Wer immer noch der Hoffnung nachhängt, mit Friedrich Merz könnte die CDU vom grünen Pfade abweichen, der sollte diese begraben. Im Spitzengespräch traf der Parteichef einer vormals konservativen Partei auf den SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil. Dabei legte Merz zunächst gekonnt den Finger in die Wunden der linken Ampelpolitik. „Allenfalls Vier Minus“, lautete sein mäßiges Zeugnis für die Koalitionäre.
Den vollzogenen Atom-Ausstieg findet Merz falsch. „Wir werden einen Preis zahlen“, konstatierte der Oppositionspolitiker. Rein ideologische Gründe hätten zu diesem Schritt geführt. Die Regierung habe es versäumt, eine Kurskorrektur in Sachen Atomkraft nach Putins Einmarsch vorzunehmen. Etwas Rest-Vernunft ist der CDU also geblieben. Der SPD-Chef nahm die Kritik stoisch zur Kenntnis. Die Koalition müsse besser arbeiten, ja, aber durch massive staatliche Hilfsprogramme wären die Menschen gut durch den schwierigen Winter gekommen. So einfach geht das: Wenn was nicht passt, wird die Staatsverschuldung erhöht.
Merz hatte zuvor seine Sorge über zurückgehende Industrieproduktion in Deutschland aufgrund der Ampelpolitik zum Ausdruck gebracht. Einen Gang höher schaltete Merz, als es um die Förderung des geplanten Zwangswechsels von funktionierenden Heizungen zu fragwürdigen Strom-Wärmepumpen ging. Da verspricht die Ampel großzügige Förderung. Er wisse von keiner Förderung, schnaubt Friedrich Merz mit Inbrunst. Auch Maischberger piekste nach. Klingbeil versicherte jedoch, man werde sich in der Koalition auf eine Förderung einigen. Also auch hier: Höhere Staatsverschuldung ist die Lösung, versprochen, alles wird gut.
Wie weit auch die Sozialdemokratisierung der CDU vorangeht, zeigt sich bei einem Frageschnelldurchlauf von Maischberger. Die CDU würde über höhere Steuern für Gutverdiener diskutieren, hält sie Merz vor. Dem letzten marktliberalen Wähler der Union mag ein Schreck durch Mark und Bein gefahren sein. Ansonsten fiel bei Merz auf, dass er wohl von einer schwarz-grünen Koalition unter seiner Führung träumt. Die Regierung würde zu wenig für den „Klimaschutz” tun. Zwar wäre die Heizungssanierung ein Mittel der Brechstange, aber alles in allem der richtige Weg. Nach der Ampel dann zukünftig eine Kiwi-Koalition? Auweia, Wirtschaftsstandort Deutschland, glatt und geebnet ist der Weg der CDU zu den Grünen. Die CDU wird zur Mitmachpartei; braucht man so was?
Schlingerkurs in Sachen Atomkraft und Heizung
Quizmaster Jörg Pilawa, taz-Kolumnistin Sabine Rennefanz und Journalist Michael Bröcker durften bei Maischberger als kritische Kommentatoren ran. Dies taten sie überraschend auch. Auf Habecks irre Äußerung zu ukrainischen AKWs angesprochen, die trotz Bomben und Fakten weiterlaufen dürfen, „weil sie halt schon gebaut sind“, entgegnete Michael Bröcker ironisch-böse: „Ich bin selten so nah bei Robert Habeck. Ersetze Ukraine durch Deutschland!“ Nach den Volten der Union in Sachen Atomkraft gefragt, analysierte Sabine Rennefanz Schlangenlinien der Union in der Energiepolitik. Der Atomausstieg führe zu mehr Kohlestrom. Für sie eine absurde Position, da Atomkraft eine grünere Brückentechnologie auf dem Weg zur Klimaneutralität wäre. Auch Quizhaudegen Pilawa hätte die AKWs vorübergehend behalten. Ist aber insgesamt über die Debattenkultur rund um Atomkraft enttäuscht.
Es scheint, als hätte sich das Blatt in der politisch-medialen Szene gedreht. Der Alternativlos-Kanzlerin wird an diesem Abend nur noch von Lars Klingbeil zum Orden gratuliert. Eigentlich auch logisch. Schließlich ist sie die erste sozialdemokratische Würdenträgerin. Friedrich Merz windet sich um die Gratulation herum wie sonst nur die SPD um die Pleiteerklärung in Sachen Wirtschaftspolitik. Gratulieren will er nicht, das Versagen von 16 Jahren Merkel-Regierung kann er nicht formulieren. Irgendwie logisch. Nur erhält er dafür Prügel umgehend von Zuschauern aus der Merkel-Fraktion seiner Partei – und höhnisches Gelächter von Merkel-Verächtern. Wie es eben so ist, wenn man unentschieden bleibt.
Baerbock ist der Elefant im China-Laden
Zum Einzelgespräch über Deutschlands China Politik hatte Sandra Maischberger die Politologin Daniela Schwarzer geladen, deren Job und Worte von der Soros-Stiftung „Open Society Foundation“ finanziert werden. Schwarzer lobte die sonst gern als tapsig wahrgenommene Außenministerin für ihre klare Kante gegenüber China. Die Chinesen wären nicht erfreut darüber gewesen. Doch dieses diplomatische Daneben mit dem ziemlich wichtigen Wirtschaftspartner China deutete sie zu einem Erfolg für Baerbock um. Denn schließlich hieße dies, dass Frau Baerbock in China ernstgenommen würde.
Besorgniserregend, als Maischberger in einer Frage erwähnte, dass der VW-Konzern seine führende Marktstellung in China verloren hätte. Für die Politologin ist die mangelnde E-Mobilitätsstrategie der Autobauer schuld. Die politische Aufgabe des Technologievorsprungs beim Verbrenner durch die EU erwähnt sie nicht.
Was bleibt von Maischberger? Der politisch-mediale Diskurs in Deutschland beginnt sich zum Warm-Up für eine mögliche schwarz-grüne Koalition zu verändern. Das Projekt Ampel scheint seinen Reiz verloren zu haben. Auf der Strecke könnte die SPD bleiben und die von der Ampel produzierten Probleme für Konsumenten, Jobs und Wirtschaft? Die bleiben auch. Das garantiert Friedrich Merz.