Tichys Einblick
Aufarbeitungs-Fake bei Maybrit Illner

Bei Illner: Niemand hat Schuld: Alles war viel zu neu und ging viel zu schnell

„Der Corona-Schock – eine Pandemie und die Folgen“ hieß es bei Maybrit Illner. Dass diese Sendung ein erster Schritt zur Aufarbeitung gewesen sei, wie Illner am Ende meinte, hatte bereits angesichts der beklemmend einseitigen Besetzung nicht funktionieren können. Von Lothar Krimmel

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Screenprint ZDF / Maybrit Illner

Wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk von „Corona-Aufarbeitung“ spricht, muss man hellhörig werden. Dass der maßgebliche Einpeitscher staatlichen Furors und gnadenlose Ausgrenzer kritischer Stimmen ein ernsthaftes Interesse an Aufarbeitung hat, ist so glaubwürdig wie der Gedächtnisverlust des Bundeskanzlers. Das hat das ZDF gestern Abend eindrucksvoll bestätigt.

„Der Corona-Schock – eine Pandemie und die Folgen“ hieß das Thema am Donnerstagabend bei Maybrit Illner. Dass diese Sendung ein erster Schritt zur Aufarbeitung gewesen sei, wie Illner am Ende meinte, hatte bereits angesichts der beklemmend einseitigen Besetzung nicht funktionieren können.

Denn mit Christian Drosten als dem Chefberater der Bundesregierung saß der Hauptverantwortliche für zahlreiche desaströse Fehlentscheidungen „für die Wissenschaft“ am Tisch. Als seine Sekundanten fungierten Malu Dreyer, eine mit allen Wassern gewaschene linke Ministerpräsidentin, sowie Georg Mascolo, ein ur-linker Journalist, der sich für keine Rechtfertigungsverrenkung zu schade ist, wenn es um die Vernebelung links-grüner Politik-Desaster geht. Legendär ist etwa sein Pamphlet zur Abwiegelung der von illegaler Migration ausgehenden Terror-Gefahr,  was gerade angesichts der derzeitigen Terrorwelle von besonderer Aktualität ist. Und dazu gehört natürlich wie immer eine Moderatorin, die wenig unversucht ließ, um bloß keine Zweifel am engen Schulterschluss zwischen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Protagonisten links-grüner Politik aufkommen zu lassen. Kaum ein Nachhaken. Keine Entgegnung auf billige Ausreden. Nichts.

Einigermaßen auf sich allein gestellt agierte in dieser Besetzung daher der als Feigenblatt hinzugezogene Jan Josef Liefers. Allerdings machte Liefers seine Sache ausgezeichnet und avancierte schnell zur Lichtgestalt der Runde. Schon sein Einstieg war fulminant. Die von ihm mitinitiierte Aktion „Allesdichtmachen“ bezeichnete er treffend als „Einmischung in eigene Angelegenheiten“. Die Chance, die Kunst gerade in den traurigen Pandemie-Jahren für die Aufhellung der düsteren Grundstimmung und für eine Förderung des Zusammenhalts einzusetzen, sei von der Politik auf groteske Weise vertan worden. Man habe die Kunst hinsichtlich der Corona-Maßnahmen „irgendwo zwischen Spaßbad und Puff“ einsortiert.

„Team Vorsicht“ hat fertig

Wie wenig es um tatsächliche Aufarbeitung ging, zeigt bereits die Tatsache, dass zwei der schwersten Verfehlungen der Corona-Jahre noch nicht einmal ansatzweise zur Sprache kamen: zum einen die absurden nächtlichen Ausgangssperren und zum anderen die ebenso diskriminierenden wie epidemiologisch desaströsen 2G-Regelungen. Beide Maßnahmen waren als schwerwiegende Grundrechtseingriffe von Anfang an verfassungswidrig und harren weiterhin einer nicht zuletzt auch strafrechtlichen Aufarbeitung.

Auffällig war, dass der zur Verniedlichung der multiplen Verfassungsbrüche in der Vergangenheit stets verwendete Euphemismus „Team Vorsicht“ diesmal keine Verwendung fand. Wahrscheinlich ist den Beteiligten inzwischen selbst klar geworden, dass dieses „Team Vorsicht“ von Anfang eher ein „Team Erich Mielke“ war. Auch die Aussagen von Malu Dreyer zur Rechtfertigung ihrer zahlreichen Fehler, Irrtümer und Wortbrüche lassen sich mit dem Gestammel des Stasi-Chefs vor der DDR-Volkskammer am 13. November 1989 zusammenfassen: “Ich liebe – Ich liebe doch alle – alle Menschen – Na ich liebe doch – Ich setzte mich doch dafür ein!“.
Dreyer benutzte zwar nicht Mielkes Originalton, aber es klang zum Verwechseln ähnlich. Alle beschlossenen Maßnahmen, so dozierte sie, hätten stets das Ziel gehabt. „Menschen zu schützen“. Deswegen dürfte es auch niemals um Bestrafung der Verantwortlichen gehen. Verlogener geht es kaum.

