Deutschland hat ein duales Fernsehsystem: Neben den öffentlich-rechtlichen gibt es auch private Sender. Wem also ARD und ZDF nicht gefällt, dem bleibt das Ärgernis über die Zwangsgebühren – aber das Programm kann er jederzeit wechseln. In der Theorie. Denn zu den Problemen des Öffentlich-Rechtlichen beigetragen hat der Umstand, wie schlecht die Privaten aufgestellt sind. Zum einen müssen sie sich mit Streamingdiensten um Werbekunden prügeln sowie um Abonnenten, wenn sie eigene Versuche starten, ein kostenpflichtiges Angebot zu machen. Zum anderen laufen sie inhaltlich in die gleiche Richtung wie ARD und ZDF: Haltungsjournalismus statt angelsächischer Neutralität, missionarischer Willen in Fragen des Klimaschutzes oder der Identitätspolitik.
Auch RTL scheitert besonders gerne dann, wenn es besonders korrekt sein will. So hat der Sender Dieter Bohlen entlassen, der zwei Jahrzehnte lang als Gesicht für die Kölner gestanden hat. Im Mittelpunkt von „Deutschland sucht den Superstar“ sollten die Gesangskunst und das faire Umgehen miteinander stehen. Eine schöne Botschaft. Nur sehen wollte das halt keiner. Die Einschaltquote lag anfangs niedrig, um dann immer weiter zu fallen. Jetzt hat RTL Bohlen zurückgeholt, um DSDS dann nach der nächsten Staffel einstellen zu wollen. Aktionismus. Zumal DSDS aus einer Ära stammt, in der RTL den Ton vorgab und jährlich neue Shows rausbrachte, die das deutsche Fernsehen veränderten und dominierten. Viel davon übrig geblieben ist nicht – und Neues kommt kaum dazu. RTL hat die Innovationsführerschaft gegen seine politische Mission eingetauscht. Deswegen lebt der Sender heute von seinen wenigen verbliebenen Schlachtschiffen wie „Wer wird Millionär“, das es zuletzt täglich gebracht hat.
Wer mit ARD und ZDF unzufrieden ist, kann nicht zu überzeugenden Alternativen wechseln. Zumindest nicht zu Vollprogrammen im Fernsehen. Dort werden die Spartensender immer wichtiger. Im Juli besetzten die acht größten Sender zusammen 52,1 Prozent Marktanteil – fast die Hälfte der Zuschauer bleibt also für die Kleinen. An Samstagen holt Sky mit Bezahlfernsehen bei den Zuschauern unter 50 Jahren in der Spitze so hohe Quoten wie die öffentlich-rechtliche Konkurrenz. Vor ARD und ZDF fliehen die Zuschauer – vor allem die Jüngeren – längst zu den Streamingdiensten. Und dann gibt es noch die Möglichkeit, das Zuschauen ganz einzustellen. Marktanteile sind also ein untaugliches Instrument, um die Akzeptanz der Sender festzustellen.
Zum anderen taugt die Quote ohnehin nur bedingt als Gradmesser für Akzeptanz. Gerade journalistische Angebote können auch dann eine Wirkkraft entfachen, wenn sie in der Erstausstrahlung keine große Zuschauerschaft erreicht haben. Der Umkehrschluss greift ebenfalls nicht mehr, dass schlechtes Niveau hohe Quoten bringt. So erreichen ARD und ZDF mit ihren großen Shows am Samstag zwar um die vier Millionen Zuschauer. Das sind aber die durchschnittlichen Quoten für die öffentlich-rechtlichen Sender und mit Ausnahme von „Wetten dass..?“ bleiben die Jungen fast gänzlich fern. Auch die niedrige Sehbeteiligung bei den Zuschauern unter 50 Jahren ist handelsüblich.
