Tichys Einblick
„Zwei gesunde Fäuste und ein Nothammer“

Maischberger: Baum im Traum, Kommissar, Mutter und Kiosk-Boss voll im Leben, Politik daneben

Schon das Thema hirnrissig formuliert: „Angst auf der Straße: Muss der Staat härter durchgreifen?“ Soll der Staat gegen die Angst durchgreifen? Gemeint war wohl: Der Staatsfunk greift gegen die Angst durch.

Screenprint: ARD/maischberger

Da hatten wir vorher noch mal kurz über ein paar Geschehnisse des Tages geblättert, um im eigentlich suggerierten Thema zu sein und hatten nach wenigen Minuten schon mehr Beispiele als gewünscht parat – „Halle: Dunkelhäutiger schlägt Mann grundlos Bierflasche über den Kopf“, „Baunatal: Duo droht mit Messer und beraubt Kind und junge Männer“, „Bonn: 23-jährige von 18-jährigem Syrer vergewaltigt“ „Wuppertal: Raubüberfall. Junger Mann hält Radfahrer Messer an den Hals“, „Witten: Toter nach Streit“, „Augsburg: 15 junge Männer attackieren Passanten“ – womit Gründe für „die Angst auf der Straße“ eigentlich ausreichend belegt wären, und auch die Antwort auf die Frage „Muss der Staat härter durchgreifen?“ mit einem eindeutigen „Ja!“ zu beantworten. Wie naiv wir waren!

Meinung statt Studienergebnis
Zur Entwicklung der Gewalt in Deutschland – Anmerkungen zur Studie von Prof. Pfeiffer
Bei Thomas Feltes, Typ gemütlicher alter Herr mit grauem Schnauz, kommt einem sogleich der Satz von Ludwig Thoma in den Sinn: „Er war Jurist und auch sonst von mäßigem Verstand“. Jetzt ist er dazu noch Kriminologe, hat alle Daten (von den Landespolizeibehörden schon im Vorfeld frisiert und zurechtgekämmt) ausgewertet und verkündete das Ergebnis: Es gibt keine Zunahme der Kriminalität. Es gibt eigentlich überhaupt keine Kriminalität. Nur soziale Ungerechtigkeiten. Und Ängste. Vor Altersarmut, wegen der Gesundheit. Weil er den ganzen Tag mit Zahlen zu tun hat, brachte Feltes uns auch eine mit: Die Sorge, dass einem etwas passiert, ist 60 x höher als die Wahrscheinlichkeit, dass einem was passiert. Klingt wie die Pfeife mit drei „f“ und einem „r“, finden Sie nicht auch? Da wollen wir ihn nur noch kurz erwähnen, und dann auch Pfeiffer Zwo nennen.

Der Berliner Hauptkommissar und Polizeigewerkschafter Bodo Pfalzgraf hätte dem Zahlentrixxer schön den Kopf waschen können mit seinen Statistikmärchen, aber der Herr Kommissar war mit Maulkorb angereist. Ein einziges Beispiel, das die Berechnung von Pfeiffer Zwo ad absurdum führte, erlaubte er sich denn doch: „Wenn Sie keine Polizisten mehr in den Görlitzer Park schicken, haben Sie auch weniger Drogenkriminalität in der Statistik.“ Capiche? Aber dette wars auch schon, ick will ja nich ufffallen. Imma schön die Beene stille, wa? Pfalzgraf ließ uns wissen, dass nach einem Notruf mancher Einsatz unter dem Codenamen SUSI läuft – Einsätze nach subjektiven Sicherheitsaspekten. Vulgo: Falscher Alarm. Ängstlicher Spinner.

Warum überhaupt der ganze Aufriss der Sendung? Der Jensemann (Spahn) von der CDU hatte irgendwas von Recht und Ordnung losgelassen, die Empörung war groß, und Maischberger am Start. Da durften auch zwei Vertreter des ersten Standes (Parteiadel!) nicht fehlen. Seinen Auftritt hatte ein stolzer Junghirsch der Union, namens Philipp Amthor, 25, der berühmt geworden war, weil er im Bundestag eine angeblich total tolle Rede gegen die AfD gehalten hatte. Philipp fand alles großartig, was der Jens Spahn gesagt hatte, und was der Armin Laschet sagte, auch. Sogar die Statistiken von Pfeiffer Zwo gefielen ihm gut, „aber wenn ein Landwirt in meinem Wahlkreis an der Grenze zu Polen drei mal ausgeraubt wurde, interessiert den die Statistik nicht“, musste Amthor schmerzlich erfahren. Schon bei seiner Abfahrt zum Sendestudio wussten „Bürger meines Wahlkreises, jetzt wird wieder alles schöngeredet.“ Blöd sind sie nicht in MeckPomm.

