Meine Antwort auf Illners Frage „Schlachtfeld Syrien – wer stoppt Krieg und Flucht?“ wäre spontan gewesen: Russland. Erst seit Russlands Eingreifen zerbröselt der „Islamische Staat“ wie ein Vampir im Sonnenlicht. Und die Flüchtlingswelle wurde lange vor Russlands Eingreifen initialisiert.
Die Besetzungsliste ließ wenig Hoffnung aufkommen, dass ernsthafte Aufklärung geplant ist. „Atlantic Council“, taz, ein Salafist und Uschi? Es grüßt die „Putin-ist-an allem-schuld-Fraktion“. Die Amis haben hierzu extra einen General vorbeigeschickt. Keinen John-Wayne-Waterboarder, sondern den netten, geradezu sanften Ben Hodges, der bemerkte, dass Putin Teil der Lösung ist. Man weiß ja wie sensibel die Deutschen sind.
Wir wollen gleich an dieser Stelle die Pointe versauen: Es gibt keine. Erkenntnisgewinn? Nada. So bleibt uns nur aufzuschreiben, wie gut oder schlecht die einzelnen Akteure der Mainzer Puppenkiste ihre jeweiligen Rollen spielten.
Wie Kai aus der Kiste machte Dominic Musa Schmitz die Auftaktnummer der Show. „Erzählen Sie doch mal, warum Sie Salafist wurden“ „Wegen Familie und so, hier gibt’s so viele Scheidungen, jetzt habe ich unzählige Geschwister. Die Salafisten haben mir viel gegeben“. Aha. „Wie würden Sie das Syrien-Problem lösen?“ „Keine Ahnung.“ „Wie ist der IS zu besiegen?“ „Keine Ahnung“.
Der ahnungslose Ex-Salafisten-Knabe war eine klare dramaturgische Fehlbesetzung. Vielleicht sollte aber auch nur sein Buch „Ich war Salafist“ verkauft werden, und sein Auftritt war eine Art Product Placement beim ZDF, das seine Kassen zusätzlich zu den GEZ-Gebühren ein wenig aufbessern will.
Damit jetzt nicht der Gedanke aufkommt, der Autor sei ein Islamhasser: Die zweite Fehlbesetzung war Ben Hodges, Kommandierender General des US-Heeres in Europa. Warum er zum dritten Mal binnen eines Jahres bei Illner eingeladen wurde? Vielleicht weil seine Lametta-Uniform das Ganze optisch ein bisschen aufpeppte. Oder weil er einen ganz dicken Freund in der Redaktion hat. Entsprechend wurde er zwei, drei mal eher aus Höflichkeit irgendetwas gefragt – und schon beim zweiten Mal hörte Maybrit gar nicht mehr hin.
Maybrit? Frau Illner! Diese Duz-Flapsigkeit ist wohl von Andreas Zumach hängengeblieben. Der Mann von der taz, mit der bei Linken so häufig anzutreffenden Mischung aus Überheblichkeit und Zorn auf die Unbelehrbaren, erklärte „dem Fred“ vom „Atlantic Council“ mal eben die syrische Gesamtlage: „Der Putin will sich mit dem Assad in Aleppo und den Küstenregionen festsetzen.“ Und Assad arbeitet mit der ISIS zusammen
„Der Fred“, mit Nachnamen Kempe, Präsident der US-Denkfabrik „Atlantic Council“, ließ keinen Zweifel daran, was er so denkt: Obama ist eine Sissi, weil er unbedingt „Friedenspräsident“ sein will statt Weltpolizist. Sollten die Republikaner den Wahlkampf gewinnen, wird Kempe mit seinen alten Kämpen mit Sicherheit da weitermachen, wo George W. Bush aufgehört hat. (Außer übrigens, wenn Trump gewinnt – der hat an der Weltlage und Welteinmischung eher weniger Interesse.) Auch die ZDF-Redaktion freut sich wie Kempe wohl schon auf die Zeit, wenn wieder ein Haudrauf und Schlagetot ins Weiße Haus zieht. In den Einspielern waren „die Despoten Assad und Putin“ die einzig Bösen, und wie schon in Kempes Sichtweise, Obama eher eine Friedenslusche.
