Die Krise der Ampel spitzt sich zu. Niemand scheint mehr mit dem anderen zu reden. Na dann: Reden wir darüber! Und wer könnte uns die Lage besser erklären als Kristina Dunz vom „RedaktionsNetzwerk Deutschland“. Also bitte hereinspaziert, die Dame, und Platz genommen, der Studiosessel ist bestimmt noch warm vom letzten Mal.
Dunz schildert, wie fix und fertig diese Regierung ist, deren Kanzler und Finanzminister gerade jeder für sich zu getrennten Krisengipfeln gebeten und die sich dabei nicht einmal gegenseitig eingeladen haben. Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck durfte nicht teilnehmen.
Nun ist es einerseits durchaus nachvollziehbar, dass man nur Leute mit am Tisch haben will, die vom Thema ein kleines bisschen Ahnung haben. Andererseits wird die möglicherweise finale Zerrüttung der Regierung bei diesen Ereignissen besonders deutlich. Kristina Dunz sagt, Kanzler Olaf Scholz fühle sich ungerecht behandelt, so wie er sich ja oft sogar von der ganzen Welt ungerecht behandelt fühle. Es menschelt plötzlich so herrlich. Der Kanzler habe auch versucht, seinen Finanzminister Christian Lindner telefonisch zu erreichen, aber der habe „nicht erreicht werden wollen“. Olaf, der Engagierte. Der sich zwar von einem „Dieser Teilnehmer ist zurzeit nicht erreichbar“ ausbremsen lässt, aber egal, er hat es zumindest versucht.
Dass Kristina Dunz als stellvertretende Chefredakteurin ein Medienhaus vertritt, das zur Verlagsgesellschaft Madsack gehört, die sich wiederum zu 23,1 Prozent im Besitz der Kanzler-Partei SPD befindet (über ihr Medienbeteiligungsunternehmen namens Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft), das vergisst Markus Lanz auch an diesem Abend zu erwähnen. Wie seit Jahren. Hat er es jemals erwähnt? Egal, ist ja nicht so wichtig. Wichtig ist, dass Dunz liefert. Dass sie systemkonform durch den Zeitgeist-Slalom wedelt. Und dass es dabei gern auch etwas menschelt.
„Ehrlich gesagt, ist das peinlich“, sagt Lanz. „Es ist mehr als peinlich, es ist jetzt richtig kritisch!“, antwortet Dunz.
Mit in der Runde sitzt auch ein Vertreter der Splitterpartei FDP, die zurzeit noch den Finanzminister stellt. Marcus Faber tritt als Vorsitzender des Verteidigungsausschusses in die Fußstapfen von Marie-Agnes Strack-Zimmermann, bemüht sich allerdings, weniger harsch aufzutreten als die graue Kriegsfachmännin, die regelmäßig andere Menschen beleidigt und zugleich selbst monatlich mehrere hundert Anzeigen wegen Beleidigung schreibt. Rechtsexperten schätzen, dass sie durch erstrittene Strafzahlungen noch mehr verdient als mit ihrem politischen Job.
Faber ist anders als sie und irgendwie auch nicht. In schönstem Stra-Zi-Sprech prahlt er: „Ich bin regelmäßig an Orten, wo Artillerie einschlägt.“ Doch so stahlhart, wie er sich zu geben versucht, so puddingweich wackelt er, sobald es um das Verhalten seines Parteikollegen im Ministeramt geht. Warum Lindner nicht den Kanzler und der Kanzler auch Lindner nicht einlade, darum gehe es doch gar nicht. Er, Faber, habe bei allen Beteiligten „den Eindruck, dass der Ernst der Lage angekommen ist“. Und das hält er offenbar bereits für eine Leistung.
Fast eine halbe Stunde lang reden Lanz, Dunz und Faber über die Ampelkatastrophe, als es einem anderen Gast zu bunt wird. Kai Ambos soll eigentlich erst später über Völkerrecht reden, doch zunächst entreißt er Lanz die Rolle des Moderators. Er kritisiert das „Boulevard“-Niveau der Diskussion und erteilt wiederum Stefan Bratzel ganz offiziell das Wort. Der Autoexperte möge doch nun bitte mal konkret erklären, wie man die Probleme der deutschen Autoindustrie lösen kann. Der neue Co-Moderator legt dabei ein erstaunliches Ego an den Tag. Ambos gestikuliert derart ausladend, dass selbst eine Luisa Neubauer neidisch würde. Gleichzeitig lässt er ständig beidhändig das Jackett flattern – auf, zu, auf, zu – so wie wohl ein prächtiger Pfau sein Gefieder pflegen würde. Lanz wirkt etwas angefasst. Soll er sich jetzt tatsächlich die Butter vom Brot nehmen lassen? Und muss er Ambos am Ende sogar von seinem exorbitanten Honorar abgeben?
Doch dann hat tatsächlich der Auto-Experte das Wort. Stefan Bratzel vom „Center of Automotive Management“ malt ein düsteres Bild. Und der Ausblick ist noch dunkler: Es gehe in der Automobilbranche „um mindestens 200.000 Jobs“ in den nächsten Jahren. „Wenn Volkswagen jetzt nicht einen Turnaround hinkriegt, dann sprechen wir in fünf, sechs Jahren über die Existenz der Automobilindustrie in Deutschland generell.“ Volkswagen würde beim Thema Elektromobilität hinterherhinken. Dass es ganze Halden mit unverkauften E-Mobilen gibt, die kein Mensch haben will, scheint dem Experten irgendwie entgangen zu sein. Ebenso, dass es Dieselmotoren gibt, deren Abgase bisweilen sauberer sind als die angesaugte Luft.
Nicht nur die Hersteller, auch die Politik sieht Bratzel am Zug. Vor allem als Verhinderer. Wenn „die bisherigen Parteien das Thema nicht lösen können, dann sitzen wir hier vielleicht demnächst mit Parteien am Tisch, die wir nicht haben wollen.“
Gut gemacht. Der Mann wird sicher wieder eingeladen.