Tichys Einblick
GERMANY: Come Back!

Internationale Presse zur „Stabilen Instabilität“ und GroKo

Die englischsprachige Presse liefert im Gros höfliche Umschreibungen für das, was sich da im politischen Deutschland abspielt. Es scheint als ob man bemüht ist, in den Geburtswehen der Groko Geschäftsmäßiges, Sachdienliches, sogar Ehrenwertes zu entdecken. Das Peinliche übersieht man größtenteils geflissentlich.

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Die englischsprachige Presse liefert im Gros höfliche Umschreibungen für das, was sich da im politischen Deutschland abspielt. Es scheint als ob man bemüht ist, in den Geburtswehen der Groko Geschäftsmässiges, Sachdienliches, sogar Ehrenwertes zu entdecken. Das Peinliche übersieht man grösstenteils geflissentlich.

Das Gebaren von Martin Schulz interpretiert man abwechselnd z.B. beim „Wall Street Journal“ als „Absage an eine persönliche Beteiligung an der Regierungskoalition“. “Der Vorsitzende der Mitte-links angesiedelten Sozialdemokraten habe, bemüht Proteste einzudämmen, die gedroht hätten, Angela Merkel’s Pläne für eine vierte Amtszeit zum Entgleisen zu bringen, am Freitag gesagt, daß er dem nächsten Kabinett nicht mehr angehören werde“.

Beim„Daily Telegraph“ wird daraus ein “Auszug aus der Koalition um einen Aufstand zu vermeiden”, „nur 48 Stunden danach (der Einigung auf eine Koalition) habe er, nachdem Berichten zufolge die Parteimitglieder das Vertrauen in ihn verloren hätten, auf dramatische Weise angekündigt, dass er seine Kandidatur zurückziehen und der Regierung nicht angehören werde.“

Bei der BBC steht es als “Aufgabe der eigenen Rolle im Kabinett um den Handel zu retten” zu lesen. Herr Schulz, habe, nachdem er sich Kritik innerhalb der SPD gegenübergesehen habe, gesagt, dass er nicht wolle, dass Debatten über seine Rolle die neue Koalition gefährden.”

Der Kommentator der “Nation” aus New York aus macht sich Sorgen um die SPD:
Dickens habe David Copperfield darüber sinnieren lassen, ob er denn der Held seiner eigenen Lebensgeschichte würde.“ Falls Martin Schulz darüber sinniert haben sollte, ob er der Held des SPD-Parteitages werden würde, dann sei die Antwort “Nein” gewesen. Sich dem Neoliberalismus zugewandt zu haben, habe die Partei demoralisiert. Und nun wären die, denen ein kleinster gemeinsamer Nenner als Ziel nicht genug sei, die Rebellen. Schulz‘ nüchterne Floskeln „Es sei besser, 1 Prozent von Etwas zu bekommen, als 100 Prozent nichts“ (Johannes Rau) oder auch “Ein lebendiger Hund sei besser als ein toter Löwe“ würden diesen nicht ausreichen. Die passendste Überschrift für Deutschland’s neues Koalitionsabkommen sei deshalb die knackige in zwei Worte gepackte Zusammenfassung der FAZ gewesen: “Stabile Instabilität.”

Dem Nachrichtendienst „Bloomberg“ fällt schon auf, dass Schulz’ Abgang etwas hastig geriet: wenn er schreibt, dass dieser „abrupt die Bewerbung um den Posten von Angela Merkel’s Aussenminister fallen gelassen habe“. Der Aufschrei um die Anmeldung seines Anspruchs auf die Stelle habe eine kritische Mitgliederab-stimmung gefährdet, die den politischen Stillstand im Lande habe beenden sollen“.

