Hart aber fair: Unser Tollhaus EU soll jetzt noch toller werden

Europa, EU, Brexit – auch Frank Plasberg weiß, dass das keiner mehr sehen und hören will. Deshalb lockte er mit der raffinierten Frage: „Wie muss Europa besser werden?“ Wo soll man da anfangen? Reichen 75 Minuten aus?

Screenprint: ARD/hart aber fair

Natürlich muss sich auch Plasberg, wenn er auch weit mehr „Journalist“ ist als die einschlägig diplomierte Anne Will, im schmalen Opportunitätskorridor der Öffentlich Rechtlichen bewegen. Und da lautet die Ansage klar und deutlich: zur Europawahl läuten, Rechtspopulisten eindämmen, den gestrauchelten Sozialdemokraten aufhelfen, Merkel grüßen (der frühere Punkt ‘Grüne feiern‘ kann derzeit entfallen, Umfragen hoch genug).

Die Mission, der gebrochenen Partei Europas unter die Arme zu greifen, wurde übererfüllt, der Anteil von Sozialdemokraten mit Parteiamt in der Runde betrug 60% – mit der EU-Vizepräsidentin Evelyne Ehrhardt und dem Magdeburger OB Lutz Trümper. Dem ARD-Rentner Rolf-Dieter Krause können wir getrost ein Mitgliedsbuch der SPD unterstellen (wenn er es nicht hat, wäre das eine reine Formsache). Nur, leider, leider, geholfen hat es kein bisschen, denn die Genossen beharren einfach darauf, dass der dumme Wähler partout nicht begreifen will, wie gut die EU ihm tut, und dass da nichts zu verbessern ist. Mit dem Genossen Lutz werden wir uns später noch weiter beschäftigen, für Evelyne heißt es hier: Tschüss!

Wieder ein Sonderweg
Mehltau liegt über dem Land
Wenn einer immer wieder dasselbe sagt – allerdings zu unterschiedlichsten Fragen – ist das schon die Künstliche Intelligenz, von der die Kanzlerin immer so geheimnisvoll spricht? Wo doch Armin Laschet zeigt, dass es ganz ohne Chip geht? Handelt es sich also beim unbeirrten Wiederholen von Unsinn, den der Ministerpräsident von NRW verbreitete, vielmehr nur um ein natürliches Defizit, wie es beim Homo sapiens politicus häufig vorkommt? Wir können uns leider auch nach dem gestrigen Abend noch kein abschließendes Urteil erlauben.

Der Unternehmensberater Daniel Stelter brachte mit dem Blick von außen manchen Lösungsansatz für die marode Unternehmung EU, leider erwartungsgemäß vergebens. Man hätte nur bei der Personenfreizügigkeit übergangsweise Entgegenkommen zeigen müssen, schon wäre der Brexit nie passiert, erklärte der Ökonom. Bei Griechenland habe man Milliarden verfeuert, Gesetze gebrochen, aber die Migration sei ein EU-Dogma. Merkel war ständig in Athen, in London nicht (Das Argument, Merkel in London wäre nicht hilfreich gewesen, trifft auf ihre Besuche in Athen genauso zu).

Italien sei der nächste Ausstiegskandidat, denn die EU habe ihr Wohlfahrtsversprechen nicht gehalten. Die italienische Wirtschaft stehe auf dem Stand von 2005, Parteien erhielten Zuwächse nur durch EU-feindliche Positionen. Für die Briten dürfte sich der Brexit in 20 Jahren sogar als segensreich erweisen, sie hielten alle Trümpfe in der Hand.

Irgendwie passt nichts so recht zusammen
FDP-Europaparteitag: Kleine gelbe T-Shirts, keine gelben Westen
Armin Laschet hatte diesen Gesichtsausdruck wie damals, als er als „Professor“ die Prüfungsunterlagen seiner Studenten verbaselt hatte, als er predigte: Personenfreizügigkeit heilig, Friedensprojekt noch heiliger, und kein Land könne alleine den großen Herausforderungen standhalten … Auf einem EU-Chip wäre bestimmt einprogrammiert gewesen, dass die Schweiz und selbst ein halbes Land wie Südkorea ganz prima mit den Herausforderungen klarkommen.

Genosse Rolf-Dieter brachte dann als positives Beispiel für Freizügigkeit die Trailerparks in den USA, wo die Tagelöhner von Konjunkturgebiet zu Konjunkturgebiet ziehen, das schien eine spezialdemokratische Romantik zu verkörpern.

