Tichys Einblick
Letzter Schlag vor der Sommerpause:

Pressesprecher der „Letzten Generation“ bei Markus Lanz entlarvt und bloßgestellt

Was früher noch ein Schaulaufen gewesen wäre, wurde zum Spießrutenlauf: Der Pressesprecher der Letzten Generation stieß bei Markus Lanz mit dem Plan für einen Gesellschaftsrat auf Widerstand. Nur die frisch prämierte Alena Buyx vom Ethikrat stand dem Klimakleber zur Seite und verteidigte das undemokratische Konstrukt.

Screenprint: ZDF/Markus Lanz

Am Donnerstag, den 20.07.2023 versammelte Markus Lanz seine Gäste zur letzten Sendung vor der großen Sommerpause. Zu Beginn trägt der Moderator „alarmierende Zahlen“ vor: Die AfD komme in Thüringen gegenwärtig auf einen Stimmenanteil von 34 Prozent – und lässt dabei aus, dass auch im Westen Deutschlands die Zustimmungsraten wie zuletzt in Baden-Württemberg enorm angestiegen sind. Dort erreicht die AfD laut einer Umfrage des Südwestrundfunks (SWR) mittlerweile 19 Prozent, das sind sieben Prozent plus gegenüber März 2023.

Dann geht es weiter mit den Gästen der Sendung. Lanz stellt vor: Theodor Schnarr von der „Letzten Generation“ („Wir haben nur noch drei Jahre Zeit bis zur Apokalypse“). Anwesend sind auch die Ethikrat-Vorsitzende Alena Buyx, Psychiater Manfred Lütz („Irre – Wir behandeln die Falschen“) und der Publizist Michel Friedman.

Die Diskussion

Schnorr steigt direkt mit seinem Anspruch ein, die gesamte Klimawelt zu retten. Er malt ein düsteres Bild, ein Drittel der Menschheit müsste bis zur Mitte des Jahrhunderts wegen der Klimaerwärmung aus ihren Heimatländern fliehen, deshalb würde es Kriege um die verbliebenen Ressourcen geben. Der Vertreter der Letzten Generation strebt einen „Gesellschaftsrat“ als die „beste Idee“ von allen an (mit Leninschen Revolutionsräten als Vorbild?).

Die kriminellen und gewalttätigen Straßenblockaden bezeichnet er mit blumiger Sprache als einen „aufweckenden Feueralarm“. Seinen Monolog spitzt er mit typischer Appellrhetorik zu: „Ey, unser Haus brennt!“. Michel Friedman hält dagegen und schlussfolgert zurecht, der Pressesprecher der „Letzten Generation“ (LG) sei also der alleinige Inhaber der „absoluten Wahrheit“. Er und die LG würden sich herausnehmen, Gewalt als Mittel der Politik anzuwenden, so Friedman, der meint, dass das falsch ist. Prof. Lütz glaubt, diese Klimakleber haben bisher keinen einzigen Menschen von ihrem Anliegen überzeugt, aber viele abgeschreckt.

Zeit für Frau Buyx, um aufzutrumpfen: Sie erklärt uns eine „komplizierte Welt“ und spricht bedeutungsschwer vom „Konzept der radikalen Flanke“ (denn die Klimakleber werden öffentlich extrem wahrgenommen), sowie vom abnehmenden Effekt der kurzfristigen Unterstützung. Es bestünde die Sorge, dass dieser langfristig werden könnte. Das akademische Gewese in leichte Sprache umgewandelt: Die Proteste bekommen zwar für diese kleine Gruppe extrem viel Aufmerksamkeit, sind aber für die Sache kontraproduktiv. Deshalb wenden sich immer mehr Menschen, die dem Klimaschutzgedanken eigentlich offen gegenüberstehen, kurzfristig, aber eventuell auch langfristig, ab. Die dozierende Ethikratsvorsitzende rät dem Vertreter der LG daher zu anderen Protestformen, die sie offensichtlich gern unterstützen würde.

Nun klagt der Klimaeiferer die Bundesregierung an, diese würde Klimaschutz „nicht können“. Alter Wein in neuen Schläuchen. Dann zitiert er Stefan Rahmstorf, der in der Vergangenheit u.a. behauptete, eine Glasscherbe könne einen Waldbrand verursachen, vom Potsdamer Institut für Klimaforschung, das eigentlich nur ein eingetragener Verein ist. Der Kleberverteter beharrt jedoch uneinsichtig darauf, dass die momentane Form der Proteste die effektivste Form sei. Lütz hält dagegen: Herr Schnarr reagiere in seinen langen Reden überhaupt nicht auf das Gesagte im Studio. Er bilde sich ein, im Besitz der alleinigen Wahrheit zu sein. Er belehre andere von oben herab.

An anderer Stelle merkt der Straßenblockierer an, dass er sich selbst für sympathisch hält, warum auch immer ihm das als diskussionsrelevant erscheint. Der Ersatzvorstoß auf die Beziehungsebene misslingt gründlich, die Stimmung im Studio ist gegen den Vertreter der LG gerichtet. Die rationalen Gründe des Umschwungs? Nachtigall, ick hör dir trapsen.

