Da brat’ mir doch einer ’nen Storch – Philip Amthor ist wieder da! Es war ja einigermaßen ruhig geworden um ihn. Und das hat Gründe. Wir erinnern uns: Der Jungmann der CDU hatte, noch bevor er überhaupt 30 Lenze zählte, bereits einen handfesten Lobby- und Bestechungsskandal an der Backe, der die Offenheit des Meckpommers für pekuniäre Annehmlichkeiten des Politikerdaseins recht schonungslos offenbarte. Danach wurde Amthor für einige Jahre strategisch aus der Schusslinie genommen. Nun aber hält es die CDU offenbar für an der Zeit, ihn wieder aus der Versenkung zu holen.
Bei Maischberger darf er gegen Beatrix von Storch antreten, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion. Gute Wahl: Denn kaum jemand in der CDU ist rhetorisch so feingeschliffen und hartgesotten durchgecastet wie dieser Vorzeige-Ossi. Und niemand sonst kann zugleich die Unausgegorenheit seiner Partei und die Überheblichkeit des CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz derart treffsicher in einer Person manifestieren wie der 32 Jahre alte Amthor, der doch wie Mitte Fuffzich wirkt, Frau, Affäre, zwei Kinder, Modelleisenbahn und samstags Autowaschen. Respekt und Anerkennung an der Stelle.
Als Maischberger die Frage in den Raum stellt, ob denn eigentlich eine Koalition aus CDU und AfD denkbar wäre, schallt uns Friedrich Merz in Dolby-Surround entgegen. „Das ist nicht der Wählerwille“, bollert Amthor, „sondern das ist vielleicht der Traum von Frau Weidel. Mit dem Wählerwillen hat das nichts zu tun.“ Muss er sagen. Denn dafür wird er bezahlt – von seiner Partei und von wem auch immer noch nebenher. Er soll Merz ins Kanzleramt pushen, das wird sehr deutlich. Wie oft er sich „darüber freut“, dass der Ex-Blackrock-Manager bald Kanzler sein möge, ist schon einigermaßen auffällig. Hat Merz, der Amthor vermutlich in die Sendung abgeordert hat, ihn womöglich bereits mit einem Ministeramt geködert? Für Gefälligkeiten ist Amthor ja immer offen, wie die Augustus-Affäre sehr deutlich zeigte.
Von Storch kann rhetorisch nicht ganz mithalten. Sie wirkt müde. Hinzu kommt, dass Maischberger sie ständig unterbricht und mit penetranten Zwischenfragen verhindert, dass sie auch nur einen klaren Satz zu Ende bringen kann. Es ist das übliche Spiel: Die AfD wird als Zielscheibe eingeladen. Mit den Inhalten wollen wir uns lieber nicht allzu lange aufhalten.
Als Amthor, um sich von der AfD zu distanzieren, die vielen Ordnungsrufe gegen die AfD im Bundestag als Argument anführt („Die Zahl der parlamentarischen Ordnungsmaßnahmen ist so hoch!“), kontert Storch nur dünn. Eine Alice Weidel hätte sicher einige kritische Punkte angeführt: Dass der AfD seit Jahren der ihr zustehende Platz im Präsidium des Deutschen Bundestages von den anderen Parteien verwehrt wird. Dass genau dieses Präsidium vor allem ständig die AfD rügt. Und dasselbe Präsidium die Zwischenrufe der anderen, „demokratischen Parteien“ – allzu oft ungerügt lässt.
Doch Weidel kann die Füße hochlegen. Amthor demaskiert sich und seine Partei ganz ohne fremde Hilfe. Er feuert die altbekannten Salven ab, eine Parade der Platzpatronen. „Die AfD freut sich darüber, wenn es Deutschland schlecht geht.“ Oder über eine mögliche Kanzlerin Weidel: „Deutschland würde sich absolut isolieren.“ So, als ob die CDU-Brandmauer gegen die AfD auch nur irgendjemand anderes interessieren würde außer der CDU.