Die ARD spielte ein Filmchen ein, demzufolge Ärzte massenhaft das heilige europäische Reich deutscher Nation verlassen, und nun macht auch Trümpers arme Stadt Magdeburg und sein Dasein Sinn, denn dessen Stadt leidet unter Zuwanderern aus Rumänien, die Scheinbeschäftigungen nachgehen, Stütze kassieren und auch noch ordentlich Kindergeld nach Rumänien überwiesen bekämen. Auf die Frage, ob es besser sei, wenn diese ihre Kinder mitbrächten, stöhnte Trümper: Bloß nicht, das wäre noch teurer. Hier müssen wir einflechten, dass der arme Trümper an seinen Genossen langsam irre wird. 2015 trat er aus der SPD aus, 2017 wieder ein.

Wahljahr 2019
„Richtungs-Rumms“ bei der EU-Wahl?
Armin Laschet, unser großes Rätsel, konnte sogar 19.000 solcher Fälle melden, statt der paar hundert, die Trümper das Leben schwer machen. Aber da seien mitnichten die Rumänen (gemeint ist eine reisefreudige, diskriminierte Minderheit, die aber nicht genannt werden darf, weswegen neuerdings die Rumänen die Talkshow-Prügel abkriegen) Schuld, sondern „kriminelle Vermieter“, denen im Homeland „die Häuser stillgelegt“ würden und damit die Betrugsbasis entzogen werde. Problem gelöst, wie schon zuvor von Hannelore Kraft. Das glaubt Armin Laschet allen Ernstes – ganz ohne Chip.

Es ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, dass der Herrgott bei der Verteilung der deutschsprachigen politischen Intelligenz das kleine Österreich ganz offensichtlich bevorzugt hat. Dort jedenfalls zahlt man Kindergeld an in Österreich arbeitende Ausländer nur noch nach den im Heimatland geltenden Sätzen, und auf die Klage der EU-Kommission folgte ein gelangweiltes Achselzucken.

EU-Krause will am liebsten nur noch eine Kern-EU mit allen, die guten Willens (also seiner Meinung) sind, schon jetzt seien ein Drittel der EU-Staaten keine Rechtsstaaten mehr (also schon Rechts-Staaten, wenn Sie verstehen, was er meint).

Für das Publikum, von „Brigitte“ vorgetragen, ist die EU zur Hälfte ein „Friedensprojekt“, zur anderen Hälfte eine Lachnummer. Dabei wurden die befragt, bevor es mit der Lachnummer überhaupt erst losging. Mit EU-Ausschreibungen, nach denen im Main-Sinzig-Kreis Busunternehmen für den Lokalerer zum Zuge kamen, wo die Fahrer weder ortskundig noch sprachmächtig waren (wie in Berlin, spottete Stelter leise), bei Armin Laschet um die Ecke wurden für Sanierungsarbeiten mit ortsüblichen Grauwacke-Steinen Steine klimaunsensibel aus Indien importiert, weil man in der Ausschreibung wegen Diskriminierung nicht schreiben durfte „regionaler Stein“, sondern „regional typischer“ Stein.

Abschließend lässt sich feststellen, dass die EU ein Tollhaus ist – was hierzulande nur nicht so auffällt, weil die Bundesrepublik inzwischen ein ebensolches geworden ist.


Der etwas andere Jahresrückblick: 
BLACK BOX – das Kultbuch. So war 2018 – jetzt bestellen >>>

Unterstützung
oder

Kommentare ( 85 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

85 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
jorgos48
5 Jahre her

Und mit Japan gibt es jetzt ein Freihandelsabkommen, da geht etwas, was mit GB angeblich nicht geht. Die nächsten die gehen sind die Italiener und die Polen. Wenn das Macrönchen in France scheitert und der FN gewinnen sollte, geht auch F. Da haben die Polen und Tschechen nach 40 Jahren sowjetischer Bevormundung ihre Souveränität wieder gewonnen und sollen sie jetzt an Brüssel abgeben. Das tun die sicher nicht. Nur die neurotischen Germanen sind völlig Geschichtsvergessenen. Sie möchten sich hinter EU Europa verstecken.

Danton
5 Jahre her

Also man merkt das die Politiker mir immer ein Schritt voraus sind. Ich für meinen Teil begreife immer noch nicht wie man Griechenland, Bulgarien, Slowenien, Rumänien als Vollmitglied in die EU aufnehmen konnte. Da stagniere ich bis heute. Und was den Euro angeht wundere ich mich auch noch jeden Tag wie man uns ungestraft dieses fiese Währungsprodukt unterjubeln konnte. Ich bin soweit das ich denke der Euro war der erste Schritt um uns im Sinne des Sozialismus das Geld zu nehmen was wir zu DM Zeiten investiert hätten. Das Kasperletheater bei Plasberg bringt mich da nicht weiter.

