Tichys Einblick
Aiwangers Sprung in die Bundespolitik?

Bei Maischberger: Aiwanger grillt grünen Al-Wazir

Aiwanger hält den Atomausstieg für unverantwortlich. Der Chef der Freien Wähler sieht in den Grünen gesellschaftliche Spalter und fordert einen Atom-Einstieg. Und wie Friedrich Merz die Leitkultur wieder zum Thema macht. Von Fabian Kramer.

Screenprint ARD

Inflation, Krieg in der Ukraine und Rezession treffen die deutsche Wirtschaft hart. Die Antwort der deutschen Politik auf die globalen Krisen ist der Atomausstieg, gefolgt vom Kohleausstieg. Wenn in naher Zukunft ein Historiker ein Datum für den Anfang vom Niedergang der Volkswirtschaft festmachen will, wird der Tag der Abschaltung der letzten AKWs ganz vorne in der Verlosung sein. Als energiepolitischer Geisterfahrer vernichtet die Bundesregierung mitten in turbulenten Zeiten Volksvermögen in Milliardenhöhe. Die deutschen Atomkraftwerke als technologische Weltspitze hatten ihre besten Jahre noch vor sich. Wie gefährlich die verblendete Ideologie der Grünen für die deutsche Wirtschaft sein kann, verdeutlicht der Talk bei Maischberger. Mit Hubert Aiwanger trifft der gesunde Hausverstand auf grüne Realitätsverweigerung mit Tarek Al-Wazir. Stück für Stück zerstört Aiwanger jedes grüne Narrativ und sorgt für beste Unterhaltung.

Aiwanger hält AKW-Aus für unvernünftig

Anders als man vermuten könnte, ist Hubert Aiwanger kein glühender Kernkraft-Anhänger. Der Niederbayer sieht in der Kernkraft viel mehr eine realpolitische Notwendigkeit. „Ich bin kein Atom-Fetischist, ich bin Pragmatiker“, beschreibt er sein Verhältnis zur Kernkraft. Früher traumatisiert durch Tschernobyl und Fukushima, sei in ihm die Einsicht zur Notwendigkeit von AKWs durch die Konfrontation mit den globalen Krisen gewachsen, sagt Aiwanger. Bei den Grünen sei allerdings auch in Krisenzeiten kein erkenntnistheoretischer Fortschritt eingetroffen, bemängelt er. „Die Grünen waren gegen Atomkraft und sind es noch immer“, analysiert der Freie Wähler. Ideologische Partikularinteressen werden über gesamtgesellschaftliche Notwendigkeiten gestellt.

So ist es auch nicht verwunderlich, dass der grüne Tarek Al-Wazir den AKW-Stopp positiv sieht. „Ich bin froh, dass wir draußen sind“, frohlockt der Hesse. Laut Al-Wazir hätten sich alle Schreckensszenarien nicht bewahrheitet. Es gebe Versorgungssicherheit, günstige Energie und weniger dreckigen Strom, meint der Grüne. Allerdings stimmt seine Rechnung nur auf den ersten Blick. In Wahrheit verdankt sich die Versorgungssicherheit der Kernkraft und der Kohlekraft der anderen EU-Länder. Ohne die europäischen Partner wäre Deutschland dem Blackout schutzlos ausgeliefert. Sauberer konnte der Strom auch nur werden, weil die deutsche Industrie sich auf Talfahrt befindet. Würde das Land ökonomisch auf Volllast laufen, müssten Kohle und Gas auf Anschlag verstromt werden. Nur durch grünes Schrumpfen kann die Bundesregierung den Energiebedarf decken. Mit dem Verlusst von Wohlstand bezahlt die Bevölkerung den elitären Wunschtraum der Klimaneutralität.

