Tichys Einblick
"Droht ein schmutziges Wahlkampf-Jahr?"

Illner sendet wieder

Wenn Bundesabgeordnete angegriffen und mit daraus resultierenden Verletzungen ins Krankenhaus befördert werden, dann muss man die Frage stellen: Droht ein schmutziges Wahlkampf-Jahr?

Screenprint: ZDF/maybrit illner

Aber das Thema passte natürlich nicht ganz in Illners Agenda, denn das Opfer gehörte schließlich nicht zu ihren schützenswerten Politikerarten. Der Anlass, einen schmutzigen Wahlkampf in den Raum zu stellen ist für die Agit-Prop-Maschine des ZDF eine ausgemachte Bagatelle. Ein 20-jähriger Oberschüler, der sich „über Politiker geärgert“ haben will, veröffentlichte angeblich topbrisantes Material von hauptsächlich SPD-Politikern – am spektakulärsten bislang die Handynummer von Martin Schulz.

Natürlich ist die Angelegenheit peinlich für den Hightech- und KI-Standort Merkel-Land, und ausländische Beobachter haben auch durchaus ihre Freude am aufgeregten Hühnerhaufen der bundesdeutschen Auf- und Erklärer.

Nun hatten wir nicht wirklich gedacht, Illner würde die längere Winterpause nutzen, mal ein wenig in sich zu gehen, aber die gestrige Sendung hätte den Titel verdient „Ich bin ein ZDF-Star, holt mich hier raus!“ Wahrscheinlich will sie gar nicht mehr. Das Thema ein Null-Thema, die Gäste kompetenzlos, und Moderatorin Illner so simpel wie ein Bot mit der Botschaft „Horst ist an allem schuld“.

Durchsichtig
Habeck nennt Twitter "Instrument der Spaltung"
Als Watschenmann diente Stephan Mayer, CSU, die linke Hand vom Seehofer, und ja, der macht es jedem Anfänger leicht, ihn vorzuführen. BSI, BND, BuPol, BKA und BfV hätten toll zusammengearbeitet und den Täter binnen weniger Tage dingfest gemacht, fantasierte der Assistent von Seehofer, eine „herausragende Leistung“. Dabei konnte man überall lesen, dass ein Zeuge den Täter unserer Elitetruppe quasi frei Haus lieferte. Katharina Barley, die Kompetenzkanone der SPD, erinnerte an das tolle DSGVO, und erzählte, dass sie ein doppeltes Passwort nutze. Außerdem seien ihre gehackten Daten uralt, also, dürfen wir annehmen, nicht mal gehackt, sondern vom SPD-Datenfriedhof geklaubt. Ja, Katharina Barley, Sie haben Recht, Datensicherheit gibt es nicht, my Darling. Aber Ihre angekündigten „europäischen Lösungen“ auch nicht, fügen wir hinzu.

Ranga Yogeshwar ist oder war der Haus-Physiker der ARD, und mahnte „mehr Staatsfürsorge“ im Internet an. Und er malte grundsätzlich den digitalen Teufel an die Wand. Er erzählte dem staunenden Publikum, dass Wahlkämpfe in Zukunft mit Hilfe künstlicher Intelligenz ausgetragen würden (obwohl das Schulz und Barley auch nicht mehr helfen dürfte). Wie verkommen wir inzwischen sind, sollte wohl Yogeshwars Digital-Döneken aus England zeigen, bei dem ein Baby als erstes Wort nicht „Mama“ oder „Papa“ sagte, sondern „Alexa“.

Anke Domscheit-Berg ist seit 2010 mit dem Informatiker Daniel Berg verheiratet und gilt daher in Staatsfunkkreisen als Internetexpertin, außerdem war sie mal bei den Piraten. Jetzt sitzt sie bei den Linken im Bundestag, ein weiterer Grund, sie einzuladen. Sie durfte bei Illner von einer „positiven“ europäischen Social-Media-Plattform träumen, mit ein bisschen Staatsknete, so ein paar hundert Millionen. Denn die „sozialen Netzwerke sollen doch die Menschen verbinden“. Dass Facebook als Aufreißer-Seite für den im zwischengeschlechtlichen Bereich Hilfe suchenden Herrn Zuckerberg entstand und sich dann als Money-Machine entwickelte, eine solche Erfindermotivation kriegen Sozialisten halt nicht in die Birne. Da muss immer alles „für die Menschen“ sein und umsonst (=steuerfinanziert).

Ich schweife ab, sagen Sie? Nix da, genauso war’s. Irgendwie wusste niemand mehr so richtig, worum es eigentlich ging. Illner versuchte wiederholt, eine Verurteilung von Seehofer zu erreichen, aber das war selbst Domscheit-Berg und Barley zu doof, und sie antworteten darauf eher halbherzig.

Stimmung machen kann das ZDF auch alleine. Das Internet „könnte Einfluss haben“ auf die Europawahl, warnte ein Filmeinspieler, und zwei Kronzeugen (CDU und Linke!) nickten dazu. Und es „könnte Einfluss gehabt haben“ beim Brexit und bei Donald, es sei ja Putins „Ziel, die westlichen Demokratien zu stören“.

Zur Wahrheit bitte
Versuchte Abschaffung der Wirklichkeit: Reschke, Relotius, Menasse
Ja, ja, wachte Barley da auf, „so was zeigt sich ja jetzt schon. Die Beschimpfungen, die sie kriegt, sie wolle das Volk austauschen. Schlimm! Und dann sagte sie zum ersten Mal beinahe etwas Wahrhaftiges: „Das kann in körperliche Attacken umschlagen, das sieht man ja…“ … am Fall des Bremer AfD-Mannes Magnitz, wollte sie schon sagen, aber da brach sie schnell ab. Da ist die Partei-Sprachregelung doch eine andere.

Haben wir was vergessen? Oh, ja. Yogeshwar hatte noch die schmutzige Fantasie von Barley in Pornos, solche könnte die Technik heute so simulieren, dass Barley selber nicht mehr wüsste, ob sie nun dabei war oder nicht. Sollte aber nur ein wissenschaftliches Beispiel sein.

Irgend jemand verwechselte dann noch Täter und Opfer beim Fall des zerknirschten Nicht-mehr-Twitterers Habeck. Der Grüne geht in den Entzug nicht, weil er beschimpft wurde, sondern weil er andere verunglimpfte und dafür digital abgewatscht wurde. Ach ja, und Miriam Meckel, war da. Wahrscheinlich ein Freundschaftsbesuch.


Der etwas andere Jahresrückblick: 
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