Tichys Einblick
Verbote fordern ist leicht

Bei Illner: Der blinde Fleck des linken Antisemitismus

Grünen-Chef Omid Nouripour geht auf Distanz zu Greta Thunberg. Wie die Woke-Culture an deutschen Unis Antisemitismus fördert. Und NRW-Innenminister Herbert Reul fordert schnelle Verbote von islamistischen Vereinen. Von Fabian Kramer

Screenprint: ZDF / Maybrit Illner

Das jüdische Volk ist seit seiner Existenz der Verfolgung ausgesetzt. Auch im Jahr 2024 ist das jüdische Leben in Deutschland in Gefahr. An deutschen Universitäten schüchtert ein antisemitischer Mob Andersdenkende und jüdische Studenten ein. Ursächlich für dieses hasserfüllte Klima ist, dass die deutsche Hochschullandschaft seit Jahrzehnten auf einem linksextremen Trip wandelt. Auch in der Sendung zum Thema „Protest gegen Israel – was unterscheidet Kritik von Hass?“ geht es um die Problematik des linken Hochschul-Terrors.

Allerdings atmet die Diskussion den Geist von Heuchelei und von gespielter Empörung. Nur oberflächlich kratzt Illner mit ihren Gästen am Thema und lässt ihre eigenen politischen Verfehlungen außen vor. Der Talk präsentiert altbekannten roten Antisemitismus als Neuheit und scheitert an der Aufarbeitung. Es fehlt der entschlossene Wille zur Aufklärung. In der Selbstreflexion müssen sich vor allem die Grünen als politischer Stichwortgeber der akademischen Linksradikalen verantworten. Deshalb spart die Partei sich diese gänzlich.

Nouripour lässt Greta fallen

Es sind oft die Geister, die man selbst rief, welche dann zu Plagen werden. Die grüne Partei erlebt mit ihrer ehemaligen Verbündeten Greta Thunberg nun einen antisemitischen Quälgeist, der durch die Öffentlichkeit wabert. Dabei denkt Thunberg nur konsequent zu Ende, was Alt-68er ideologisch vorgedacht haben. Die schwarz-weiße Einteilung der Welt in ein Freund-Feind-Schema ist Thunbergs Sicht auf die Dinge. Die israelische Regierung und die Juden sind innerhalb des holzschnittartigen Weltbildes der selbsternannten Klimaprophetin ihre ausgemachten Feinde. „Ich treffe mich nicht gerne mit Greta“, betont Omid Nouripour.

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Die junge Schwedin ist zu einem medialen Mühlstein für die Grünen geworden. Deshalb verteidigt der Chef-Grüne Greta Thunberg kein bisschen, sondern sagt mit betont empörter Stimme: „Es wird eindeutig Antisemitismus verbreitet.“ Bei Thunberg stört die Grünen das radikal einfache Weltbild, weil es dieses Mal Juden trifft. Geht es gegen eine angebliche virulente Fossil-Lobby, kann sie noch so eindimensional argumentieren, wie sie will. Die Grünen stehen brav an ihrer Seite. Bei den Grünen und Nouripour schwingt die Ablehnung des Staates Israel immer unterschwellig mit. Die Hamas überfiel Israel, schlachtete Menschen ab, verschleppte Kinder, vergewaltigte, plünderte und brandschatzte. Aber es ist nicht die Hamas, die immer wieder zur Mäßigung, zu Waffenruhe aufgerufen wird.

Für Ahmad Mansour ist klar, woher der Hass kommt. „Es ist ein linker Kulturkampf“, meint er. Sowohl bei linkem als auch bei muslimischem Antisemitismus habe man „zu lange nicht richtig hingeguckt“. Die Juden würden von den Linken als böse Kolonialisten gesehen. In der Tat halten im akademischen Raum in der Bundesrepublik radikale anti-kolonialistische Theorien aus dem angelsächsischen Raum Einzug. Diese bedrohliche Weltanschauung schwappt durch den Gaza-Konflikt nun noch stärker über nach Deutschland.

Gerade Muslime werden verkindlicht, wenn man ihnen die Selbstverantwortung für ihre Radikalisierung entzieht. Doch niemand würde Verstädnis für einen Neo-Nazi zeigen, der sich wegen persönlicher Kränkungen radikalisiert, so Mansour. Doch gerade das versucht die anti-kolonialistische Theorie. Die Täter sind unschuldig, weil sie durch eingebildete und echte Kränkungen und Armut radikalisiert wurden.

Durch diese Ideologie verstärkt, zögen Studenten dann falsche Schlüsse zur Konfliktlage im Nahen Osten, weiß die Journalistin Souad Mekhennet. „Israel wird Apartheid und Genozid vorgeworfen“, beklagt Mekhennet. Ursächlich für die absurd falsche Darstellung des Staates Israels sei die mangelnde historische Bildung der Studenten. So würde auch Rassismus oder der Hass auf Homosexuelle in Gaza „einfach ausgeblendet“. Ein desaströses Armutszeugnis für den Wissenschaftsstandort Deutschland. Grundlegendes historisches Hintergrundwissen sollte gerade in Deutschland von einer Universität priorisierend gelehrt werden.

