor der „schuldhaften Stille und Apathie“ völlig ausgereicht. Doch das hätte selbstverständlich vollständig dem Wollen der Ströer-Angestellten widersprochen, was abschließend durch einen dann ausschließlich redaktionell hinzugefügten Absatz belegt wird.
Die Redaktion positioniert sich dort wie folgt: „Begleitet von vergleichsweise schwachen Protesten und Kritik hatte die österreichische Regierung aus der rechtskonservativen Volkspartei (ÖVP) und der rechtspopulistischen Freiheitlichen Partei (FPÖ) am 18. Dezember ihr Amt angetreten. Die FPÖ hat sechs Ministerposten, darunter die Ressorts Inneres, Verteidigung und Äußeres.“
Der Mangel an Objektivität und das Präfix „rechts“
Warum dieser Absatz mit redaktionell gebotener Objektivität nichts zu tun hat? Nun, da ist bereit der bedauernde Einstieg, wonach der Amtsantritt der österreichischen Regierung „von vergleichsweise schwachen Protesten und Kritik“ begleitet worden sei. Als geschulter Leser spürt man förmlich das bedauernde „nur“ – wäre es nach der Redaktion gegangen, dann hätte vermutlich ganz „linksdemokratisch“ ein Volksaufstand die Inauguration der ungeliebten Koalition um jeden Preis verhindern müssen. Und die „Demokraten“ in den anderen Regierungen der Welt, die sich ausnahmsweise tatsächlich demokratisch verhalten haben, auch wenn EU-Juncker als kleinen Kotau an die Linksdiktatoren einen Prüfungsvorbehalt formulierte, hätten vermutlich eine UN-Resolution auf den Weg bringen müssen, um Österreich mit seiner ÖVP-FPÖ-Bundesregierung auf die Liste der Schurkenstaaten zu setzen.
Hübsch an der redaktionellen Begleitung ist einmal mehr auch der Pawlow’sche Reflex, all das, was einem nicht gefällt oder den eigenen Horizont übersteigt, mit dem Präfix „rechts“ zu versehen. Es reicht also nicht, die zur Gruppe der christlichen Volksparteien gehörende ÖVP zutreffend als „konservativ“ zu bezeichnen – es muss schon „rechtskonservativ“ sein. Und selbstverständlich ist Straches FPÖ auch nicht mit „populistisch“ (also auf den Willen des Populus hörend) ausreichend beschrieben – unter „rechtspopulistisch“ geht es nicht.
Das Ziel dieser Präfixeritis liegt selbstverständlich auf der Hand – und sie kennzeichnet längst schon all jene, die in den sogenannten „Mainstream-Medien“ (angesichts der beharrlich sinkenden Verkaufszahlen dieser Produkte sei hier die Frage angemerkt, wie viel „main“ in diesem „stream“ tatsächlich noch zu finden ist?) ihre Bits in die Tastatur geben. Alles, was dem eigenen, totalitären Polit- und Gesellschaftsbild nicht gefällt, soll mit einer huxley‘schen Reflexaversion belegt sein, welche beim Begriff „rechts“ automatisch das ekelerfüllte, instinktive Zurückzucken veranlasst. Und damit das Zurückzucken nur noch bei dem unterbleibt, was als intellektuelldikatorisch „links“ zwangsläufig das einzig „Gute“ ist, wird nun neben dem bösen „Populismus“ auch der nicht minder böse „Konservatismus“ mit dem abschreckenden „rechts“ belegt. Was insofern dann wiederum auch konsequent ist, denn beim ursprünglich bürgerlichen Liberalismus gibt es diese Unterscheidung in „gute“ Linksliberale und „böse“ Rechtsliberale schließlich schon länger.
Von Links/Rechts/Sozial/Konservativen
Womit dann zum Abschluss noch eine selbstgestellte Falle der „Links“intellektuellen aufgezeigt werden soll.
Denn wenn es „Rechtspopulismus“ und „Rechtskonservatismus“ gibt, dann muss es, wie bei den Liberalen, auch „Linkspopulismus“ und „Linkskonservatismus“ geben. Und natürlich auch „Rechtssozialismus“ und „Rechtskommunismus“. So stellt sich der geneigte Betrachter nun zwangsläufig die Frage:
Sind Linkspopulisten wie Stegner nun eigentlich „Linke“, oder doch als Populisten eher „Rechte“? Und sind Linkskonservative nun eher traditionelle Sozialisten – und falls so, werden sie eher dem orthodoxen Kommunismus zugeordnet oder der klassischen Sozialdemokratie? Oder sind Linkskonservative doch eher „Rechte“, die sich haben sozialdemokratisieren lassen – also die Merkels und Laschets dieser Republik? Oder verstehen sich Merkel und Gabriel vielleicht deshalb so gut, weil sie als Linkskonservative linker ist als der Rechtssozialist Gabriel? Scheiterte etwa gar die Jamaika-Koalition daran, dass Lindner und Kubicki sich noch nicht entscheiden mochten, ober sie lieber als Rechtsliberale mit Linkskonservativen oder als Linksliberale mit Rechtssozialisten zusammenarbeiten sollten?
Fragen über Fragen – und alles nur deshalb, weil linksstotalitäre Rechtssozialisten oder rechtsdikatorische Linkskonservative in den Medien einfach nicht verstehen wollen, dass eine Demokratie nur dann funktioniert, wenn die Mehrheit das Recht hat, auch gelegentlich eine Regierung zu bilden, die rechtskonservativpopulistisch statt linkssozialpopulistisch ist. Oder vielleicht doch eher umgekehrt linkskonservativpopulistisch statt rechtssozialpopulistisch – wer will bei dieser pseudointellektuell-medialen Begriffsverwirrung noch wirklich den Durchblick behalten?
Und falls Sie, lieber Leser, sich nun noch fragen sollten, welche „Linksintellekutellen“ ihr Antidemokratieverständnis mittels von t-online.de zitierter Blase unter Beweis gestellt haben – dann müssen sie sich bitte auf dem entsprechenden Portal durchfragen. Es lohnt nicht, diese abgehalfterten Politiker und Möchtegernbesserwisser durch Namensnennung aufzuwerten. Denn ihre Zeit ist längst vorbei und der linkspopulistische Aufschrei diente dann am Ende doch lediglich dem Ziel, noch einmal in den Medien genannt zu werden. Warum also sollten wir ihnen diesen Gefallen tun?