Tichys Einblick
Stürzt Trump die Welt ins Chaos?

Maischberger: Donald ist an allem Schuld! Oder an fast allem. Oder auch nicht.

Früher war die Welt friedlich, die Menschheit glücklich und die EU und die UNO eifrig bemüht. Dann kam Donald Trump. Willkommen bei Sandra Maischberger.

Screenprint: ARD/maischberger

In der Ankündigung zur Maischberger-Sendung mit der wahnsinnig überraschenden Frage „Stürzt Trump die Welt ins Chaos?“ stand noch der Satz: „Die vom US-Präsidenten angeordnete Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem hat jetzt zu den blutigsten Unruhen in Gaza seit Jahren geführt.“ Der unbedarfte Zuseher soll denken, wie kann der Trump da nur die eigentlich friedliebenden Palästinenser, die der Zuschauer sich wohl wie eine Art Bund der Heimatvertriebenen bei uns vorstellen soll, nur absichtlich derart auf die Palme bringen? Wo die sich doch (im Unterschied zu unseren Heimatvertriebenen) so leicht aufregen.

In der Sendung hat man dann allerdings auf die ganz platte Stimmungsmache durch entsprechende Einspieler verzichtet. Selbst Oskar Lafontaine, 74, der im Alter wieder mehr den Ideen und Gedanken seiner Jugend nachhängt, wie wir noch sehen werden, sprach zwar von der Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem als einer törichten Idee, mochte Trump aber doch nur eine „Mit“-Schuld an den arabischen Toten geben.

Antonia Rados findet es unerhört, dass Trump „keine Worte des Mitleids für die 80 Toten“ gefunden habe. Antonia Rados? Doch, die kennen Sie! Antonia Rados bekam und nutzte ihre Chance vor vielen Jahren, als es als neu und dramatisch galt, Frauen aus Kriegsgebieten berichten zu lassen. Eine doppelte Quotenfrau sozusagen. Welche Erkenntnisse hat sie am Ende mitgenommen über die Welt? Anscheinend steht die auf „starke Männer“. Und „starke Männer“ interessieren sich nur für „starke Männer“ (Trump für Putin, Erdogan und umgekehrt), aber „starke Männer“ interessieren sich nicht für „hilflose Palästinenser“.

Alan Posener ist mit 69 das, was man einen alten 68er nennt. Kader des Kommunistischen Studentenverbandes und der maoistischen KPD-AO, Lehrer, dann Autor von Büchern über John Lennon, Elvis Presley und Maria (ja, die Mutter vom Jesus), schließlich Redakteur der „Welt“. Ein solcher Mann argumentiert natürlich nicht so schlicht über die Weltlage wie etwa ein Politiker. Der verpackt das so geschickt wie unterhaltsam. Zunächst lobt er Obama über den grünen Klee, als „urbanen, intelligenten und anständigen Menschen“ – und dann kommt der Spin. Was hat Obama erreicht, etwa im Nahen Osten? Nix! Eine Katastrophe hinterlassen habe der Friedensnobelpreisträger. „Wir brauchen vielleicht“, räsoniert Posener, der seinen Shakespeare gelesen hat, „jemanden, der nicht Hamlet ist“, der nicht ständig alles abwägt. Nun, Hamlet ist der Donald nicht.

Posener stört sodann mit der deutlichen Bemerkung – „Gaza hat mit Trump nichts zu tun“ – die öffentlich-rechtliche Agenda. Jedes Jahr um diese Zeit veranstalte die Hamas diesen Ansturm auf die israelische Grenze, und meistens folgten die entsprechenden Fernsehbilder. (Selbst auf Wikipedia finden sich für Interessierte Beiträge zum „Tag des Bodens“ oder zum „Marsch der Rückkehr“.) Inzwischen nutzt die Hamas den Aufruhr an der Grenze eiskalt für ihre Zwecke: Für Fernsehbilder, die ihnen finanziell wie politisch äußerst nützlich sind (Erdogan hat für Freitag eine große Islamkonferenz einberufen). Posener wusste zu berichten, dass israelische Scharfschützen in den letzten Tagen, 20 bekannte Hamasführer liquidiert haben.

Seit 1950 nennt Israel Jerusalem seine Hauptstadt, seit 20 Jahren versprechen die USA, ihre Botschaft dorthin zu verlegen. „Wie ein ewiges Heiratsversprechen“, sagte Sabrina Fritz, leitende Wirtschaftsjournalistin des SWR. „Trump hat mit dem Gewürge aufgehört.“ Hoppla! Da haben die ÖR-Journos tatsächlich noch ein paar selbstständig denkende Geister in ihren Amtsstuben versteckt! Eine Ohrenweide.

