Tichys Einblick
Pensionen statt Programm

Luxus-Renten fressen den ÖRR auf

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist weitgehend nur noch eine große Pensionskasse. Ein abwegig hoher Anteil der Gebühren fließt in Renten-Rückstellungen. Deshalb – und wegen äußerst üppiger Gehälter – ist für das laufende Programm immer weniger Geld da.

IMAGO / Michael Gstettenbauer

„Mit dem Zweiten sieht man besser“: So wirbt das Zweite Deutsche Fernsehen ZDF für sein Programm. Angesichts der Ergüsse von Jan Böhmermann, Maybrit Illner oder Markus „Lauterbach“ Lanz könnte man trefflich darüber streiten. Eines ist aber unstrittig:

Mit dem Zweiten verdient man besser.

Das gilt schon während der aktiven Zeit beim Sender. Noch mehr gilt es danach. Vor allem die festangestellten Führungskräfte der öffentlich-rechtlichen Anstalt genehmigen sich seit vielen Jahren – und immer noch – Luxus-Pensionen.

Nur für die sechs Mitglieder seiner Geschäftsleitung ist das ZDF nach Recherchen des Branchendienstes „kress“ Verpflichtungen in Höhe von 17,2 Millionen Euro eingegangen. Das ist der sogenannte Barwert der Pensionsansprüche. Dieser Betrag muss durch Gebührengelder gedeckt werden, und durch den Zins- und Zinseszins-Effekt wächst er jedes Jahr exorbitant.

Von 2021 auf 2022 stieg die nur für Intendant Norbert Himmler zurückgestellte Summe von 430.000 Euro auf 1,49 Millionen. Im Jahr 2022 hat das ZDF damit für neue Pensionsverpflichtungen gegenüber dem Management insgesamt 3,6 Millionen Euro zurückgestellt – neben den Gehaltszahlungen, wohlgemerkt. Im Jahr 2023 sind dann noch einmal rund 746.500 Euro dazugekommen.

Damit hat das zwangsgebührenfinanzierte ZDF 2022 fast viermal so viel Aufwand für die Pensionsrückstellungen seines Intendanten gemeldet, wie man dem Mann als Jahresgehalt zahlt. Nachfragen dazu ließ der Sender offen.

Für die Pension von Chefredakteurin Bettina Schausten bilanziert das ZDF im Jahr 2022 einen „aufgewandten oder zurückgestellten Betrag“ in Höhe von 576.000 Euro. Der Barwert der Pensionsansprüche von Vorgänger Peter Frey betrug bei dessen Verrentung rund 4,3 Millionen Euro. Für Ex-Intendant Thomas Bellut werden 5,7 Millionen Euro angegeben.

Allein für diese beiden ausgeschiedenen Führungskräfte summiert sich der Pensionsaufwand also auf zehn Millionen Euro. Das entspricht den monatlichen Zwangsgebühren von 545.000 (!) Haushalten.

Als Führungskraft im ÖRR segelt man einem goldenen Lebensabend entgegen.

Von den Altersbezügen der Bosse in den Anstalten können Millionen Zwangsgebührenzahler nur träumen. Auch der MDR spart überall, aber nicht bei den Zusatzrenten für die Chefetage. Im Jahr 2023 hat der Sender für seine neun Top-Führungskräfte 20,7 Mio. Euro zurückgestellt. Zwei Jahre zuvor waren es noch 15,4 Millionen Euro. Das bedeutet eine Steigerung um satte 34 Prozent.

Besonders profitiert davon die frühere Intendantin Karola Wille. Für sie stehen 4,6 Millionen Euro bereit. Darüber berichtete zuerst die „Mitteldeutsche Zeitung“.

Die luxuriösen Rentenzusagen verschlingen einen immer größeren Teil des Sender-Etats. Dafür wird am Programm gespart: Bis Ende 2028 will der MDR seine Personalkosten um 47 Millionen senken, 284 Stellen sollen wegfallen. Weitere 47 Millionen sollen durch „Kooperationen mit anderen Sendern“ gespart werden – übersetzt: durch weniger eigenes Programm. Bei der Programmverbreitung sollen 20 Millionen gestrichen werden.

