Dass ausgerechnet Uli Wickert Stimmung in die Bude bringen würde, hätten wir auch nicht gedacht. Zunächst phantasierte der selbstverliebte Fernsehrentner und Mitglied der französischen Ehrenlegion (keine Sorge, das ist kein Kampfverband) von Fake News, die zum Brexit geführt hätten. Das können wir schnell überspringen, indem wir uns den Worten von Dirk Schümer, dem „Welt“-Redakteur, anschließen: „Brexit, das kann doch keiner mehr hören“.
Aber, wie das so ist, wenn sich der Uli pudelwohl fühlt, dann haut er die Dinger raus. Es sei „bedauerlich, dass wir keine deutsche Außenpolitik mehr haben“. Die Außenpolitik sei ins Kanzleramt gewandert, und von da zum CDU-Parteivorstand. Das hätten ihm auch Experten so gesagt. Diese Aussage ist so richtig wie wenig spektakulär, aber bei Illner bekam sie einen besonderen Effet, weil Wickert sie mit einem Lächeln und den Worten „Verzeihen Sie, Herr Maas“ direkt ins Gesicht unseres Außenmaas schickte.
Der hätte, seinem Blick nach zu urteilen, am liebsten seine Leibwächter auf den Uli gehetzt, aber die Demokratie hat halt auch ihre Nachteile, selbst wenn man sich ganz nach oben gedient hat. So blieb ihm nur zurück zu zischen „Sie reden mit den falschen Experten“, und Illner, in seltener erratischer Stimmung, schob direkt einen zu Wickerts Worten passendes Zitat des größten sozialdemokratischen Außenexperten aller Zeiten, Siggi Gabriel, hinterher: „Der deutsch-französische Motor steht still.“ Auch hier konterte Heiko beleidigt, der Siggi sei wohl zu lange raus, aber im Grunde war für ihn der Abend gelaufen, trotz Klatschpappen (bitte googeln) im Publikum. Das weckt Erinnerungen.
Nicht nur Macron habe einen tollen Brief geschrieben, auch Italiens Premier Conte, was bei uns untergegangen sei. Mehr Bürgernähe habe Conte gefordert, weniger Bürokratie, und dass mehr gegen die Jugendarbeitslosigkeit im Mittelmeerraum getan werden müsse, die stellenweise über 60% liege. In ganz Europa lägen die Populisten vorn, in den Niederlanden sei heute eine EU-feindliche Bewegung aus dem Stand stärkste Partei geworden. Die Deutschen kontrollieren den Euro, hört er im EU-Ausland und wir würden immer verhasster. Rumänien müsse ungebildete Flüchtlinge aufnehmen, während seine Eliten längst in Brüssel, Berlin oder Amsterdam arbeiteten.
Das war für den ewigen Jungsozialisten Heiko endlich die Gelegenheit wieder mitzuspielen am Tisch und er echauffierte sich künstlich über Schümers „Populistensprache“, und dass es alles „ungeprüft“ sei. „Als wenn es in Rumänien keine Ärzte mehr gibt!“ Dass aus Schümer der Herzschmerz eines besorgten Europäers sprach, kam dem gefühlskalten Maas gar nicht in den Sinn. Geheuchelt väterlich will er Osteuropäern in Zukunft mehr Beachtung zukommen lassen und auf jeden Fall „mehr Geld in die Hand nehmen“ – wird ja niemandem weggenommen.
Wir wollen aus Courtoisie Madame Thillaye nicht unterschlagen, eine Deutsch-Französin (oder umgekehrt), die für Macrons Bewegung im Parlament sitzt. Die ist total glücklich in der EU und findet, wir haben viel erreicht.
Mehr Belebung des europäischen Gedankens („Entschuldigung, Herr Maas“) forderte der frankophile Uli. Aber wir geben dem hier etwas kurz gekommenen Tory Greg Hands das letzte Wort, der gefragt wurde, wie das denn nach dem Brexit würde mit England und der Union. Ach, sagte der Brite, das wird nicht so schlimm. Die Osteuropäer, besonders Polen, setzten bei Sicherheit und Verteidigung nach wie vor doch sehr auf Groß Britannien, das immerhin viel in seine Verteidigung investiere. History is a bitch.