Tichys Einblick
Transferempfängerpartei SPD

Bei Lanz: Lohnt sich Arbeit in Deutschland?

Unternehmen und Experten kritisieren horrende Sozialausgaben. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert verweigert aber die Debatte über Kürzungen des Sozialstaates. Und ist Scholz zu führungsschwach für Deutschland? Von Fabian Kramer

Es naht der Frühling, doch die Stimmung im Land ist in vielerlei Hinsicht wenig frühlingshaft. Ökonomisch fällt Deutschland immer tiefer in den Winterschlaf. Für das Jahr 2024 rechnen Experten mit miesen Wachstumsraten, wenn es denn überhaupt zu Wachstum kommt. Die OECD prognostiziert gar ein erneutes Schrumpfen der Wirtschaft.

Das Land ist an einem Kipppunkt angelangt. Gelingt nicht eine wirtschaftliche Trendumkehr, droht der Bundesrepublik ein rapider Verfall. Ein Silberstreif am Horizont ist immer noch der deutsche Mittelstand, der der Politik einiges voraus hat.

Grundkonsens ist Geld gegen Arbeit

Man sollte die Hoffnung nicht aufgeben, auch wenn es gerade politisch drunter und drüber geht. In der Lanz-Sendung gibt die pfälzische Chemie-Unternehmerin Martina Nighswonger dem SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert Nachhilfe in Sachen politischer Hausverstand. „Grundkonsens ist für mich: Geld gegen Arbeit“, erklärt sie bündig ihre wirtschaftliche Grundüberzeugung. Das ausufernde Bürgergeld hält sie für eine gravierende Fehlentwicklung. Für die Mittelständlerin zählt der Leistungsgedanke noch etwas. „Leistung muss sich lohnen“, fordert sie von der Politik.

An diesem Abend ist sie damit an den falschen Politiker geraten. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert möchte keine Debatte über ein zu hohes Bürgergeld führen und weicht aus. „Wir haben ein Gerechtigkeitsproblem in der unteren Lohngruppe“, kritisiert er. Aus seiner Sicht ist hauptsächlich durch ein zu geringes Gehalt der Abstand zum Bürgergeld nicht mehr gegeben. Durchaus eine richtige Erkenntnis, aber die 24-prozentige Erhöhung der Bürgergeldbezüge innerhalb kürzester Zeit ist derzeit die Hauptursache für das Gerechtigkeitsproblem. Die Löhne in Deutschland können nicht immer weiter steigen, nur weil die Politik das Sozialsystem ausbaut. Für Lohnsteigerungen braucht es positive wirtschaftliche Rahmenbedingungen wie Wachstum und Steigerung der Produktivität. Der Konkurrenzkampf der Löhne muss mit der ganzen Welt geführt werden – der Abstandskampf zum Bürgergeld muss aber nur in Deutschland geführt werden.

Eine positive wirtschaftliche Entwicklung ist momentan nicht zu verspüren, außer eben bei den Beziehern von Bürgergeld. Die Wirtschaftsweise der Regierung, Veronika Grimm, sieht aufgrund der konjunkturellen Flaute, Verteilungskämpfe auf Deutschland zukommen. Sie sei ebenfalls der Ansicht, dass sich Arbeit mehr lohnen müsse, sagt sie. „Das soziale Netz ist keine Alternative zur Arbeit“, stellt sie klar. Für viele Arbeitnehmer im Niedriglohnsektor jedoch ist das Bürgergeld bereits zu einer Alternative geworden.

