Bevor wir zum pädagogischen Teil kommen – schließlich lernen wir bei den Polit-Talkshows immer etwas dazu, selbst bei maybrit illner – müssen wir zunächst wieder die Kandidaten vorstellen. Bei den Parteien werden augenscheinlich die Show-Delegierten knapp. Die kleinste Partei (CSU, 6,2 % der Stimmen) schickte Ilse Aigner in die Runde. Man darf sie ruhig als Horstis Ilse bezeichnen. Wolfgang Kubicki ist der zweite Mann der Zwei-Mann-Partei FDP (10,7%) und nach dem Rotationsprinzip wieder dran. (Christian Lindner hatte beim letzten Mal schon klar gemacht, dass ihm auch nicht jede Woche etwas Neues einfalle). Die Grünen (8,9%) haben ihren übereifrigen Regierungs-Azubi Cem dieses Mal ausgebremst, auch keine der hysterischen Schwestern von der Santa Moralia losgeschickt, sondern einen weißen alten Mann: Jürgen Trittin, die grüne Kommunistensocke, immer und überall bereit. Was der Mann schon alles unterschrieben hat in seinem Leben, geht auf keine Kuhhaut. Dosenpfand, Pädophilie-Programm für eine strafrechtliche Freistellung von Sex zwischen Kindern und Erwachsenen, den „Mescalero-Aufruf“ mit der „klammheimlichen Freude“ über die Ermordung von Siegfried Buback. Und demnächst, wenn nötig, eben Jamaika. Muss man das denn immer wieder hervorkramen, werden manche einwenden. Ja, muss man. Der Mann ist eben nicht der nette Onkel von nebenan, so wie die Grünen sich nicht für Frösche und Vogelarten interessieren, außer wenn es ihren taktischen Machtzielen nutzt.
Jedenfalls: Wolfgang und Ilse waren sich grün, und Jürgen, dieser Robespierre, tat nichts, um Jamaika zu gefährden, so dass Kubicki am Ende sogar eine Vorfreude auf die Verhandlungen zugab: „Manche Gedanken von Trittin waren ja ganz vernünftig.“ (Andreas Mimik sprach „Tja!“) Illner macht’s möglich.
In der Tat, Trittin gab den Floskelmeier mit „gegen das Zerreißen der Gesellschaft“, und „dieses Deutschland als Industriestandort erhalten“. Womit er allerdings in erster Linie schwer subventionierte grüne Energie-Industrie meinte, die ohne staatlichen Geldregen kaum lebensfähig wäre, aber angeblich die Kilowattstunde für 4,5 Cent anbieten könne. Leider zahlen wir über die Verbraucherumlage ein Vielfaches dessen, was unsere europäischen Nachbarn für Strom zahlen, Monsieur. Kubicki mahnte, auch die Industrie leide unter zu hohen Energiekosten, und manche Firmen denken an Standortwechsel, er nenne aber die Klimaziele bis 2030 trotzdem seine eigenen.
Dann kam Fratzscher mit „Chancengleichheit im Bildungssystem“, unterfütterte die Floskel aber nicht. Auch Ilse verstand das nicht, fügte aber an, man brauche auch Fachkräfte, nicht nur Akademiker. Schließlich wurden die deutschen Ingenieure besungen, die eine Antwort auf Google finden müssten. Wobei Ilse stolz vermelden konnte, sie sei bereits mit einem deutschen selbstfahrenden Auto gefahren. Na also. (Oder meinte sie das politisch? Im Merkel-Mobil?)
Eine per Video eingespielte Frau aus München, die sich mit zwei Jobs mühsam über Wasser hält, sollte sich wohl auch keine großen Hoffnung auf die Regierung Merkel IV machen. Immerhin hatte selbst die Gerechtigkeitspartei SPD (15 Jahre Regierungsbeteiligung im Bund, 50 in NRW) weder vernünftige Mieten, noch anständige Gehälter möglich machen können. Nahles sieht das allen Ernstes anders. Meint sie das Mietpreisdingsgesetz vom Minderleister Heiko Maas habe irgendetwas Positives bewirkt? Auch ihr Mindestlohn wird vom Dienstleistungsgewerbe mittels Scheinselbstständigkeit geschickt unterlaufen. Trotzig verwies sie auf ein Spitzen-Gesetzesentwurf, der noch in ihrem Schreibtisch läge.
In ein paar Jahren aber sieht die Arbeitswelt eh anders aus, waren sich die Jamaikaner einig. Da wird nach Projekt und Ergebnis, nicht nach Stunden bezahlt. Bis dahin sind dann alle umgeschult und hoch gebildet, das Internet ist blitzschnell, Energie ist billig und rein, und … Andrea Nahles hätte wohl am liebsten mitgemacht bei der schönen neuen Welt, aber, tja, sie fragt ja niemand.