Während man sich bei Amthor durchaus noch Hoffnungen machen kann, ist bei Gerhart Baum Hopfen und Malz verloren. Mal ist er mit „Wir müssen den Leuten sagen, die Angst ist unberechtigt“ bei Claudia Roth, dann zeigt er sich aber auch besorgt bei Stadtteilen, die verlottern, weil sich da sonst etwas einnistet.“ Aber eigentlich ist er meistens in seiner guten, alten Zeit, als er den „Großen Lauschangriff gegen Organisierte Kriminalität“ bekämpfte, weil der gegen „die Menschwürde“ sei. Also ganz weit weg vom Deutschland 2018.

Stadtverwahrlosung
Köln Ebertplatz: Innenstädte, wo Politik und Medien nicht hinsehen
Mitten drin, statt nur dabei ist Hayko Migirdicyan, gebürtiger Kölner, der am Ebertplatz einen Kiosk betreibt. Der Ebertplatz ist, ach, lassen wir es Herrn Migirdicyan selbst erklären. Seit 25 Jahren Hotspot. Früher Heroin. Aber es war nie so heftig wie heute. Mittlerweile werden Außenstehende angegriffen. Elfjährige Mädels bedrängt. Die Täter sind hauptsächlich Schwarzafrikaner aus Guinea. Bandenkriege. Zuletzt einer abgestochen. Das passte natürlich nicht ins Wolkenkuckucksheim vom alten Baum. Er habe heute noch bei der Polizei in Köln angerufen, der Ebertplatz sei wieder beruhigt, habe man ihm, dem Innenminister von Anno Dunnemals, gesagt. (Wir tippen auf SUSI, s.o.) Hayko Migirdicyan hat, wenn wir es richtig verstanden haben, mal Japanologie studiert, jedenfalls aber interessiert er sich für die japanische Kultur, und hat das Land häufig besucht. Vielleicht fand er da die Kraft, das Geschwätz um ihn herum stoisch zu ertragen. Jedenfalls sprach er nur, wenn er gefragt wurde, und dann ruhig und überlegt.

Maischberger, die Baums Intervalle gnädig überging, wollte wissen, ob Hayko in seinem Kiosk keine Angst habe. Nein, er habe stattdessen „zwei gesunde Fäuste und einen Nothammer“ – in dem Satz liegt leider verdammt viel Wahrheit. Hilf Dir selbst, dann hilft Dir Gott. Oder die Polizei? „Die Polizei tut mir leid“, sagte der Mann vom Kiosk. „Der Dealer, den sie morgens festnehmen, ist am Mittag wieder da.“ Wie wollen die da Respekt bekommen? Zuletzt wurde ein Polizist bei einer Kontrolle mit einer Kopfnuss niedergestreckt.

Emitis Pohl, Unternehmerin, sorgt sich um die Sicherheit ihrer zwei Teenager-Töchter, hat die Familie mit Pfefferspray versorgt. Die Halbperserin ist in der CDU, betreut einen Afghanen als Patin (den sie in Deutschkurse zwingt) und fordert: „Die Kriminellen härter bestrafen und abschieben.“
Baum: „Wir hatten 50 Strafrechtsverschärfungen.“
Kommissar Bodo: „Die werden nicht angewandt.“
Pohl: „Die Verbrecher lachen uns doch aus.“

Zum Abschied schauen wir noch mal auf eine frische Zeitungsmeldung aus Cottbus. Zwei „Flüchtlinge“ hatten einen 16-jährigen Jungen mit einem Messer angegriffen. Das Opfer erlitt Schnittverletzungen im Gesicht und an der rechten Hand. Ein Täter muss „unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung für 16 Tage in Jugendarrest und 60 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Ein anderer wurde zu 20 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Da lachen die „Syrer”.

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