Norbert Himmler ist der große Förderer von Jan Böhmermann. Als Leiter von ZDF „Neo“ hat der heutige Intendant den „Satiriker“ aufgebaut und ihm letztlich den Weg ins Hauptprogramm geebnet. Dort gehört er zu den wenigen Programmangeboten des ZDF, die in der Zielgruppe der Menschen unter 50 Jahren erfolgreicher sind als bei allen Zuschauern. Oft ist das ZDF nur das Bällebad für Senioren. Bei manchen Filmen ist nicht mal jeder 20. Zuschauer jünger als 50 Jahre.
Trotz dessen vielen Skandalen hält Himmler zu Böhmermann. Wobei er über seinen „Satiriker“ am liebsten das Beste sagt, was es über ihn zu sagen gibt: gar nichts. Die Beschwerdestellen des Senders sind mit Standardantworten vorbereitet sind: Danke für Ihren Hinweis, Satire, schauen Sie uns weiter. Nur, wenn sich Politiker bei Himmler melden, kann er diese nicht so leicht abfertigen. Zumal, wenn es rheinland-pfälzische Landespolitiker sind, wie der Fraktionsvorsitzende der CDU Gordon Schnieder. Da das ZDF in Mainz sitzt, hat die Landespolitik einen großen Einfluss in den Gremien.
Schnieder hatte sich wegen eines Tweets Böhmermanns an Himmler gewandt. Diesen hatte der „Satiriker“ abgesetzt, nachdem CDU-Chef Friedrich Merz auf Pragmatismus im Umgang mit der AfD hingewiesen hat: „Keine Sorge, die Nazis mit Substanz wollen nach aktuellem Stand voraussichtlich nur auf kommunaler Ebene mit Nazis zusammenarbeiten“
Nazis haben einen Weltkrieg vom Zaun gebrochen. Sie haben Kinder, Frauen und Männer aus ihren Häusern gezerrt, in Konzentrationslager gebracht und dort systematisch gequält und ermordet. Für Böhmermann Vorlage eines Gags. Für Böhmermann das Gleiche, wie ein Parteivorsitzender, der darauf hinweist, dass Bürgermeister mit einem direkt gewählten Landrat von der AfD zusammenarbeiten werden müssen.
Himmlers Antwort liegt TE vor. Sie ist umfangreicher, aber geprägt von der gleichen Ausweichstrategie, die der Intendant sonst an den Tag legt: Böhmermann habe sich privat geäußert und das ZDF sich davon distanziert. Der Sender lege „sehr hohe Maßstäbe an eine unparteiische und objektive Berichterstattung an“. Zudem sei Böhmermann Genre die Satire, die „mit Hilfe von Übertreibungen auf Missstände hinweist“. Soweit so ausweichend.
Doch Himmler legt nach: Er geht auf Schnieders Vorwurf ein, Böhmermann habe mit seiner Bemerkung die Menschheitsverbrechen der Nazis relativiert. Was Himmler damit rechtfertigt, der Sender diese Ereignisse in Dokumentationen einordne. Die Argumentation lässt zwei mögliche Schlüsse zu: Entweder meint der Intendant, Böhmermann hat die CDU im Scherz mit Menschen verglichen, die Millionen Menschen ermordet haben. Helau. Tusch. Bitte jetzt lachen. Oder der Intendant meint, Böhmermann habe mit dem Mittel der Satire Missstände aufgewiesen und die CDU agiere tatsächlich mit Menschen, die systematisch gemordet haben.
So oder so. Himmler weicht aus und lässt seinen „Satiriker“ alles durch. Der hat seine Narrenfreiheit längst erkannt und gießt im Interview mit der Nachrichtenagentur DPA weiter Öl ins Feuer. „Wenn der Vorsitzende der größten deutschen Volkspartei seine Partei rhetorisch in die Nähe von Nazis rückt, indem er sagt: ,Wir sind die Alternative für Deutschland mit Substanz, dann ist es allein witzmechanisch schon keine große intellektuelle Verrenkung, das mal knackig in verständliche Sprache zu übersetzen.“
Es bleibt dabei: Böhmermann vergleicht weiter alle mit Massenmördern, die nicht seine politische Meinung teilen. Himmler deckt das. Ausgewogenheit und Überparteilichkeit, so argumentiert der Intendant, stelle das ZDF ja dann an anderer Stelle im Programm her. Welche Stelle das sein soll, verrät Himmler indes nicht.