Für das übliche Trallala war ein CDU-Mann namens Jürgen Hardt zuständig, Beispiel Iran-Abkommen, das Trump aufkündigte: Das sei doch wenigstens „ein Spatz in der Hand“ gewesen. Aber er wollte auch nicht sagen, dass es ein tolles Abkommen gewesen sei. Am meisten geschockt hat ihn aber offensichtlich, dass Trump Nachbesserungen des Vertrages, an denen EU-Unterhändler mit Amerikanern herumgewurstelt haben, „Gespräche auf Staatssekretär-Niveau!“, wie Hardt entrüstet feststellte, eiskalt ignoriert habe. Für den außenpolitischen Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion stellt sich die Welt anscheinend als eine endlose Abfolge von Konferenzen, Ausschüssen und Spesengelagen dar – außer seine Chefin gibt klare Anweisungen.

Nun war das Abkommen kein Vertrag, Obama hat die Übereinkunft nie dem Kongress zur Ratifizierung vorgelegt, und er wusste wohl, warum nicht. An dieser Stelle wollen wir kurz Oskars Weltsicht zusammenfassen: Amerika unterhält 800 bis 1.000 Stützpunkte auf der Welt, führt ständig Gas- und Ölkriege. „Verschwörungstheorie?“, fragte er dann kokett. Das sei im Gegenteil „offenkundig“. Posener konterte das mit „AfD“ und „Die Amerikaner brauchen das Öl des Iran nicht, wir brauchen das Öl.“ Schließlich fühlten sich auch „alle arabischen Staaten von einer iranischen (schiitischen) Atombombe bedroht. Wir wollen das hier nicht abschließend klären, führen aber Oskars zweites Gedankengebäude vor: Im Westen wie im Osten herrschen Oligarchen-Systeme. Im Westen gibt’s dazu noch rechtsstaatliche Ordnung. Wenn man nicht in Systemen denkt, fällt man auf Propaganda rein! Wir schlagen an dieser Stelle spontan eine Sondersendung vor.

Auf die Frage, wie sich die deutsche Industrie bei den Sanktionen gegen den Iran wohl verhalten würde, rechnete Sabrina der Sandra kurz vor: Deutschland – Iran, wenig Business. Deutschland – USA, viel Business. Was meinen Sie, wie die Industrie sich verhält? Sabrina, die Trump nach Saudia-Arabien begleitete („Der war von Pomp, Palästen und Gold tief beeindruckt“), erkannte sogar einen cleveren Schachzug des unterschätzten Amerikaners: Die EU-Politiker in den Allerwertesten getreten (die hatten nämlich das Iran-Abkommen maßgeblich zusammengeschustert), und die Wirtschaft eingenordet, „ich weiß gar nicht, ob ihm das allein eingefallen ist“.

Jürgen von der Union, steht felsenfest zum „Club der 27 Stühle – keine klare Meinung“ und glaubt, dass die Amis sich selber ins Aus schießen. Ach, die EU! Da hatte sogar Obama keine Lust mehr drauf und suchte den Zusammenschluss mit Asien. Und nu? Mit Russland gehen? Gerd Schröder wurde eingespielt mit seinem Arbeitgeber Putin. „Da hat er recht“, sagte Oskar („nicht damit, dass er sich verdingt hat!“). Posener brachte dann die Krim und, dass Putin die EU zersetzen wolle und Le Pen, Orban „und die AfD“ unterstütze. „Ohne Putin hätte es keinen Syrienkrieg gegeben und keine Flüchtlinge“, glaubt Antonia Rados. Für Jürgen ist Putin ein „Kaiser ohne Kleider“, was besonders spaßig aus dem Mund eines Gefolgsmannes einer nackten Kaiserin klingt.

Weil gestern Kim Jong-un beleidigt drohte, das Treffen mit Trump platzen zu lassen, kamen die Trump-Gegner nicht in die Verlegenheit, den US-Präsidenten uneingeschränkt loben zu müssen. Oskar hat sogar ein bisschen Angst vor ihm. Antonia will abwarten, ob „der in sechs Monaten überhaupt noch im Amt“ ist. Sabrina meinte, bisher sei er recht erfolgreich. Kurzfristig top. Langfristig? Schaun mer mal.

Die mobile Version verlassen