Während die “Times” aus London meint, dass seine Partei Martin Schulz „draußen im Kalten stehengelassen habe“. „Martin Schulz habe seine Hoffnungen auf das Deutsche Außenamt aufgegeben und ein Versprechen, vom Amte des SPD-Vorsitzenden einlösen zu müssen, um die Mitgliederschaft zu beruhigen. Er sei von diesen informiert worden, dass sie den Handel zur Bildung einer Regierung nicht unterstützen würden, sollte er den Posten annehmen. Und um noch eins draufzusetzen, sei er gezwungen worden, sein Versprechen zu erfüllen, den Parteivorsitz aufzugeben. Das mache seinen Absturz nun komplett.

Das „Time Magazine“ macht auf dem auf dem weiteren Weg der Kanzlerin mehrere Hürden aus, die sie nun nehmen müsse: „Parteiinterne Kritik, SPD-Mitgliedervotum, AfD-Aufstieg und Internationale Herausforderungen“.

Der “Express” sieht die Kanzlerin schon im Schlepp der Sozialisten in den Abgrund stürzen, die Partei in Auflösung begriffen. Die konservative Abgeordnete Sylvia Pantel habe gesagt, dass Frau Merkel beim nächsten Parteitag mit Gegenwind zu rechnen habe, und dass “es das einfache zustimmende Nicken, an das diese gewohnt sei, nicht geben würde.“

Für den Sender „Sky News“ reitet Angela Merkel noch „hoch zu Ross“. Er stellt gleichzeitig aber die Frage, ob sie als „größtes Wild in der Europäischen Politik“ nicht wie viele Premierminister vor ihr, über die Frage des Brexit und der Solidarität innerhalb Europas erlegt würde?“ Es erinnere schon an die Kämpfe, die David Cameron und besonders auch John Major mit den Euroskeptikern geführt hätten. Zwar habe Deutschland schon akzeptiert, dass seine EU-Beiträge als Folge des Austritts von Großbritannien steigen würden, aber mit dem tief in Volkes Seele eingebrannten Eindruck, dass hart arbeitende Deutsche während der Finanzkrise faule Griechen hätten retten müssen, bekämen solche Vorschläge Sprengkraft.“

Die “Saudi Gazette” sieht Martin Schulz vom Helden zum Verlierer mutieren, „seine Abwärtsspirale habe das Forsa Institut dazu gebracht, ihm denTitel „the loser of the year“ 2017 zu verleihen.“

Nur die „Irish Times“ erkennt ohne rosa Brille, dass die deutsche Politik in „Gubu“- (Deutsch etwa: grotesk, unglaublich, bizarr und unerhört) Territorium abdriftet:
6000 zornige Mails und „Druck aus der Partei hätten Martin Schulz dazu gebracht, zurückzutreten…“ „Die Massenzeitung Bild habe das Blut im Wasser gewittert und alte Gegner ausgegraben, um Unruhen gegen die deutsche Führerin anzuheizen.“ „Am Freitag habe Friedrich Merz, der die Politik gegen Jura eingetauscht habe (ehemals Merkel’s populärer Vize bis sie ihn als potentiellen Rivalen entsorgt habe) in der Rolle des Geistes von Banquo (Abtrünniger Alliierter von Mc Beth) gesagt: “Wenn die Partei diese Demütigung akzeptiere, hätten sie sich selbst aufgegeben“. Vorsichtig kämen langgediente CDU-ler aus der Deckung. Der mutigste unter Ihnen bisher sei Daniel Günther, der 44-jährige Ministerpräsident Schleswig Holsteins. In einer schwach an den Angriff Merkels auf Helmut Kohl 1999 erinnernden Aussage habe er gemeint, dass die Partei zu abhängig von deren nun 18 Jahre andauernden Vorsitz geworden sei“.

Und der “European CEO” bereitet seine Leser schon mit einem Abgesang auf eine zunehmende Bedeutungslosigkeit Deutschlands vor. „Die EU sei nichts ohne Deutschland. Deshalb könne sie nicht einfach auf Deutschland warten und darauf hoffen, dass diese sich irgendwann entschließe, wieder die Führungsrolle zu übernehmen. Stattdessen müsse es die „Deutsche Frage“ direkt angehen, genauso wie nach dem Zweiten Weltkrieg, um es aktiv wieder im Europäischen Projekt zu verankern.“

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