Tichys Einblick
Irgendwann und irgendwie

Markus Lanz: Wenn Robert Habeck Konsequenzen fordert

Am Dienstagabend predigt Robert Habeck den ZDF-Zuschauern. Markus Lanz ist schlecht vorbereitet – so kennt man ihn eigentlich nicht. Habeck macht, was er immer macht: viel schönreden, wenig sagen.

Screenprint ZDF

Wenn Robert Habeck Konsequenzen fordert, dann kann man sich entspannt zurücklehnen. Passieren wird sowieso nichts. Der „Minister für Wirtschaft, Klima und Rüstungsindustrie“, wie Lanz ihn vorstellt, behauptet, man würde aus den Kalifats-Demonstrationen am vergangenen Wochenende Konsequenzen ziehen. Also irgendwann und irgendwie.

Denn: Vereine zu verbieten, Demonstrationen zu untersagen, das ist nicht so einfach in Deutschland. Also nicht, wenn es nicht gerade um Corona-Demos geht. Und das ist gut so. Co-Gast Michael Bröcker ist darüber enttäuscht. Der Journalist von Table Media hätte sich ein härteres Vorgehen gegen die Kalifats-Demo und gegen die Corona-Demo gewünscht. Habeck meint: Das geht rechtlich nicht so einfach für Politiker. Da hat er recht und wer den politischen Betrieb in der Bundesrepublik beobachtet, der weiß, dass das gut ist.

Trotzdem fordert Habeck Konsequenzen, ohne zu erklären was das für Konsequenzen sein sollen. Da gibt es vieles, das man tun kann, ganz ohne die Demonstrations- und Meinungsfreiheit gefährlich einzuschränken. Islamistische Taliban-Prediger nicht mehr einreisen zu lassen, wie im Vorjahr geschehen, wäre ein erster Schritt. Die Finanzierung von Moscheen und islamischen Verbänden durch Saudi-Arabien, die Türkei und radikalislamische Organisationen zu unterbinden, wäre ein möglicher zweiter. Islamverbände, Vereine und Organisationen, ihre Funktionäre und Prediger gründlichst auf Sprengstoffgürtel abzuklopfen – nicht nur metaphorisch – wäre ein dritter. Es ist nicht überraschend, dass die Kalifats-Demonstration in Hamburg stattfand:

Drei der vier Selbstmordpiloten vom 11. September 2001 lebten zeitweise in Hamburg. Hintermänner ebenso. Seit 1993 wird die Blaue Moschee des Islamischen Zentrums in Hamburg durch den Verfassungsschutz beobachtet. Die Sicherheitsbehörden melden für Hamburg eine „abstrakt hohe Gefährdungslage“. 2023 wurden zwei in Hamburg lebende Syrer verhaftet, die Anschläge in Schweden planten. Die Grundstoffe für den Bau von Sprengstoff waren schon besorgt.

Gut, die Bekämpfung politischen Extremismus ist nicht seine Aufgabe: Er ist Wirtschafts- und nicht Innenminister. Aber vollmundig mit Konsequenzen drohen, das will er trotzdem. Wer in der Regierung fordert, muss auch liefern, und Habeck fordert viel, aber liefert hier nichts.

Die Lanz-Sendung verkommt an diesem Abend zur großen Habeck-Show. Markus Lanz lässt die Sendung größtenteils ungesteuert laufen. Bezeichnend eine Stelle, als Habeck über die Reaktion der Grünen zum mörderischen Angriff der Hamas am 7. Oktober spricht. „Die Klarheit gegen die Hamas, [gegen] die Demonstrationen haben nichts zu wünschen übrig gelassen“ und man habe alle Register gezogen, um gegen die Hamas vorzugehen und die Israelis zu unterstützen. Bröcker bleibt sprachlos zurück, Lanz sagt gar nichts. Der Zuschauer staunt über die Selbstsicherheit, mit der die Lüge vorgetragen wird. Deutschland erhöhte schon im November 2023, 30 Tage nach dem Angriff die Zahlungen an das Palästinenser-Hilfswerk UNRWA, obwohl bekannt war, dass UNWRA-Mitarbeiter mitmordeten und UNWRA-Ressourcen routinemäßig durch die Hamas missbraucht werden. Seitdem wurden die Operationen der israelischen Streitkräfte immer aus den sicheren Amtsstuben in Berlin kritisiert. Baerbock erhöhte mehrmals die Zahlungen an UNWRA und warnte mehr vor der israelischen Vergeltung als vor den islamistischen Gräueltaten. Auch auf deutschen Straßen entlädt sich bis heute der Judenhass ungebremst.