Die SPD trägt Verantwortung für die schlechte Lage

Die Politiker der Ampel-Koalition verweisen gern auf die globalen Krisen, wenn sie eine Ausrede für ihre politischen Fehlschläge suchen. Zum Glück ist an diesem Abend der Journalist Daniel Friedrich Sturm Gast der Sendung, um Kevin Kühnert daran zu erinnern, dass die SPD seit Jahrzehnten Verantwortung in der Regierung trägt. „Die SPD ist mit schuld an der schlechten Lage des Landes“, nimmt er Kühnert in die Verantwortung. Seit 1998 sei die SPD mit Ausnahme einer Wahlperiode immer an der Macht gewesen. Er sieht besonders das Bürgergeld kritisch. Auf den Punkt gebracht: „Für die SPD ist die Bürgergeld-Debatte fatal.“ Auch Kühnert möchte nicht leugnen, dass die Menschen diese Debatte umtreibe, meint er dazu.

Allerdings führe er diese nur ungern, fügt er hinzu. „Es kommt so rüber, als ob alle Bezieher auf der faulen Haut liegen und nicht arbeiten wollen“, kritisiert er. Mit dem Vorwurf der Sozialfeindlichkeit möchte er die Diskussion im Keim ersticken. Die Realität sieht anders aus. Mitnichten geht es um Bedürftige oder Alleinerziehende, vielmehr geht es um gesunde, arbeitsfähige Transferempfänger, die sich dem Arbeitsmarkt entziehen und auf Kosten anderer leben. Doch die Arbeiterpartei SPD hat anscheinend den Wert der Arbeit aus den Augen verloren. Die Sozialdemokratie träumt von einer Gesellschaft, in der weniger gearbeitet wird. „Frau Esken fordert eine 4-Tage-Woche bei vollen Bezügen“, schildert Daniel Sturm. Er höre aus der Partei viele Dogmen und wenige Zugeständnisse, sagt Sturm. Das wichtigste Dogma der ehemaligen Arbeiterpartei ist es zurzeit, Politik für die Arbeitslosen zu machen, statt sich um die arbeitende Bevölkerung zu kümmern.

Der führungsschwache Kanzler

Olaf Scholz ist bekanntlich kein großer Charismatiker. Seine Persönlichkeit ist spröde und mausgrau. Nun macht ein interessanter Charakter noch keinen guten Politiker aus, doch wenn aus einem Langweiler auch noch ein führungsschwacher Zauderer wird, ist die Lage brenzlig. Scholz hat nicht zu Unrecht die miesesten Umfragewerte, die ein Kanzler jemals hatte. Er verweigert in seiner Koalition jegliche Führung. Dies ist ein Grund dafür, wieso diese Regierung disharmoniert. Der gewiefte Moderator Lanz kaut in der Sendung auf der Personalie des angezählten Kanzlers herum wie ein Hund auf seinem Knochen. Sehr zum Leidwesen von Kevin Kühnert.

Der möchte die Zuschauer glauben lassen, dass es innerhalb der SPD blendend um Scholz bestellt sei. „Der Kanzler und die Partei ziehen an einem Strang“, behauptet er. Lanz konfrontiert Kühnert daraufhin mit dem Industriestrompreis, welchen der Kanzler nicht wolle. „Der Industriestrompreis wird in der Koalition verhindert“, täuscht Kühnert vor. In Wahrheit ist Scholz kein Fan des staatlich-subventionierten Stromes für energieintensive Betriebe. Die Forderung eines Industriestrompreises wird aber immer wieder in seiner Partei laut.

Olaf Scholz hat für die SPD zwar eine verloren geglaubte Bundestagswahl gewonnen. Ob die Genossen mit ihm als Kanzler in die nächste Wahl gehen, ist dennoch fraglich. Laut Gerüchten könnte der beliebte Minister Boris Pistorius den Kanzler beerben. Doch Kühnert möchte Scholz öffentlich – noch – keinen Dolch in den Rücken stoßen. „Wir sind solidarisch, trotz unterschiedlicher Auffassungen“, erklärt er diplomatisch. Für die kommende Zeit wird der Burgfriede innerhalb der SPD halten. Möglich scheint aber, dass ein unbeliebter Scholz vor der nächsten Wahl von der Partei auf das Abstellgleis gestellt wird.

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