Tichys Einblick
Abbild der Koalitionsverhandlungen?

Söder und Klingbeil bei Illner: Kein Halali, nur Larifari

Irgendwelche Fortschritte bei den Koalitionsverhandlungen? Pustekuchen offenbar. Bei Maybrit Illner geben Markus Söder und Lars Klingbeil nichts, aber auch gar nichts Substanzielles von sich. Nur heiße Luft, aber davon tütenweise. Von Michael Plog

Screenprint: ZDF / Maybrit Illner

Beginnen wir mit der wichtigsten Aussage des Abends: SPD-Fraktionschef Lars Klingbeil, der noch nie ein Unternehmen gegründet hat, sagt, es mache in Deutschland keinen Spaß mehr, ein Unternehmen zu gründen. Das hat er zwar schon am Sonntag wortwörtlich so bei Caren Miosga gesagt, aber egal. Auch einen Verein zu führen, macht ihm keinen Spaß mehr, sagt er hier wie dort. Oder ein Haus zu bauen. Immerhin steht so viel zu vermuten: Häuser dürften Klingbeil und seine mit Steuergeldern üppig finanzierte Gattin schon gebaut haben.

Viel mehr als Phrasen kann man aus dem Illner-Talk nicht mit nach Hause nehmen. Auch CSU-Chef Markus Söder wiederholt lediglich altbekannte Textbausteine aus seiner kleinen Opportunisten-Druckerei. Putin und Trump seien unsere neuen Gegner („Bedrohungslage, wie wir sie selten hatten“), Deutschland brauche ein neues „Leistunsbewusstsein“ und die AfD sei abgrundtief bös („Alles zum Schaden für Deutschland“). Klingbeil spricht volle viermal (!) während der Sendung von den „Menschen, die jeden Tag aufstehen und fleißig arbeiten“. Und er will „die Wirtschaft ganz nach vorne schieben“, klar. Dieser Hinweis ist für ihn essentiell, schließlich ist er als Finanzminister im Gespräch.

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Ansonsten: tote Hose an der Faktenfront. Über den aktuellen Stand der Sondierungs- und Koalitionsgespräche zwischen Union und SPD ist weder aus dem kartoffeligen Klingbeil noch aus Sermon-Söder irgendetwas rauszukriegen. Sie haben ganz offenbar noch nicht den kleinsten Erfolg vorzuweisen. Man werde sich schon einig, betonen beide immer wieder, weil man das ja auch müsse, sonst werde die AfD zu stark. Dass die Alternative für Deutschland schon jetzt in Umfragen nur noch einen Prozent hinter der Union liegt, hat für Klingbeil exakt zwei Gründe: „Die AfD wächst, weil Elon Musk, der reichste Mann der Welt, die AfD unterstützt. Und weil es rechte Netzwerke gibt, die sich gegenseitig unterstützen.“

Söder reagiert sauertöpfisch, wenn Hildegard Müller es wagt, ihn in einem seiner ungebremsten Redeanfälle zu unterbrechen. Noch dazu, weil die VDA-Präsidentin auch noch niedrigere Steuern fordert. Die Mitglieder in ihrem Verband der Automobilindustrie seien zu Investitionen durchaus bereit, doch es scheitere an den Rahmenbedingungen. „Der Standort ist international nicht mehr wettbewerbsfähig“, sagt Müller, und: „Deutschland ist international abgehangen.“ Sie meint vermutlich abgehängt.

Apropos Steuern: Was nun erhöht wird, was gesenkt, ob überhaupt und wenn ja, wieso nicht – auch um diese Fragen drücken sich Klingbeil und Söder konsequent herum. Das lässt vermuten: Die Verhandlungen müssen bislang wirklich komplett ergebnislos verlaufen.

Ökonom Jens Südekum fordert, „dass wir auch bei uns selbst sparen“. Selbst die neue Billionen-Schuldenorgie der im Bau befindlichen Schuko (Schuldenkoalition) könne den normalen Bundeshaushalt nicht retten. Es müsse gespart werden bei Themen wie Mütterrente, Senkung der Gastro-Mehrwertsteuer und den Argarsubventionen. Das seien alles „konsumptive Ausgaben, die uns nicht voran bringen“. Auch das Thema Migration bringt er ins Spiel. Aber selbstverständlich rein positiv konnotiert: „Wir brauchen Zuwanderung in den deutschen Arbeitsmarkt.“

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Sparen, sparen, aber wo? „Welche Ministerien können weg?“, fragt Illner zwischendrin ganz überraschend. Doch dieser Hauch von Milei verpufft. Klingbeil fabuliert wieder von den Menschen, die fleißig arbeiten, und weil auch sonst keiner antworten will, verliert Illner selbst den Spaß an der Frage. Die für gewöhnlich ohnehin unmotiviert und desinteressiert wirkende Moderatorin trifft heute auf zwei Politiker, die ebenfalls keine Lust haben. Damit ist die Sendung endgültig im Eimer.

Warum 70 Prozent der Deutschen dem Noch-nicht-mal-Kanzler Friedrich Merz schon jetzt nicht mehr vertrauen? Keine Antwort. Das sei „sehr stark getrieben über Social Media“, sagt Söder irgendwann Minuten später in einem Nebensatz, da ist die Frage schon wieder vergessen. Und wenn der Ex-Minister Horst Seehofer (CSU) in einem Einspieler kritisiert, das neue Schuldenpaket sei „das Gegenteil dessen, was wir vor der Wahl gesagt haben“, antwortet Söder nur: „Wir stellen fest, dass die Welt sich verändert hat.“ Und „jetzt in dieser schweren Situation“ müssten wir halt alle „unseren Mann, unsere Frau stehen“.

Klingbeil setzt noch einen drauf: „Ich verstehe diese Fragen alle, aber für mich geht es gerade um was Anderes. In diesen Zeiten, wo wahnsinnig viel los ist auf der Welt“ … und so weiter und so öd.

Den Rest ersparen wir Ihnen. Auf Vox hält James Bond gerade seine angeschossene Chefin M in den Armen. Und uns ist auch schon ganz schlecht.

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