Auch als sich die Diskussion der maßlosen Benachteiligung der Kinder zuwendet, will sich Dreyer als Gegnerin der verhängnisvollen Maßnahmen inszenieren, obwohl sie führend an deren Zustandekommen beteiligt war. Allen Ernstes versucht sie, mit einer dreisten Behauptung ihre Hände in Unschuld zu waschen: „Wir haben damals nicht deutlich genug zur Kenntnis gegeben oder sind nicht damit durchgedrungen, dass Kinder an einer anderen Stelle vulnerabel sind.“

Nach drei Jahren nimmt Dreyer also plötzlich die gravierende Vernachlässigung der Kinder wahr, die selbstverständlich ebenfalls eine „vulnerable Gruppe“ waren, ohne dass sie diese Erkenntnis jemals hörbar ausgesprochen hätte, als es darauf angekommen wäre. Als man Kinder nämlich in Politik und Medien unisono als „Treiber der Pandemie“ verunglimpft und mit traumatisierenden Masken jeglicher mimischen Kommunikation beraubt hat. Als man unverantwortlichen Bildungsentzug und millionenfache Verwahrlosung und Misshandlung ebenso in Kauf nahm wie eine Explosion kinderpsychiatrischer Erkrankungen und eine faktische Zwangsimpfung mit unabsehbaren Lebenszeitfolgen, weil ja „jeder an Corona Verstorbene einer zu viel“ war. Als jede Infragestellung dieses Dogmas mit parlamentarischer Exkommunikation und medialer Verleumdung bestraft wurde.

Bürgerräte und Enquete-Kommission als Feigenblätter

Ja, es wurden auch andere Verfehlungen angesprochen, allerdings stets mit dem Hinweis, dass alles viel zu neu gewesen und viel zu schnell gegangen sei. So thematisierte Mascolo die erbärmlichen Beratungs- und Entscheidungsstrukturen wie die durch nichts und niemanden legitimierten Ministerpräsidenten-Konferenzen, die dazu führten, dass sich die Chefs der Landesregierungen mit den Personen-Abständen in Baumärkten befassten.

Doch alles, was der Runde an Aufarbeitungs-Instrumenten einfiel, waren „Bürgerräte“ zum Dampfablassen und eine „Enquete-Kommission“ mit bestellten Wissenschaftlern als Feigenblatt. Aber bitte ohne Verantwortlichkeiten zu benennen oder gar Konsequenzen aus offensichtlichem Versagen zu fordern. Auf die Idee, sich bei den Bürgern und den mit übelsten Begriffen belegten Kritikern zu entschuldigen, kam niemand der drei Vertreter von Politik, Medien und Wissenschaft.

Als Jan Josef Liefers etwa die permanenten Angstkampagnen seitens Politik und Medien ansprach und dabei auch das „Angstpapier“ aus dem Bundesinnenministerium erwähnte, wiegelte Mascolo sofort ab. Die „AG Schwarzer Schwan“ habe es zwar gegeben, aber ihr Papier sei nicht wirklich weiterverfolgt worden. Außerdem hätte zunächst ja eine Mehrheit der Bevölkerung die harten Maßnahmen der Regierung begrüßt. Damit verschleierte er ganz bewusst die Tatsache, dass diese Zustimmung ja gerade das Ergebnis grotesker politischer und medialer Angstkampagnen war. Diese Kampagnen führten zu Blockwart-Verhalten, brachten unterschiedliche Bevölkerungskreise gegeneinander auf und hinterließen auch schwere seelische Narben.

Drosten als Chef-Freisprecher in eigener Angelegenheit

Verschiedene Höhepunkte der Sendung wurden durch die beeindruckende Impertinenz gesetzt, mit der Christian Drosten sämtliche Nachfragen Illners zu eigenen Fehlern oder gar eigenem Aufarbeitungsbedarf abwehrte. Die fragwürdige Figur, die Drosten während der gesamten Pandemie abgegeben hat, wiederholte sich damit auch in dieser Sendung. Es erscheint unbegreiflich, wie es einer derart schwachen Person gelingen konnte, zu Deutschlands wichtigstem Pandemie-Berater aufzusteigen.