Am Montag musste ein deutscher Diplomat bei Ramallah (Westjordanland) vor einem wütenden Palästinensermob fliehen, die sein Auto bedrängten.

Die anderen Gäste der Sendung gehen neben Habeck unter. Michael Bröcker wagt es nur, hier und da zaghaft Habeck zu widersprechen, will ihn aber in grundsätzlichen Fragen der Klimaziele und Wirtschaftspolitik nicht stellen. Man spürt die Gehorsamkeit, die von Berliner Journalisten erwartet wird. Der dritte Gast der Runde ist Marie Christine Ostermann. Sie ist Präsidentin des Verbandes „Die Familienunternehmer“ und offensichtlich nicht geübt in Lobbyarbeit vor der Kamera. Ihr fehlt die argumentative Stärke, das Wissen um konkrete Sachverhalte, um den Habeckschen Verdrehungen und rhetorischen Tricks etwas entgegensetzen zu können. Sie fordert zum Beispiel, dass die Stromsteuer für alle Unternehmen in Deutschland gesenkt wird „nicht nur für Lieblingsbranchen des Ministeriums“.

Habeck antwortet: Das sei eine Subvention, das ginge nicht, dass man die Stromsteuern insgesamt senkt. Dass sei schlecht für den Wettbewerb und auch „nicht im Sinne des Mittelstands“, so der Grünenpolitiker. Diese Logik erschließt sich nur dem Klimaminister. Halbleiterindustrie muss in Deutschland aufgebaut werden, so Habeck, deswegen ist das gerechtfertigt, dass Halbleiterhersteller, die sich in Deutschland ansiedeln, weniger Stromsteuer abführen müssen. Aber das gilt wohl nicht für andere Industrien.

Der Moderator Markus Lanz ist in der Sendung fast gänzlich abwesend, bringt den Ausweichargumenten Habecks auch nichts entgegen. So kann der Minister über die Dummheit von AKW-Bau herziehen, seine eigene Arbeit loben und behaupten, die Preise für Energie seien wieder günstiger geworden, „auf Vorkrisen-Niveau“. Das stimmt auch nicht, nur waren die Preise schon vor Ausbruch der Ukraine-Krise unerträglich für viele Unternehmen und Haushalte. Nur ist der Energieverbrauch in Deutschland auch deshalb so niedrig, weil viele Unternehmen gar nicht mehr oder weniger produzieren. Und es wurden die Abgaben für Erneuerbaren Energien vom Stromverbraucher auf den Bundeshaushalt umgelegt – für den Verbraucher ist es das Spiel „linke Tasche, rechte Tasch, Geld weg“. So zaubert sich Habeck günstige Preise herbei – unwidersprochen.

Habeck will sich rausreden aus den Vorwürfen des Magazins Cicero, dass sein Ministerium eine Atomkraftwerksverlängerung aus Gründen der Ideologie verhinderte. Brennstäbe zu besorgen, dass habe bedeutet, dass man wieder von Russland für das Uran abhängig sei, so eines seiner Argumente. Das stimmt nicht. Frankreich, Kanada und deutsche Lagerbestände waren Hauptquellen für Brennstäbe in der Vergangenheit oder für mögliche zukünftige Lieferungen. Der Weiterbetrieb wurde aus rein ideologischen Gründen blockiert, wider besseres Wissens und zum Schaden von Verbrauchern und Industrie.

Auch ein wirtschaftliches Argument versucht er: Eine Laufzeitverlängerung für mehr als ein paar Monate, bis zum Ende der Gasmangellage im Winter, hätte sich nicht gelohnt. Denn die Brennstäbe in den AKW würden bis heute Strom liefern. Das wäre aus ganz „unideologischen Gründen“ nicht gegangen. Was diese unideologischen Gründe sind, erschließt sich aber für den Zuschauer nicht. Die Wahrheit ist: Selbstverständlich waren Brennstäbe vorhanden und die Stompreise hätten dramatisch sinken können. Aber was ist schon Wahrheit, wenn ein Minister spricht und der Moderator schweigend zuhört beim größten Quatsch des Jahres. Dass Habeck auch der Lüge im Bundestagsausschuss überführt ist – beim Team Lanz ist das noch nicht angekommen.

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