Im zart-rosa Hosenanzug, mit Drei-Wetter-Taft-Fönfrisur, versuchte Ursula von der Leyen nach Kräften sich nicht zu blamieren, was ihr mal wieder nicht gelang. Lag es am Drehbuch? Das war denkbar schlicht: „Der Putin“ bombardiert ausschließlich die Zivilbevölkerung, daher die Flüchtlingsströme. Wir müssen allen helfen. In der Türkei, im Libanon, in Jordanien. Wir bauen auch wieder alles auf, wie in Afghanistan. Die Kurden sind unsere Freunde, aber Erdogan auch, ach, warum sich die Menschen nur nicht vertragen können! Dass aber Erdogan und die Kurden sich gerade an die Gurgel gehen und „wie Sie sich zwischen den beiden entscheidet?“ „Wir müssen mit den Menschen reden, in Versöhnungsarbeit investieren“. Was übrigens auf der Genfer Friedenskonferenz am 1. März schon mal nicht geht, weil wenn die Kurden kommen, kommt Erdogan nicht.
Dass ausgerechnet Dietmar Bartsch von Die Linke gelobt werden muss, ist bedauerlich, aber nicht zu ändern. Natürlich haben wir den Schlamassel, weil der selbsternannte Weltpolizist USA seit Jahrzehnten Amok läuft und überall nur Scherbenhaufen hinterlässt. Und natürlich lässt sich das Syrienproblem nur mit und nicht gegen Putin lösen, und natürlich ist auch Putin der Mann, der Genf überhaupt erst möglich gemacht hat.
Bartsch ist dabei geradezu diplomatisch in der Formulierung, als wolle er den US-Hardliner neben sich erst gar nicht reizen und die Regierungsfähigkeit seiner Partei unter Beweis stellen. Verkehrte Welt!
Andreas Zumach, der in dieser Runde durchaus einiges besser wusste als etwa Ursula von der Leyen, ritt noch ein bisschen auf Saudi Arabien herum, deren gefährliche Feuerteufel schon merkwürdige Partner „des Westens“ sind. „Ein ambivalentes Verhältnis“ nennt die Bundesverteidigungsministerin sowas.
Gegen Ende der Sendung will Zumach nicht unerwähnt lassen, dass er durchschaut haben will, wie Angela Merkel das Flüchtlingsproblem wirklich zu lösen gedenkt: Eine Flotte unter Kommando der Bundeswehr wird in die Ägäis entsandt, um Flüchtlingsboote aufzubringen und die Flüchtlinge in die Türkei zurück zu verfrachten.
Nein, nein, nein, empört sich Angies Uschi, den Schleppern soll das Handwerk gelegt, und die Menschen gerettet werden! Ob sie Merkels schlauen Plan – keine Schüsse an irgendeiner Euro-Grenze und damit kein hysterisches Geheule von Grün und Rot – überhaupt durchschaut, muss bezweifelt werden. Die Regierungs-Puppe hängt an Merkels unsichtbaren Strippen, und zur Sicherheit hat man ihr noch 10, 12 Klatscher ins Publikum gesetzt, das ansonsten scheintot blieb wie General Ben.
Da lässt Zumach nicht locker und wiederholt: „Die werden zurückgebracht.“
Von der Leyen: „Aber legal werden Kontingente nach Europa geholt.“ Legal? Ist jetzt illegal?
Sieben Milliarden soll das ganze kosten, ein paar Milliarden an Erdogan, ein paar an den Libanon, Jordanien, Irak. Aber Geld war heute kein Thema, das kommt bestimmt bald in einer der nächsten Sendungen dran, wenn es wieder heißt: Wie können wir Griechenland helfen, und den Banken, und überhaupt, den Menschen.