Die grünen Spalter

Das gesamtgesellschaftliche Gemüt ist feurig erhitzt. Es brodelt in der Bevölkerung. Eine verfehlte grüne Politik verursacht großen politischen Flurschaden. Auch Hubert Aiwanger nimmt die frustrierte Stimmung der Menschen wahr. „Die Bevölkerung ist gespalten“, findet Aiwanger. Schuld an der gereizten Atmosphäre im gesellschaftlichen Klima würden vor allem die Grünen tragen, meint er. Aus grüner Sicht sieht die Welt natürlich ganz anders aus. Denn der Kampf gegen Rechts lässt gar keine andere Beurteilung zu, als dass die „bösen“ Rechten die Demokratie zu spalten versuchen. „Die Rechtsextremen vergiften das politische Klima“, sagt Al-Wazir.

Mit Rechtsextremen meint Al-Wazir freilich die demokratisch gewählte und nicht verbotene Alternative für Deutschland. Doch da hat Al-Wazir die Rechnung ohne Aiwanger gemacht. „Es werden deutlich mehr AfD-Politiker angegriffen als andere Politiker anderer Parteien“, berichtigt er. Aber Al-Wazir bezichtigt nun Aiwanger selbst der Spalterei. „Man muss sich seine Wortwahl überlegen“, kritisiert der Grüne Aiwanger für dessen Erdinger Rede. Aiwanger nimmt jetzt richtig Fahrt auf. „Die Generalsekretärin der Grünen wollte sich die Demokratie zurückerobern“, kontert Aiwanger. Er könne nichts dafür, wenn im Bierzelt grüne Politiker ausgepfiffen würden. Das Bierzelt ist ein Spiegel der Wirklichkeit. Dort sitzen die einfachen und hart arbeitenden Bürger des Landes. Wer dort seine Quittung bekommt, handelt nicht im Konsens, sondern auf eigene Rechnung.

Alles in allem ist die Sendung vor allem wegen Aiwangers Attacken sehr kurzweilig. Der Bayer schafft durch seine unkonventionelle Kommunikation eine Kollision grüner Phantasmen mit der Realität. Er zerstört Stück für Stück grüne Narrative. Rhetorisch erlebt jeder Grüne zwangsläufig sein mediales Waterloo gegen Aiwanger.

Revival der Leitkultur

Regelt das Grundgesetz wirklich alle Aspekte des Zusammenlebens? Oder braucht es eine Leitkultur in Deutschland? Die CDU unter Friedrich Merz ist für eine Leitkultur. Schließlich forderte Merz diese schon Anfang der 2000er. Eigentlich ist eine Leitkultur eine logische Konsequenz aus dem Umstand, dass die Bundesrepublik ein Einwanderungsland geworden ist. Auch in den USA gibt es eine klare Leitkultur, ohne dass diese in den Bill of Rights stünde. Aber in Deutschland ist die Debatte verkrampft. „Die Leitkultur polarisiert“, bemängelt der frühere Sportreporter Bela Rethy. Auch die Zeit-Journalistin Yasmine M’Barek sieht den Begriff skeptisch. „Der Begriff Leitkultur ist rassistisch konnotiert“, moniert sie. Viele Linke empfinden es als rassistisch, wenn sich die Politik explizit an Einwanderer wendet.

Dabei ist die Leitkultur in der Integrationspolitik der aktuellen Regierung längst ein Teil. In staatlichen Integrationskursen geht es nicht nur um die landläufigen Gesetze, sondern es werden auch kulturelle Gepflogenheiten vermittelt. Es ist definitiv nicht rassistisch, wenn der Staat die hiesige Kultur vorgibt. Gibt es keine Leitkultur, warum sollte ein archaischer Islamist nicht sein Weltbild behalten wollen? Der Staat in Deutschland ist insgesamt viel zu nachlässig, was Forderungen an Zuwanderer betrifft. „Die CDU besetzt die Leitkultur positiv“, findet Welt-Journalistin Dagmar Rosenfeld. Positiver Patriotismus kann eine vernünftige Leitkultur sein, wie die USA sie pflegt. Dafür muss die Politik endlich verstehen, dass es das Land nach vorne bringt, wenn ein positiver integrativer Patriotismus vorgelebt wird. Die meisten Zuwanderer sind williger, sich patriotisch einzufühlen, als linke Politiker es sich wünschen. Die eigentliche Bremse der Leitkultur sitzt in der deutschen Politik und nicht bei den Migranten.

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