Insgesamt ermitteln die Sender noch beachtliche Zahlen: So sahen die Deutschen im vergangenen Jahr laut Statistischem Bundesamt 213 Minuten Fernsehen am Tag. Also dreieinhalb Stunden – fast ein Achtel des Tages. Marktführer bei allen sind ZDF und ARD, bei den Zuschauern unter 50 Jahren sind es RTL und Pro Sieben, wie das Statistische Bundesamt berichtet. Kinder zwischen 3 und 13 Jahren schauen demnach am Tag 46 Minuten – vor gut 20 Jahren waren es noch 92 Minuten. Bei den Jugendlichen zwischen 14 und 29 Jahren sind es 62 Minuten am Tag. Seine Reichweite holt das Fernsehen also längst mit den Menschen über 50 Jahren.
Für ARD und ZDF ist das gleichermaßen Fluch wie Segen. Einerseits ist ihr Programm auf die Wünsche alter Menschen ausgerichtet und erreicht diese Gruppe folglich auch. Das sichert ihnen die Marktführerschaft. Die wiederum verhilft ihnen zusammen mit politischer Rückendeckung zu der Situation, in der sie die Höhe der Gebühren nach Belieben diktieren können. Auch wenn das Geld am Ende in Massagesesseln für die Chefinnen endet.
Aber: 8.500.000.000 Euro erpresst der Staat jährlich von den Bürgern für ARD und ZDF. Das Einzugssystem ist aufwendig und konsequent. Wer sich weigert, muss ins Gefängnis, was den Steuerzahler rund 140 Euro am Tag kostet. All dieser Aufwand nur, um den weltweit größten Sportsender zu betreiben? Staatliche Eingriffe in eine private Wirtschaft führen oft zu schrägen Ergebnissen, weil Ziele und Ergebnisse nicht mehr zueinander passen. Das öffentlich-rechtliche Sportfernsehen ist das Resultat eines solchen Prozesses.
Show, Sport und Filme gehören auch zum öffentlich-rechtlichen Auftrag. Auch. Aber im Wesentlichen sollten ARD und ZDF die 8.500.000.000 Euro Zwangsgeld durch ihre politische Bildung rechtfertigen. Die fehlende Akzeptanz in diesem Bereich sollten sie nicht durch Beliebtheit bei Sportfans kaschieren. ARD und ZDF sollten sich die Akzeptanz in der politischen Berichterstattung zurückholen. Das gelingt nicht, wenn man als Redakteur im Zuschauer nur einen zu belehrenden Schüler sieht. Und erst recht nicht, wenn man in jedem Zuschauer einen Rechten und politischen Feind sieht, der nicht die Meinung der zu über 90 Prozent rot-rot-grün wählenden ARD-Volontäre teilt.
Akzeptanz gewinnen keine Sender, die gendern, obwohl eine deutliche Mehrheit der Zuschauer das ablehnt. Akzeptanz gewinnen keine Zuschauer, die das Publikum nicht ernst nehmen. Die ihnen erklären: Die Moderatorin habe gesagt, sie „muss“ gendern, um damit auszudrücken, welch innerliches Bedürfnis ihr das ist. Akzeptanz gewinnen keine Sender, die täglich mehrfach Verzicht zugunsten des Klimaschutzes propagieren – um dann selbst mit dem PS-starken Dienstwagen durch die Gegend zu fahren, auch privat. Und die sich in Kommentaren über Preissteigerungen freuen, weil diese die Menschen zwingen würden, zu verzichten, was wiederum dem Klima helfe. Die dann aber wegen dieser Preissteigerungen Gebührenerhöhungen fordern, weil sie den Verzicht allen zumuten wollen, nur nicht sich selbst. Der Missionarswillen von ARD und ZDF ist schon schlimm genug. Zum Fremdschämen ist es, wie oft und leicht die Heuchelei dahinter hervorblitzt. Wer Wein säuft und Wasser predigt, der wird höchstens von Weinhändlern akzeptiert.