Auch der Südwestrundfunk SWR steht wegen seiner Pensionen kurz vor der Pleite.

In einem Sonderbericht zu „Betrieblicher Altersversorgung und Deckungsstöcken“ beim SWR für 2013 bis 2019 stellt der Landesrechnungshof Baden-Württemberg fest: Die Pensionszahlungen sind maßgeblich dafür verantwortlich, dass das Eigenkapital des Senders aufgezehrt ist.

Während im Jahr 2013 das Eigenkapital des SWR noch 346 Millionen Euro betrug, lag es 2022 bei MINUS 233 Millionen Euro. „Dies ist im Wesentlichen auf die jahrelang immer weiter gestiegenen Pensionsrückstellungen zurückzuführen“, stellt der Rechnungshof recht humorlos fest.

Rückstellungen in Höhe von unglaublichen 2,1 Milliarden Euro für künftige Pensionen bildeten schon 2019 den größten Passivposten in der Bilanz der Anstalt.

Besonders dreist ist der Rundfunk Berlin-Brandenburg RBB.

Der Mini-Sender aus der Hauptstadtregion hat seinen Direktoren eine knapp sechsstellige Summe pro Jahr für den Fall gewährt, dass ihre Verträge noch vor Eintritt ins Rentenalter nicht verlängert werden sollten. In manchen Fällen galt das lebenslang. Einige bekamen die Versorgung sogar nach nur einem einzigen (!) Arbeitstag.

So hatte ein Rechercheteam (lustigerweise ausgerechnet vom NDR) den Dienstvertrag des RBB-Programmdirektors eingesehen. Dort stand Schwarz auf Weiß: „Das Ruhegeld beträgt am Tag des eigentlichen Vertragsbeginns 45 Prozent der Basisvergütung und steigt mit jedem weiteren vollendeten Dienstjahr um einen Prozentpunkt bis zur Höchstgrenze von 60 Prozent der letzten vertraglich vereinbarten Basisvergütung.“

Bei einer Basisvergütung von 215.000 Euro jährlich gab es also nach nur einem Arbeitstag schon 8.000 Euro Ruhegeld monatlich – und das lebenslang.

Die chronische und von keinem Kontrollgremium gestoppte Verschwendungssucht des Senders ist nicht erst seit der Affäre um die besonders dreiste Ex-Intendantin Patricia Schlesinger bundesweit berüchtigt. Die schamlose Selbstbedienung bringt nun auch den RBB an den Abgrund: Jetzt soll sogar das Sendezentrum in Berlin verkauft werden, weil man so dringend frisches Geld braucht.

Luxus-Pensionen folgen auf Luxus-Gehälter.

Die Selbstbedienung beim ÖRR ist ein einziger riesiger Kontrollverlust. Die Aufsichtsgremien versagen komplett.

Die sogenannten Führungskräfte der Anstalten genehmigen sich selbst nicht nur geradezu unsittlich hohe Altersbezüge, sondern auch absurd üppige Gehälter im aktiven Dienst. Spitzenverdiener bei der ARD ist der Intendant des Westdeutschen Rundfunks WDR, Tom Buhrow. Er streicht jedes Jahr 413.000 Euro ein.

SWR-Chef Kai Gniffke – dessen Sender ja fast pleite ist – bekommt 392.000 Euro. ZDF-Intendant Norbert Himmler verdient 384.000 Euro im Jahr. ZDF-Chefredakteurin Bettina Schausten darf 265.000 Euro mit nach Hause nehmen.

Ob die Genannten irgendeinen Arbeitgeber in der freien Wirtschaft fänden, der bereit wäre, ihnen auch nur ansatzweise diese Summen zu zahlen? Also dort, wo es – anders als im ÖRR – einen Markt und Konkurrenz und Ergebnisdruck gibt?

Man muss wohl kein böswilliger Mensch sein, um da berechtigte Zweifel anzumelden.

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