Tichys Einblick
Ein Jahresgehalt an einem Abend

Maischberger verdient Mindestlohn

Sandra Maischberger ist bankrott. Nicht finanziell – in der Hinsicht geht es ihr hervorragend, dafür sorgt die ARD. Sondern inhaltlich. Marie-Agnes Strack-Zimmermann erklärt sich selbst zur Kriegsgewinnlerin. Claus Ruhe Madsen prahlt mit vergoldeten Arbeitsplätzen.

Screenprint ARD

Die Welt hat darauf gewartet: Maischbergers Talkshow läuft nun dreimal die Woche. Denn Hart aber Fair macht Osterpause und in dieser Zeit läuft Maischberger auch montags. Die Berufsgenossenschaft der Talkshow-Rezensenten hat aber Protest eingelegt: Markus Söder und Eckart von Hirschhausen wurden daher am Montag mit Nichtbeachtung gestraft. Diese zwei im Einzelinterview nacheinander lässt die Gefahr eines Betriebsunfalls einfach zu sehr steigen.

Maischberger profitierte von diesem Sendeplatz: Mit 1,7 Millionen Zuschauern konnte sie am Montag ihre beste Quote seit 14 Monaten erreichen. Obwohl die Quoten sich unter Louis Klamroth bei Hart aber Fair schlecht entwickeln, konnte er Anfang des Jahres auf diesem Sendeplatz mehr als 2,4 Millionen Zuschauer erreichen. Eine Folge von Maischberger zu produzieren, kostet übrigens 132.000 Euro. Vertraglich erhält Maischberger davon 21.600 Euro. Die Produktion der Sendung übernimmt nicht die ARD selbst. Sondern eine Produktionsgesellschaft. Geschäftsführerin der Produktionsfirma: Sandra Maischberger. Wie viel die Frau Geschäftsführerin wohl an der Produktion verdient?

Der Dienstagabend bei Maischberger ist nur ein klein wenig interessanter. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) wird von ihrer Partei in das EU-Parlament abgeschoben. Ihr selbstgewählter Kampfname für diese Wahl ist „Oma Courage“.

Brecht schuf einst eine literarische Figur: „Mutter Courage“ will vom dreißigjährigen Krieg profitieren und verliert darin ihre drei Kinder.

Ein passender Spitzname

Es gibt keinen besseren Spitznamen für Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Nicht, weil sie eine Kriegsgewinnlerin ist. Das will man ihr nicht unterstellen. Aber „Oma Courage“ demonstriert ihre katastrophale Kommunikation. Sie will für Waffenlieferungen an die Ukraine werben. Sie will Israel mit Waffen unterstützen. Aber die Art ihrer Kommunikation, ihr Auftreten, stößt sogar viele ab, die ihre politischen Positionen teilen. Und Strack-Zimmermann versteht nicht, wie man sich am Kampfnamen „Oma Courage“ stören kann. Die Anspielung an Mutter Courage verstehe außerhalb des Brecht-Theaters in Berlin eh niemand, findet sie. Gregor Gysi verstand die Anspielung, und manch ein Zuschauer sicher auch. Von Bertolt Brecht hat der eine oder andere vielleicht schon gehört.

Ach so, Gregor Gysi ist auch in der Diskussion mit dabei. Waffen will er keine für die Ukraine. Die Ukrainer sollen sich doch bitte den Russen ergeben. In Israel fordert er Waffenstillstand. Also seitens der Israelis. Die sollen bitte die Waffen vor den Schlächtern der Hamas niederlegen. Nichts Neues von Gysi also. Aber immerhin reiben sich Stack-Zimmermann und er rhetorisch aneinander. Das ergibt eine hitzige Diskussion, die Maischberger selbst nicht mehr entfachen kann. Nur inhaltlich ist halt nichts Neues dabei. Sowohl Gysi als auch Oma Courage sind Talkshow-Dauergäste und spielen ihr Standard-Bühnenprogramm ab.

Das Journalistenplenum der Sendung diskutiert an diesem Abend über die Polizeiliche Kriminalitätsstatistik, die am Dienstag vorgestellt wurde. Die Zahl der Gewalttaten in Deutschland steigt. Die Gewaltkriminalität hat im Jahr 2023 um fast 9 Prozent zugenommen. Messerangriffe circa 10 Prozent. Drogenkriminalität 30 Prozent. 41 Prozent aller Tatverdächtigen sind Ausländer. Die Anwesenden machen ein Problem aus: mangelnde Integration und schlechte wirtschaftliche Perspektiven. Weil Integrationsmangel und Bürgergeld die Menschen bekanntlich zu Messerstechern machen. Das ist eine überspitzte Zusammenfassung der Diskussion. Aber sie ist nur leicht überspitzt.

Ein vorhersehbares Interview

Und der letzte Teil der Sendung ist wieder einmal ein Gefälligkeitsinterview. Das letzte, mit Markus Söder, liegt ja schon 24 Stunden zurück. Sandra Maischberger weiß, wer bei der ARD anschafft: Es sind nicht die Zuschauer. Es sind die Rundfunkräte. Die werden parteipolitisch oder vorgeblich „zivilgesellschaftlich“ (parteipolitisch über den Umweg Kirchen, Vereine, Gewerkschaften) besetzt. Und mit denen muss Maischberger gut stehen, will sie weiterhin für einen Moderationsabend 21.600 Euro einstreichen.

Anders kann man es sich kaum erklären, dass ihre Sendung zur PR-Show für Politiker verkommen ist. Claus Ruhe Madsen (CDU), Wirtschaftsminister in Schleswig-Holstein, sinniert über die Unterschiede zwischen Dänen und Deutschen. Er feiert sich dafür, dass der Batteriehersteller Northvolt für massive Subventionen nach Dithmarschen kommt. 3.000 Arbeitsplätze, die je 300.000 Euro kosten. Sind die Arbeitsplätze vergoldet? Das Tragische: Solche Industrieansiedlungen würde Deutschland dringend brauchen – wenn sie aber nur subventioniert möglich sind, sind sie sinnlos. Das kann sich das Land nicht leisten. Über Northvolt durfte Madsen übrigens schon im Januar bei Markus Lanz schwärmen.

Was Madsen in der Diskussionsrunde mit Lanz erzählte, war deckungsgleich mit dem, was er im Interview mit Maischberger von sich gab. Über die Probleme der Migration und die AfD sinnierte er bei der Gelegenheit und diesmal auch wieder. Sogar seine Anekdoten wiederholt er. Er sei nach Deutschland gekommen, ohne Deutsch zu sprechen und habe im Möbelhaus trotzdem einen Tisch verkaufen können. Migration klappt nicht, weil irgendwie die Deutschen die falschen Angebote machen. Für die Migranten.

Kennt man alles schon. Hat der Zuschauer etwas Neues gelernt? Nein. Das war ja auch nicht das Ziel der Sendung. Aber dafür hat Maischberger an diesem Abend wohl ungefähr so viel verdient, wie ein Mindestlöhner in einem Jahr.

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