Weil Maybrit Illner unpässlich war, können wir die Gelegenheit nutzen, ein wenig über TV-Journalismus zu sinnieren. Und über die Frage, warum sich so viele Zuschauer zu Recht über die Polittalkshows aufregen.
Wir können davon ausgehen, dass nach „Maybrit Illner“ (nicht erörtertes Thema diesmal: „Kurs auf Schwarz-Rot – Merkels letzte Hoffnung?“) der zuständige Sendeabschnitts-Bevollmächtigte Frau Schausten telefonisch auf die Schultern klopfte: Bettina, haste fein gemacht. Frauenversteher Peter Altmaier lässt vielleicht morgen Blumen schicken (mit Kärtchen „Kanzlerin fand Sie auch toll“, P.A.), Hanseat Scholz dürfte das dann wohl eher für zu aufgesetzt halten. Ein stummer Händedruck am Ende der Sendung muss genügen.
Inhaltlich war die Chose erwartbar mau – Peter möchte so gerne mit den Sozis, Olaf weiß nicht so recht –, so haben wir uns gedanklich mit der Formatfrage befasst. Das Problem sind die Gastgeberinnen. Die sind entweder pseudo-frech und pseudo-fröhlich (Illner), pseudo-schlau (Schausten) oder pseudo-schlau und pseudo-frech (Will). Im Grunde harmlose Figuren, die Berufsschwadroneuren lediglich eine Bühne für abgenudelte Weisheiten liefern, quasi das Unterhaltungsprogramm zum Heizdeckenverkauf. Dass das anders ginge, zeigte der Gast Hajo Schumacher. Der hat 10 Jahre Spiegel auf dem Buckel (im letzten Jahrhundert, als das Blatt noch was taugte) und mal über „Führungsstrategien der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel im innerparteilichen Machtgeflecht“ promoviert.
Gleich zu Beginn der Sendung bezeichnete Schumacher Frank-Walter als den „heimlichen SPD-Vorsitzenden“, weil der Maddin seine Führungsfähigkeit längst verloren habe. Und so nebenbei wurde damit auch der Erlauchte Frank-Walter auf das heruntergeholt, was er in erster Linie ist: Sozialdemokrat. Und dann erst alles weitere.
Oder beim Fall Glyphosat. Altmaier erklärte aus-ufernd-und-führlich von EU-Abstimmungen, bei denen es üblich sei, dass sich der Fachminister in Brüssel enthält, wenn in der Bundesregierung unterschiedliche Meinungen bestehen. Wir wurden daran erinnert, dass ein gewisser Sigmar Gabriel als Umweltminister (der kann alles, der Teufelskerl, nur nichts richtig) mal beim Thema Genmais absprachewidrig abgestimmt hat. Scholz nannte das Verhalten Schmidts einen „Dummerjungenstreich“. Und so wäre das nichtssagende Geplänkel weitergegangen, wäre nicht Schumacher hiermit um die Ecke gekommen: „Stimmt es, dass Merkel den Minister entlassen wollte, aber seinen Namen vergessen hatte?“
Die Illner-Redaktion spielte ein Filmchen ein, das eine Merkel-Dämmerung andeutete, und Scholz erlaubte sich die Frage, ob bei Merkel „die Kraft noch reicht“. Altmaier, derzeit nicht nur Kanzleramtsminister, sondern auch Finanzminister, in erster Linie aber Merkels Butler, beschwor so fromm wie falsch die Notwendigkeit einer neuen GroKo, und log sich das Land schön (am Beispiel der extrem frisierten Arbeitslosenstatistik) und behauptete, dass Deutschland für politische Stabilität stehe (hat er wahrscheinlich in der Zeitung gelesen). Auch Scholz ging auf das Spielchen ein. Wichtigste Frage sei Europa! (Gibt’s da was Neues?) Und wir bräuchten einen politischen Plan (heißt das, dass die GroKo bis dato keinen hat?). Frau Siems erlaubte sich den Hinweis, dass im Bundestag über Europa und seine Krisen noch nie richtig geredet wurde.
Zum ersten Mal wurde übrigens nicht über die AfD in Absentia gerichtet, sondern von der Redaktion dem nicht anwesenden Schulz das Abschiedslied gesungen: „He’s a real nowhere man, Sitting in his nowhere land, Making all his nowhere plans for nobody“ von den Beatles.
Damit wir aber nicht vergessen, dass auch Merkel und ihr Butler im Nowhere-Land ihre Pläne schmieden, schließen wir mit den Worten Peter Altmaiers von den „zwei so großen und erfolgreichen Volksparteien“. Er meinte die CDU/CSU (32%) und die SPD (20%). Sancta simplicitas.