Wahnsinniges Misstrauen

Nun hat Dr. Lütz der Ehrgeiz gepackt, er legt nach: Herr Schnarr wäre eher ein Prediger, der andere belehrt. Der Klimakleber kontert mit einer Ausführung zu seinem „Gesellschaftsrat“. Dabei sollen aus 84 Millionen Menschen 160 ausgelost werden. Das wäre dann „repräsentativ“ für das ganze Land. Hüsteln und aufgeregte Aktivität regen sich im Studio. Lanz nennt dieses Vorhaben schlicht und einfach „Quatsch“. Der Psychiater legt nach und beschreibt dieses utopische Vorhaben als „illusionär“. Er kritisiert wörtlich die „absolute und moralische Position zur Lösung der ganzen Probleme“. Der Klinikdirektor bezeichnet diese Pläne abwertend als eine „symmetrische Eskalation“.

Nun ist Friedman wieder an der Reihe, auch der liest Schnarr die Leviten: „Wenn Sie behaupten, dass ihre Proteste gewaltfrei wären, leben sie in einer anderen Welt!“. Schnarr bleibt gemäß der erwähnten „symmetrischen Eskalation“ stur dabei, die Proteste wären friedlich. Anmerkung: Hier ersetzt ein irrationaler Glauben die strafrechtlichen Fakten. Auch eine Form der Realitätsverdrängung.

Dann geht es erneut um den sogenannten „Gesellschaftsrat“: Die 160 Leute würden durch „Experten“ (Abteilung Agit/Prop? Wer bestimmt diese?) auf den gleichen „Wissensstand“ gebracht (wird kräftig Gehirnwäsche betrieben?). Diese besonderen Auserwählten sollen verhindern, dass fossile Energien zur Anwendung kommen. Nun aber schlägt endlich die virtuelle Bombe mit Streumunition ein: Schnarr gibt offen zu, dass er diesem Rat mehr zutraut, als den gesamten Bundestagsabgeordneten. Wir hätten demnach keine Demokratie mehr, sondern eine „Expertokratie“ (Expertenherrschaft die eben NICHT demokratisch wäre). Lanz nennt diese Rats-Idee erneut „Quatsch“. Buyx schlägt sich plötzlich auf die „partizipative“ Räteseite. (Die Vokabel „partizipativ“ benutzt sie im Studio immer wieder.) Die Dame in Rot findet dagegen Räte gut und möchte nicht, dass diese „zerredet“ werden. Vielleicht auch aus persönlichen Gründen, weil sie selbst Vorsitzende eines „Rates“ ist? Sie empfiehlt allerdings dem Studio-Gescholtenen, andere Ziele anzugehen und von einem „Rat“ als gesellschaftlichen Überbau abzusehen.

Michel Friedman kommt wieder in Fahrt, als er den Klimajünger hinterlistig fragt: „Was machen sie, wenn dort 50 ausgeloste AfD-Wähler mit im ‚Gesellschaftsrat‘ sitzen?“. Die Antwort darauf bleibt an diesem Abend aus.

Dem Moderator reicht es jetzt, er fasst klipp und klar in einem Satz zusammen, was für mich ohnehin schon lange klar ist: Aus dem Vertreter der LG spricht ein „wahnsinniges Misstrauen gegen die Demokratie“. Für mich schön, diese Tatsache auch von anderen zu hören. Nun muss sich dieser Fakt nur noch an einigen anderen Stellen herumsprechen, damit diese aktiv werden.

Der auf seinem hohen Ross des allmächtigen Wissens immer wackliger werdende Schnarr begründet seine Dystopie nunmehr mit den Zahlen des Klimarates der Vereinten Nationen. An Lanz tropft das ab, er nennt das „Schall und Rauch“. Er zitiert eine Expertin, diese berichtet die Panikerzeugung wäre ein „Teil des Systems, das sich um Horrorzahlen bemüht, um eine Apokalypse herbeizureden“.

Der stolz gestartete Schnarr wird immer hilfloser und wiederholt sich zunehmend. Ihm scheint die Puste ausgegangen zu sein. Für mich ein deutliches Signal von dysfunktionalem Stress und Überforderung. Weitere Phrasen müssen her, nun spricht er von einer „zivilisatorischen Bedrohung“, darunter „argumentiert“ er nicht.

Fazit

Jurist Friedman fasst die Strategien der LG zusammen: „Selbstüberschätzung“, „Absolutierung“ und „wir erklären euch die Welt“, im Sinne von „wer uns nicht versteht, ist nicht mehr diskussionswürdig“. Die LG würde ausschließlich Monologe halten. Anmerkung: Das gilt auch für den Klimakleber, der nach meinem Eindruck lediglich eingebläute Glaubenssätze – fast wie in einem Selbstgespräch –  vor sich hinsprechen konnte. Aus meiner Sicht ist er nicht willens, auf Gegenargumente auch nur zu reagieren, geschweige denn emphatisch und inhaltlich einzugehen.

Mein abschließender Eindruck: Diesmal war die Kräftekonstellation im Studio 2 : 3 (die dozierende Alena Buyx, die nicht ohne den großen Auftritt in Wortwahl, Stimme, Mimik und Gestik auskommt und ein bloßgestellter, entzauberter und überlasteter Klima-„Aktivist“, sowie auf der anderen Seite ein argumentativ spitzfindiger Michel Friedman, Psychiater und Theologe Manfred Lütz, der die Rolle des dekodierenden Kommunikationsexperten übernommen hatte und ein angriffslustiger Lanz, der auch vor Schmähkritik nicht zurückschreckte).

Lanz hatte diesmal gegenüber den Klimaklebern keine Kreide gefressen. In dieser Sendung sah ich einen ganz anderen Moderator als zuvor. Es wäre ein gutes Zeichen, wenn auch die Medien die Zeichen der Zeit verstanden hätten, nämlich dass es so wie bisher nicht mehr weitergehen kann. Der Beitrag gibt die Sendung nicht vollständig wieder.

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