Vielleicht liegt es an seinem Credo, das er wie eine verbale Monstranz durch die gesamte Sendung vor sich herführte: „Niemand hat Schuld!“ Für irgendwelche Schuld sei alles viel zu neu gewesen und viel zu schnell gegangen. Welche Politiker und Medienleute scharen sich nicht gerne hinter eine solch wunderbare General-Absolution? Zumal Drosten sich bei der Formulierung seiner „Unschulds-These“ allen Ernstes darauf berief, dass er für ein solches Urteil als „neutrale Stimme“ besonders geeignet sei.

Als Illner am Beispiel des beschämenden Umgangs von Politik und Medien mit dem Bayern-Star Joshua Kimmich den massiven öffentlichen Druck auf Impfverweigerer trotz bereits nachlassender Impfwirkung ansprach, wich Drosten aus. Dass Omikron auch die Effizienz der Impfstoffe derart verändere, habe erst durch Studien belegt werden müssen, was wiederum Zeit benötigt habe. Auf die naheliegende Vermutung, dass eine neue Variante sogar höchstwahrscheinlich die Effizienz beeinträchtigt, scheint Drosten im Gegensatz zu anderen Virologen nicht gekommen zu sein.
Und beim Thema, dass die Impfung spätestens bei der Omikron-Variante kaum mehr vor einer Ansteckung schützte, trug Drosten allen Ernstes vor, die Virusvarianten hätten zum „Chaos“ beigetragen. Man habe nicht damit gerechnet, dass sich das Virus verändern werde. Ob seine Virologen-Kollegen ihn angesichts solcher Aussagen noch ernst nehmen?

Denn besonders schäbig äußerte sich Drosten gerade zu abweichenden Meinungen anderer Virologen, wie sie etwa durch Hendrik Streeck oder Alexander Kekulé vertreten wurden. Er wolle keine Namen nennen, aber er halte nicht viel davon, dass es in der Wissenschaft „Meinungen“ gebe. Es habe während der Pandemie immer ein jeweiliger „Konsens“ geherrscht, weshalb es keine „Meinungen“ brauche. Und ja, er kenne solche Leute, aber denen müsse man eben nahelegen, die Literatur noch einmal etwas genauer zu studieren. Das klingt fast wie der Wahlspruch der Impf-Fanatiker, dass ein Impf-Verweigerer ein Mensch ist, der noch nicht genügend aufgeklärt worden sei.

Der links-grüne Wortbruch zur menschenverachtenden Impfpflicht

Das letzte von Illner eingebrachte Thema bezog sich auf die Impfpflicht, allerdings – wie es sich für eine abwiegelnde ZDF-Sendung gehört – ausschließlich hinsichtlich des Aspekts eines schweren politischen Wortbruchs gegenüber der Bevölkerung. Dass dieser Wortbruch ein rein links-grünes Problem war, fiel aus anbiederungstechnischen Gründen ebenfalls unter den Tisch.

Auch hier versuchte Dreyer, diesen kollektiven links-grünen Wortbruch mit fadenscheinigen Argumenten zu verschleiern. Kein Wort des Bedauerns über die Planung eines Menschheitsverbrechens. Kein Wort dazu, dass der Verlauf der Pandemie den grotesken Irrtum der Wortbrüchigen bewiesen hat. Stattdessen Mitleidsbitten mit dem Hinweis, dass ihr der Wortbruch „echt schwergefallen“ sei.
Und dann erneut eine glatte Lüge zur Rechtfertigung dieses Anschlags auf die Grundrechte der Selbstbestimmung und der körperlichen Unversehrtheit: „Es war die Verzweiflung, dass wir wieder so ’ne Welle hatten.“ Doch es gab im April 2022 keine Welle mehr! Der April war der 5. Omikron-Monat, die Pandemie trieb ihrem natürlichen Ende entgegen und zudem waren Ineffizienz und Nebenwirkungen der alten Impfstoffe unübersehbar.

Und als Illner bereits abmoderierte, meldete sich Dreyer noch einmal mit einem ebenso armseligen wie deplatzierten Statement zu Long-Covid. Ihr war wohl aufgefallen, dass sie bei der Impfpflicht keine gute Figur abgegeben und auch die Vorbereitungs-Punkte ihrer Berater nicht genügend abgearbeitet hatte. Die Entzauberung und Selbstverzwergung Dreyers wird mit ihrem nahenden Politik-Ende immer offensichtlicher.


Dr. med. Lothar Krimmel, Facharzt für Allgemeinmedizin, war von 1992 bis 2000 Geschäftsführer der Kassenärztlichen Bundesvereinigung 

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