Tichys Einblick
Merkel kämpft um ihre Macht

Illner ohne Illner: Gar nicht gut für Merkel

Schulz schwadronierte, Bouffier strauchelte und Dobrindt genoss. Der Champion des Abends aber war eine Frau aus Österreich.

Screenprint: ZDF/maybrit illner

Es ist eine absolute Gemeinheit des Schicksals, dass man in unserem Nachbarland im Süden so erstklassige Leute in Amt und Würden vorfindet wie die österreichische Außenministerin Karin Kneissl.

Von Frau Kneissl, die sieben Fremdsprachen spricht, erfuhren wir Details zu den laufenden Migrationsströmungen, die unserem Außenamt anscheinend völlig fremd sind, jedenfalls wurden sie nie kommuniziert. Die zweitgrößte Gruppe der Migranten kommt derzeit aus Iran, nicht wegen Trump oder Putin, sondern schlicht wegen serbischer Visaliberalisierungen für die Perser. Ein neues offenes Fässchen. Mit billigen One-Way-Tickets reisen zudem Marokkaner von türkischen Flughäfen ein, so Kneissl, die plötzlich in Niederösterreich auf 1.000 Nordafrikaner stieß. Verfolgt wird dabei in Marokko gar nichts, höchstens das Fußballspiel bei der WM. Als Nächstes dürfen wir weitere Zuwanderer aus Bangladesch und Pakistan erwarten, die bislang in den ölfördernden arabischen Ländern als Arbeitssklaven tätig waren und wegen der dortigen Konjunktureinbrüche nun weiterziehen.

Hektik pur
Chaostage mit Merkel
Aufmerksame Leser unserer TV-Kritiken merken schon, dass da was schiefgelaufen sein muss, wenn uns ein Gast bei Illner mit so vielen frischen und unliebsamen Informationen versorgen kann. Und in der Tat, Maybrit Illner musste wegen Trauerfalls die Sendung an einen Moderator übergeben, den das ZDF allerdings nicht richtig vorstellte. Geplant war die Sache eigentlich so: Alexander Dobrindt, CSU, sollte wegen Majestätsbeleidigung attackiert werden, wofür Volker Bouffier, der CDU-Hesse mit der Whiskeystimme, und, ja, tatsächlich, Martin 100%-Schulz geladen waren. Unterstützt werden sollten die beiden von einer deutsch-italienischen Journalistin namens Tonia Mastrobuoni, die die neue italienische Regierung leidenschaftlich hasst. Des weiteren von einem juristischen „Experten“ vom Max-Planck-Institut (das anscheinend auch nur noch ein Schatten seiner selbst ist), der in vielen Sätzen behauptete, Horsts Masterplan sei nicht rechtens. Das alles von Illner moderiert, unterbrochen, abgewürgt, so dass am Ende das Lernziel „Merkel macht das schon“ erreicht wird. Frau Kneissl wäre dann wiederholt vorgeworfen worden, dass sie, zwar parteilos, aber von der FPÖ nominiert worden sei. Aber, wie gesagt, es kam anders. Bei Illner ohne Illner.

Weil wir eingangs mit dem Schicksal haderten – müssen wir andererseits doch dankbar sein, dass Martin Schulz als Hinterbänkler nur wenig Schaden anrichten kann (außer für seine Partei). Schulz führte wieder seinen zweitbesten Gesichtsausdruck – „forsche Betroffenheit“ – zur Schau, und hatte die bekannten Sprechblasen dabei. „Europäische” Verantwortung, „Europäische” Strategie, „Europäische” Solidarität. Vor allem auch im Hinblick auf Trump und Putin. Er beschimpfte Ungarn, Polen und Tschechien und vergoss beinahe eine Träne, weil das Flüchtlingsauffanglager Deutschland so schmählich „im Stich gelassen“ werde. Dann träumte er wieder lauthals davon, dass „alle, die wollen, kommen können“, mit Quoten und nach Kriterien, die offen blieben. „Solidarität bedeutet…“, hob der Martin an…

Dobrindt, der leichtes Spiel mit seinen Widersachern und sogar Zuspruch des Publikums hatte: „…für Sie Eurobonds, und dass Deutschland für die Schulden der anderen haftet!“ Der vergessliche Schulz: „Wer hat das gesagt? Ich?“

Das Merkel-Ultimatum
Volker Bouffier verstrickte sich erwartungsgemäß in den Lügengeschichten seiner Partei. „Eine europäische Lösung in wenigen Tagen geht nicht, weiß doch jeder“, hieß es da, und später „Wenn es zusammen nicht geht, müssen wir es alleine machen.“ Sein Deal mit den EU-Partnern lautete „Wir helfen Griechenland und Italien, dafür müssen die Flüchtlinge da bleiben“, obwohl er genau wusste, dass diese Länder die Flüchtlinge einfach durchwinken, „wie sie es schon immer gemacht haben“. Dann kam natürlich auch der Nonsense, dass „kein europäisches Land die Probleme alleine lösen kann“, wobei er wohl vergessen hat, dass die Schweiz das sehr wohl alleine kann, obwohl sie ein „europäisches” Land ist. Weiter versprach er, „2015 wiederholt sich nicht“, es komme nur noch „ein Bruchteil an Flüchtlingen“, wobei Frau Kneissl ihn sanft darüber aufklärte, dass „60 Millionen in Nahost und Nordafrika allein in die Arbeitsmärkte drängen“, die allerdings kaum aufnahmefähig seien. „2015 war kein Strohfeuer!“ Die Regierungs-Aufgabe laute „für Sicherheit zu sorgen, nicht die Welt zu retten.“

Bouffier und Schulz, die Brüder im Geiste, haben die gesamte Problematik nicht verstanden, entsprechend trübe sieht es bei ihren Parteien in den Umfragen aus. Dobrindt hingegen bekam mit der Allerweltsweisheit „Leute mit Einreiseverbot dürfen wieder einreisen und einen neuen Antrag stellen? Versteht kein Mensch“ den ersten Publikumsapplaus, wie auch alle Umfragen im Asylstreit mit deutlicher Mehrheit die CSU unterstützen. Dass es sich nicht um Bagatellen handelt, zeigte die Zahl: „80.000 sind jetzt erst wieder gekommen, ein erheblicher Teil wurde bereits anderswo registriert.“

Tapfer stand er zu den Ungarn, die „die EU-Grenze schützen“ und durchaus Flüchtlinge aus der Ukraine aufnähmen. Und er ließ von Viktor Orban ausrichten, die Entscheidung, dass alle kommen dürfen, hätten ja wohl die Deutschen im Alleingang getroffen.

Da schwebte sie wieder herum, die Scheinheilige, um die es beim Thema „Merkel kämpft um ihre Macht – letzte Hoffnung Europa?“ natürlich eigentlich geht. Zu dem Thema wurde nichts Neues beigetragen, daher schließen wir mit einem Gesprächsausschnitt vom Beginn der Sendung:

Bouffier: „Die Union muss zusammenbleiben.“
Dobrindt will die Probleme lösen. „Am liebsten gemeinsam“.

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