Amthor tritt erstaunlich selbstsicher auf. Ganz schön sportlich, eingedenk der Tatsache, dass er nicht einmal den vermeintlich menschengemachten Klimawandel korrekt einordnen kann und sogar die Tatsache abstreitet, dass die umstrittene Taurus-Mittelstreckenrakete, die Merz samt deutschem Bedienpersonal in die Ukraine liefern will, überhaupt Ziele in Moskau erreichen kann („Das ist doch falsch!“). Dass eine solche Eskalation Deutschland überdies zum direkten Kriegsbeteiligten machen würde, kommt überhaupt nicht zur Sprache.
Stattdessen geht es darum, warum der AfD-Politiker Björn Höcke denn wohl zuerst nach Moskau reisen würde und nicht nach Washington, oder warum die AfD das Ende der Europäischen Union fordere. Von Storch besteht mehrfach darauf, dass Maischberger aus dem Parteiprogramm an dieser Stelle doch bitte nicht nur den ersten Halbsatz zitieren möge, sondern den gesamten Satz. Es gehe nicht um das Ende Europas, sondern um die Gründung einer neuen europäischen Union. Es fällt ihr jedoch schwer, mit diesem klaren Argument durchzudringen. Amthor und Maischberger geben mit zahllosen Unterbrechungen ihr Bestes, damit der Einwand doch unerhört versickern möge.
Die drei „einordnenden Journalisten“ (Sendungsbeschreibung) können an diesem Abend kaum Erhellendes von sich geben. Ulrich Wickert urteilt etwa über Elon Musk: „Dieser Musk, der ja eigentlich ein undemokratischer Milliardär ist.“ Und Maischberger setzt noch einen drauf: „Ein nicht demokratisch gewählter Milliardär.“ In der Welt der ARD werden eben Milliardäre gewählt. Wolfram Weimer, ein auf vielen Kanälen herumflatternder Journalist beschreibt seinen Freund und bayerischen Ministerpräsidenten und Merz-Querschläger: „Markus Söder ist das zu Fleisch gewordene Trendforschungsinstitut.“ Nun gut, auch das nicht eben eine Neuigkeit, eher ein Freundschaftsdienst für den Radfahrerfreund vom Tegernsee.
Die Deutschlandfunk-Journalistin Katharina Hamberger hat es offenbar nicht so mit Wirtschaft und Zahlen. Musk ist für sie „ein Milliardär, der gerade ein soziales Netzwerk in Grund und Boden gewirtschaftet hat“. Ziemlich steile These für die Journalistin eines zwangsfinanzierten Senders, der noch nie eine Mark oder Euro erwirtschaftet hat. Die reinen Zahlen über X, ehemals Twitter, sprechen eine völlig andere Sprache.
Lustig, aber auch nachdenklich, wird es nochmal, als Kabarettist Mathias Richling dran ist. Er empfindet die gesamte aktuelle Politiker-Riege als „zickig“. Er kann nicht verstehen, dass „aufgrund von Meinungsäußerungen schon Klagen eingereicht werden von Frau Strack-Zimmermann und von Herrn Habeck“. Sie würden damit die Beleidigungen schließlich erst bekannt machen. Richling ist fassungslos: „Frau Strack-Zimmermann hat 1.900 Klagen laufen!“
Auch für den Kanzler hat Richling noch einen Pfeil im Köcher: „Scholz hat es nie nach oben geschafft, er ist einfach stehengeblieben, und die SPD ist an ihm vorbei nach unten gesackt. Im Grunde hat sich Olaf Scholz nach oben geschlafen.“
Maischberger ist überfordert: „Okay, da muss ich nachdenken. Das ist ’ne Sicker-Pointe.“
Absolut korrekt: Das war eindeutig zu anspruchsvoll für diese Sendung.