Welche Verantwortung tragen die Dozenten?

In den aufgeheizten anti-israelischen Protest hinein veröffentlichen Professoren einen als Solidarisierungsschreiben zu verstehenden Brief. Für NRW-Innenminister und „schwarzen Sheriff“ Herbert Reul ein No-Go. „Staatsdiener müssen auf dem Boden der Verfassung sein“, poltert Reul. Der Minister argumentiert völlig zu Recht mit der Verfassungstreue. Nicht auszudenken, wenn sich Professoren mit einer rechten Burschenschaft solidarisiert hätten. Die Politik hätte jene Professoren schneller aus dem Beamtenverhältnis entfernt, als die Tinte des Schreibens trocken geworden wäre.

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Aber die Professoren stehen weit links im politischen Spektrum und können sich sicher fühlen. Wobei, nur vorerst. Selbst für den linken Omid Nouripour geht das offene Sympathisieren für Hass und Hetze zu weit. „Der Brief ist maximal schlecht formuliert”, kritisiert der Grüne. In dem Brief haben sich die Dozenten gezielt gegen polizeiliche Maßnahmen auf dem Campus ausgesprochen. Der staatlichen Gewalt wird sogar übergriffiges Verhalten vorgeworfen. „Die Professoren werfen der Polizei zu Unrecht Gewalt vor“, meint Nouripour.

Die Grünen, so scheint es, kommen vom Feindbild des Polizisten langsam weg. Es wäre in früheren Zeiten geradezu grotesk gewesen, wenn ein Grüner sich offen für polizeiliche Maßnahmen gegen linke Protestierer gezeigt hätte. Da die Grünen aber vermehrt selbst auf den Schutz der Polizei angewiesen sind, scheint eine gewisse Lernkurve genommen worden zu sein.

Der Brief ist vor allem sehr problematisch, weil er die dramatisch angespannte Situation der jüdischen Hochschülerschaft nicht zur Kenntnis nimmt. „Jüdische Studenten trauen sich nicht, an Vorlesungen teilzunehmen“, beklagt Mansour. Leider ist in der Sendung kein Betroffener zu hören. Es wäre spannend gewesen, wenn ein Demonstrant auf einen jüdischen Student getroffen wäre. Diese innere Perspektive auf den Konflikt gibt es nicht, stattdessen wird auf die äußere Oberfläche geschaut.

CDU-Reul für mehr Verbote

Nicht nur von linker Seite kommt Antisemitismus. Sowohl an den Hochschulen als auch davor mischt der islamische Antisemitismus fleißig mit. Die martialischen Kalifats-Demonstrationen der letzten Wochen sind nur die Spitze eines gewaltigen Eisbergs. Deutschland hat ein immenses Problem mit muslimischem Antisemitismus. Die Politik handelt bisher eher zögerlich. NRW-Innenminister Herbert Reul will das zögerliche Handeln von staatlicher Seite beenden. „Der Rechtsstaat muss handeln“, findet er. Aus seiner Sicht bräuchte es schnellere Verbote von islamistischen Vereinen.

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Diese Verbote seien zwar rechtsstaatlich nicht leicht zu erzielen, aber es sei dringend nötig, so der CDU-Politiker. Wie schwer sich gerade die linke Bubble mit Verboten von islamistischen Hetzern tut, zeigt die Blaue Moschee in Hamburg. Obgleich der Hamburgische Verfassungsschutz seit Jahr und Tag berichtet, dass die Moschee ein Zentrum für islamistische Hassprediger ist und der Iran die Ideologie vorgibt, ist die Moschee noch immer geöffnet. Die Hansestadt Hamburg schloss sogar einen Staatsvertrag mit der Trägerorganisation.

Für die Zukunft bleibt zu hoffen, dass die Blindheit gegenüber Extremismus jedweder Farbe nachlässt. Auch Grüne und Rote sollten langsam begreifen, dass die Demokratie nicht nur von rechts angegriffen wird. Linker und islamischer Antisemitismus ist vor allem deshalb so gefährlich, weil er von breiten Gesellschaftsschichten negiert, ja sogar akzeptiert wird. Die Israelis seien doch Kolonialisten. Die Geschichte des Palästinakonflikts sei doch ach so lang und kompliziert.

Das kann Reul gut: fordern, dass etwas unternommen wird. Dieses Mal soll etwas gegen den Judenhass unternommen werden und gegen Kalifatsforderer. Sonst wettert Reul gern gegen die Clans, die viele Städte in NRW beherrschen. Ab und dann gibt es eine medienwirksame Großrazzia und die Clans machen weiter wie bisher. Wird Reul dieses Mal konsequenter sein? Er ist schließlich Innenminister Nordrhein-Westfalens. Wenn der grüne Koalitionspartner mitmacht, kann er Verbote aussprechen, Ausweisungen beschleunigen und Strukturen zerschlagen. Wenn.

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