Tichys Einblick
Bei Maischberger

Ukrainischer Botschafter Andrij Melnyk gesteht Fehler ein

Der scheidende ukrainische Botschafter Andrij Melnyk hat in der Sendung Maischberger eingestanden, Fehler gemacht zu haben. Zudem hat er indirekt zugegeben, dass seine Abberufung doch eine Strafaktion war.

Screenprint: ARD/Maischberger

Den Diplomaten hat Andrij Melnyk schon lange aufgegeben. In seiner Wortwahl hat sich der scheidende ukrainische Botschafter öfter vergriffen als Dieter Bohlen in „Deutschland sucht den Superstar“. Stattdessen war er als Lobbyist unterwegs. Als Lobbyist mit dem Charme und der Attitüde des Chefs einer Drückerkolonne. Dafür hat er die Quittung erhalten. Sein Präsident Wolodymyr Selenskyj verkündete im Juli die Abberufung Melnyks aus Deutschland, Mitte Oktober soll es soweit sein. Neben seinen verbalen Aussetzern galt Melnyks unkritische Haltung zu dem antisemitischen, historischen Politiker Stepan Bandera als problematisch.

Das sei aber keine Strafaktion, betonte Selenskyj im Juli – sondern ein normaler Vorgang, dass Botschafter rotierten. Wolfgang Ischinger, Chef der Münchener Sicherheitskonferenz, stand als Experte bereit, um diese Sicht zu bestätigen. Stimmte alles nicht, wie sich jetzt herausstellt. Sandra Maischberger befragt Melnyk: Ob er Fehler gemacht habe und ob er so dazu beigetragen habe, dass er aus Deutschland abgezogen werde?

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Und jetzt? Keine Attacke. Kein Abbügeln. Melnyk wird kleinklaut. Der scheidende Botschafter flüchtet sich in Allgemeinplätze: Er habe Fehler gemacht, Menschen machten Fehler. Maischberger erinnert ihn an seine Aussetzer. Wenn er Kritiker beschimpfte, sie aufforderte, die Klappe zu halten oder auf Twitter „F… off“ textete. Es seien die Emotionen gewesen, antwortet der Diplomat. Ein Hilferuf. Man müsse den Krieg in seinem Land sehen. Er wolle sich bei Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für seinen Ton entschuldigen. Aber von dem habe er noch keinen Termin bekommen. Die Fehler hat Melnyk eingestanden, die Strafaktion hinter der Versetzung wird deutlich.

Im Krieg stirbt die Wahrheit zuerst. Das ist nicht neu. Und so leitet die Redaktion die Sendung mit der Info ein, dass die Ukraine Land zurückerobert habe – setzt aber ein einschränkendes „offenbar“ dazwischen. Das zeugt von einer journalistischen Redlichkeit und Neutralität, wie sie in der ARD eigentlich nicht mehr üblich ist. Melnyk war medial etwas abgetaucht. Erst mit der „offenbar“ erfolgreichen Gegenoffensive drängt der Botschafter wieder ins Fernsehen.

Mit eben dieser Offensive verbindet Melnyk während seines Comebacks bei Maischberger die Forderung nach mehr Waffen für die Ukraine. Vor allem Panzer des Typs Marder. Der Diplomat ist Lobbyist. Aber er hat seine Strategie geändert. Er kommt auch in seinen Forderungen deutlich kleinlauter her als vor der Abberufung, die keine Strafaktion war – wie es anfangs hieß. Melnyk lässt jetzt den militärischen Erfolg für sich sprechen.

Mit „wenigen westlichen Waffen“ sei es der ukrainischen Armee gelungen, die russische zurückzudrängen: „Es lohnt sich, uns weiterhin zu unterstützen.“ Die Zusammenarbeit mit den amerikanischen Geheimdiensten funktioniere sehr gut, sagt Melnyk. Deren Satellitenbilder hätten der ukrainischen Armee einen wichtigen Vorteil verschafft, und: „Die Koordinierung zwischen uns und unseren Verbündeten wird jeden Tag besser – man vertraut uns mehr.“ Nun gehe es um Deutschland. Den wichtigsten Verbündeten in Europa, wie der Botschafter findet. Kurzum: Melnyk will Waffen, er ist Lobbyist.

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Als Sandra Maischberger Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) anspricht, zeigt sich bei Melnyk wieder der Wolf hinter der Kreide: Die Ministerin hatte sich gegen Marder-Lieferungen ausgesprochen, weil sie keine deutschen Alleingänge wolle. Das sei „widersprüchlich“, sagt Melnyk bei Maischberger. Man könne nicht eine Führungsrolle beanspruchen, ohne mit gutem Beispiel vorangehen zu wollen. Es ist ihm anzusehen, wie Melnyk sich zusammenreißen muss, um nicht wieder ins Regal mit den härteren Begriffen zu greifen.

Melnyks Argumentation ist mit aufrichtiger Logik allein nicht greifbar: Der russische Präsident Putin drohe mit der Atomwaffe, weil er weiß, dass das Deutschland einschüchtere und so zur Zurückhaltung zwinge. Putin ist im Krieg mit der Ukraine, der schlecht läuft; in Armenien entsteht ein weiterer Schauplatz und der US-Geheimdienst unterstützt die Ukraine offensichtlich mit hoch modernen Satellitenbildern. Und da richtet Putin seine Strategie an Deutschland aus? Weiß Melnyk mehr? Oder zentriert er den Krieg auf Deutschland, weil er im deutschen Fernsehen sitzt, um von Deutschland deutsche Waffen zu erhalten? Letzteres klingt plausibler. Denn Melnyk ist ein Lobbyist.

Um die Kriegslage einzuschätzen, sind zum einen der Schauspieler Walter Sittler da, um das strategische Wissen preiszugeben, das er sich bei den Dreharbeiten zu „Daheim in den Bergen“ erworben hat. Und zum anderen Carlo Masala. Er ist Professor an der Universität der Bundeswehr in München. Maischberger wäre nicht Maischberger, wenn der Schauspieler nicht zuerst reden dürfte. Als er schweigt, ordnet Masala die jetzige Situation ein: Der ukrainischen Armee sei es gut gelungen, der russischen Armee die Wege abzuschneiden. Das verbaue ihr die Transportwege und das wiederum führe zu Ermüdungen, die sich in den jüngsten Kämpfen ausgewirkt hätten.

Aktuell gebe es zwei Möglichkeiten: Die russische Armee erhole und stelle sich neu auf. Oder der ukrainischen Armee gelinge es, den Feind in Bewegung zu halten und so eine Neuaufstellung zu verhindern. Dafür brauche die ukrainische Armee die Mobilität der Panzer. Deswegen seien Marder wichtig. Und deswegen sitzt Melnyk bei Maischberger: als Lobbyist.

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