Nach einer kurzen Osterpause ist Maybrit Illner nun wieder back in the house. Der Grund, weshalb ich mir erlaube, mal ganz fetzig Englisch und Umgangssprache in den Feuilleton-Teil zu mogeln, ist das Thema der gestrigen Sendung: „Künstliche Intelligenz – Maschine gegen Mensch?“ Die Frage: „Ist KI wirklich gefährlicher als die Atombombe?“ Ein seltsames Thema. Schließlich ist Illner die letzten Jahre dafür bekannt gewesen, Themen wie Donald Trump, Corona oder Ukraine-Krieg über Monate, ja fast schon Jahre jeden Donnerstag wieder und wieder durchzukauen, bis wirklich absolut nichts mehr davon übrig bleibt.
Ich persönlich bin zwar hocherfreut über diesen frischen Wind, denn ich kann keine weitere Sendung zu irgendwelchen Panzermodellen und Putins Psyche mehr ertragen. Aber ich wundere mich auch über diese Erlösung. Es gab schon weitaus wichtigere oder hitzigere Debatten, die in dieser Sendung gänzlich ignoriert wurden, nur um zum hundertsten Mal die gleichen Argumente zu senden. Donald Trump hat Illner tapfer durchgezogen, bis der gute Herr sein Amt los war, Corona, bis selbst Lauterbach keine FFP2-Maske mehr getragen hat, aber der Ukraine-Krieg – hab’ ich da was verpasst? Also entweder man rechnet in der Redaktion damit, dass der Krieg noch so lange anhalten wird, dass sie aufgegeben haben, oder die Einschaltquoten haben sie zu Verzweiflungstaten gezwungen.
Der Beginn der Sendung ist nahezu niedlich. Kaum politisch, sondern einfach nur fasziniert, diskutiert man hier über die Highlights und Fehler von ChatGPT: Vielleicht muss man bald nie mehr über E-Mails brüten oder kann seine Rechtschreibschwäche damit ausgleichen. Da lernt man doch das ein oder andere Neue – wussten Sie beispielsweise, dass Saskia Esken (SPD) staatlich geprüfte Informatikerin ist? Es fühlt sich trotzdem seltsam an, sie in dieser Runde zu sehen – nicht nur strahlt sie erstens chronische Inkompetenz aus. Zweitens komme ich nicht umhin, sie mir beim Bedienen eines Handys vorzustellen, mit der Brille auf der Nasenspitze, die Hand möglichst weit ausgestreckt, auf der Suche nach dem verrückten Lach-Emoji. Weiter ist es auch schade, dass Esken zusammen mit Anke Domscheit-Berg, Bundestagsabgeordnete der Linken, die einzigen politischen Stimmen in dieser Sendung sind. Denn dieser Sozi-Überschuss sorgt im nächsten Abschnitt der Sendung für ein eindeutiges Ungleichgewicht.
Das macht Illner Angst – wohl auch zu Recht –, denn damit kann man natürlich sehr einfach vermeintliche Beweise erzeugen und Stimmung machen – Fake News als Deep Fake oder so ähnlich. Die kindliche Faszination für Technik ist nun überm Berg, denn sie wird von einem Ur-Trieb ersetzt: Panik vor rechter Hetze. Die ist nämlich angebrachter denn je, wenn man keinen Weg findet, Rechten den Zugang zu AI zu entziehen. Man habe ja bereits bei Corona gesehen, wie der technische Fortschritt für Desinformationen missbraucht werde. Nein, nicht etwa durch Eingriffe auf die Informationsfreiheit im Netz durch die Regierungen, sondern natürlich auch wegen der bösen Rechten.
„Und in so eine Zeit hinein kommt jetzt ein mächtiges Medium, das uns ermöglicht, perfekt zu lügen und das mit Beweisen zu hinterlegen. Die aktuellen digitalen Monopole sehe ich schon als Bedrohung auch für die Demokratie. Jetzt haben wir nochmal ein exponentielles Machtwachstum, das sich wieder konzentriert auf die gleichen wenigen Leute, an deren Spitze einzelne Milliardäre stehen, die im Prinzip über die Zukunft der Welt mitbestimmen. Und über Künstliche Intelligenz kann ich sehr viel Macht haben über das Leben sehr vieler Menschen. Das in den Händen einziger weniger Personen ist per se gefährlich. Also das dürfen wir uns gar nicht gefallen lasse“, findet die Linken-Politikerin Anke Domscheit-Berg.
Die reagiert, wie Linke auf Fortschritt eben so reagieren: mit Zerstörung. „Wir können ja nicht diese Unternehmen zerschlagen, das können die US-Amerikaner, und ich fände das auch gut.“ Dabei könne man keine Zeit mehr verlieren: „Es besteht höchster Handlungsbedarf: Wir brauchen eine ethische, gemeinwohlorientierte, öffentlich finanziert und eben nicht von irgendwelchen kommerziellen Interessen und einzelnen Konzernen unterlegenen, Alternative dazu.“
Man kann einem Linken das fabelhafteste und wunderbarste Spektakel präsentieren, das das Jahrhundert zu bieten hat – alles, was man aus ihnen rausbekommt, ist der Ruf nach Verstaatlichung. Auch wenn deutsche Entscheidungsträger mit der Maschine in den Händen in drei Jahren zu keinem Mega-Krieg in der Lage sein werden, dafür aber ein Fax verstecken können. Denn es kann ja ganz einfach nicht wahr sein, dass die Firmen, die viel Geld und Arbeitszeit in die Entwicklung dieser Wunderwerke stecken, dafür am Ende noch kompensiert werden und über ihre Werke verfügen dürfen. Nein, die verdienen es, zerschlagen zu werden, weil wegen böse. Nicht wegen bestimmter Dinge, die sie getan haben, sondern, weil es sonst Marktwirtschaft wäre.
Ich freue mich jedenfalls schonmal auf die Staats-AI, die möglicherweise noch viel gefährlicher für die Demokratie wäre. Ich stelle mir da sowas vor wie das Speichern und Analysieren von Suchanfragen. Vielleicht gibt es dann bald eine Kampagne gegen Hass und Hetze in AI, wo diese gespeicherten Anfragen überprüft und staatsfeindlich Geneigte unter Strafe gestellt werden. So etwas Schönes sind schließlich die einzigen Innovationen, die sich Linke ausdenken können. Oh, was für eine schöne Zukunft uns doch bevorsteht, denn auf eines kann man sich doch bei linken Regierungen verlassen: Das Vieh würde eh nie fertig.