Mit Maischbergers Feststellung, die Kanzlerin sei „trotz allem“ doch recht gut gelaunt gewesen, wollen wir direkt in die Sendung einsteigen. Tina Hassel (ARD) war über Merkels Auffälligkeit („sie war beinahe heiter“) bei der Verkündung des Jamaika-Scheiterns erstaunt. Bild-Mann Nikolaus Blome zudem über den Beifall der Union („Für was“? Nun, Herr Blome, die Partei klatscht immer, wenn die Staatsratsvors… Chefin was sagt). Anton Hofreiter, der Grüne, findet, „des g’hört sich so“. Da weder die Kanzlerin, noch ein Pillen-kundiger Arzt uns genaue Klarheit über Merkels Gemüt verschaffen könnte, belassen wir es dabei.
Der interessante Gast des Abends war Wolfgang Kubicki mit vielleicht der Antwort auf die Frage: Wolfgang, warum? Zu akzeptierender Gesprächsballast: Ursula von der Leyen und Malu Dreyer. Wobei es nicht ohne Reiz war, wie schwer sich Malu damit tat, den Schulz-Kurs der Gesprächsverweigerung zu verteidigen, nachdem Kubicki ihr den Volley servierte: „Mit welchem Ziel geht die SPD dann in Neuwahlen? Eine Regierung zu bilden? Das kann sie ja jetzt schon tun!“
Maischbergers Agenda war natürlich die Stigmatisierung der FDP als Vaterlandsverräter mit der Aussicht auf Strafffreiheit bei Wiederaufnahme der Koalitionsgespräche. „Die Tür steht weit offen!“ rief mehrmals pathetisch Ursula von der Leyen aus. Und der Anton.
Ganz erhellend am Rande, wie die TV-Bilder „danach“ zustande kamen. Als erster stand Lindner mit der Bekanntgabe des Scheiterns vor den Kameras, was bedeuten könnte, die FDP sei Hals über Kopf aus dem Verhandlungszimmer gelaufen. Von wegen. Die Liberalen hätten „sich von jedem per Handschlag verabschiedet“, so Kubicki, und man habe auf die anderen gewartet für einen gemeinsamen Auftritt, aber da habe er den Horst gehört: Lass uns mal lieber hierbleiben.
Leider können wir uns immer noch kein konkretes Bild von den Täuschungen und Tricksereien der letzten vier Wochen machen, das verhinderte nicht zuletzt die Moderatorin der Sendung. Was uns zur Moderatorin von Jamaika führt. Vielleicht sei es nicht so sinnvoll „100.000 Themen mit 50.000 Beteiligten zu erörtern“, meinte Malu Dreyer zum Verhandlungsstil der Kanzlerin. (Da gab es eine sozialliberale Koalition.) „Kleinere Gruppen wie in Schleswig-Holstein“ wären zielführender gewesen, ergänzte Kubicki. „Nein, nein!“ Der schon jetzt treue Anton wollte nichts auf seine neue Fast-Vorsitzende Merkel kommen lassen. Die habe sich, seiner „Beobachtung nach durchaus bemüht“. Dass das Zeugnis „stets bemüht“ direkt in die Arbeitslosigkeit oder Politik führt – das muss man dem schlichten Anton zugute halten – wusste er sicher nicht, woher auch?
Sodann wurde die FDP mittels Einspielfilm pathologisiert, als Partei mit Merkel-Trauma. Dass die FDP unter Westerwelle schlicht keine Traute mehr hatte, kam dabei nicht vor. Erst der kurze Einspieler mit Joseph Fischer 2005 („Schwarz, gelb, grün – wie bitte soll das gehen?“) erinnerte uns daran, dass auch die Grünen mal eine Gruppe mit richtigen Männern war, vor den Cems und Antons unter der Weiberknute. (Nein, wir sind trotzdem kein Freund von „Joschka“.)
Eher versehentlich kam sie dann dem wahren Jamaika-Problem gefährlich nahe mit der Feststellung: „Wenn wir links und rechts abziehen, müssen 70% doch eine Regierung bilden können!“ Vielleicht muss sie die Grünen zum abzuziehenden Links und Rechts rechnen, damit für die anderen 60% ein Schuh draus wird?
Irgendwann schwante Maischberger: „Was haben wir für ein Glück gehabt, dass Jamaika gescheitert ist!“ Schlecht für Malu, denn nun stand die SPD am Pranger. „Der Bundespräsident und der Bundestagspräsident“, hob Tina Hassel bedeutungsschwer an, „mahnten zu Verhandlungen“. (Ach, Tina, das sind doch nur Steini & Schäuble in neuer Garderobe.)
Malu paddelte wie ein Nichtschwimmer: „Wir wollen gestalten“, als habe sie vergessen, dass die SPD noch nie so viel „gestalten“ konnte, wie unter der zuletzt sozialdemokratischen Kanzlerin. Dann wurde gemeldet, dass Schulz seinen Termin beim Genossen Frank-Walter verschoben habe. (Vielleicht wartet er auf ein persönliches berufliches Angebot, das er nicht ablehnen kann?)
Neuwahlen fürchten alle. Weil, wie Bild-Blome bildmäßig formulierte, „keiner weiß, ob er nicht zu Hackfleisch verarbeitet wird“. Das letzte Wort lassen wir Ursula: Eine Minderheitsregierung sei schwach, wenn „von außen Katastrophen“ kämen. „Dann brauchen wir eine starke Regierung“. (Die hatten wir in den letzten vier Jahre doch auch nicht, murmelten wir leise, als wir den Aus-Knopf drückten.)