Old-Man
5 Jahre her

Ein Blick auf die Diskutantenliste ließ schlimmes erahnen,aber es kam noch schlimmer.

Der einzige,der auch nur annähernd etwas positives als Beitrag hatte war Daniel Stelter,aber entweder hat ihm keiner zugehört,oder das gesagte war zu hoch für die anderen geistigen Tiefflieger!
Gleichgültig was da auch an Horrorgeschichten über den Brexit gesagt wurde,die Britten sollen froh sein wenn sie endlich diese EU der Eierköpfe verlassen haben,denn einige dieser Köpfe verbreiten zunehmend einen bestialischen Geruch,und das schon zu Lebzeiten!!

Gerro Medicus
5 Jahre her

Als allererstes und immer wieder: die EU ist nicht Europa und Europa ist nicht die EU. Ich bin überzeugter Europäer, ja, aber ich bin ein ebenso überzeugter Gegner DIESER EU! Der Grund ist derselbe: als Demokrat kann man für diese EU nicht sein, weil sie zutiefst antidemokratisch ist. Europäer hingegen kann ich sehr wohl sein, weil ich die Gleichberechtigung (NICHT Gleichheit ist gemeint! Ganz im Gegenteil schätze ich die Unterschiedlichkeit der europäischen Nachbarn!) aller Staaten respektiere und damit auch den politischen Willen der in den Nationen versammelten Staatsvölker. Ein Europa der Vaterländer, die vertrauensvoll und friedlich zusammenarbeiten – das ist… Mehr

Danton
5 Jahre her
Antworten an  Gerro Medicus

Schön das Sie das mal sagen. Individualität und Freiheit haben dazu geführt das Europa heute friedlich und entspannt ist. Und genau diese Entfaltungsmöglichkeit wird zwanghaft zerstört durch ein Pseudoparlament dessen Existensberechtigung nur durch noch mehr wirres Zeug zustande kommt.

Hadrian17
5 Jahre her

Tja, …

… da schauen wir doch mal auf die neueste Umfrage …

https://www.wahlrecht.de/umfragen/europawahl.htm

… und TADA, … alles ist gut … .

Gerro Medicus
5 Jahre her
Antworten an  Hadrian17

Und? Wer glaubt den schon Forsa mit seinem Obermanipulator Güllner? Ich jedenfalls nicht!

manfred_h
5 Jahre her
Antworten an  Gerro Medicus

Jo, mit Blick auf die CDU u. AFD sind die jeweiligen „Prozentsprünge“ schon recht auffällig stark. Wobei ich grad so denke ob FORSA von der CDU vllt „Spenden“ bekommt…….. ;-))

Wolfgang M
5 Jahre her

Auf einen sehr wichtigen Punkt ist man in der Sendung gar nicht gekommen. Die EU ist undemokratisch und intransparent. Der Lissaboner Vertrag, der nicht Verfassung heißen durfte, steckt voller undemokratischer Strukturen. Wenn die EU besser werden wollte, dann müsste sie den Lissaboner Vertrag dringend in Richtung Demokratie reformieren. Das wird bei 27 oder 28 Ländern nicht passieren. Die EU schafft ja noch nicht einmal das folgende: Da stellt man fest, dass es in einem Vertrag, z.B. Dublin, eine sinnlose Regelung gibt. Nun wird nicht der Vertrag geändert. Er wird einfach gebrochen. Der Vertrag bleibt, wie er ist. Die hochgelobte EU… Mehr

Marc Hofmann
5 Jahre her

Das ist kein Tollhaus…das sind die ersten Zerfallserscheinungen der EU. Die EU… ja welche EU Frage ich da…die ohne England, die ohne Osteuropa..das von Merkel und Macron Kerneuropa Karls des Großen…?!
Die EU mit ohne Kraftwerke…mit oder ohne Verbrennungsmotor…mit oder ohne Industrie, Wirtschaft und Wissenschaft…jeder dieser Fragen und noch viel mehr werden zum Schluss die Nationen/Völker für sich selbst beantworten müssen, weil es sonst keinen gibt, der ihnen die Verantwortung abnimmt. Die EU war nämlich noch nie verantwortlich für etwas.. die EU hat nur bestimmt, dass reicht aber nicht, wenn man Führungskraft sein will.

omma boese
5 Jahre her

DE wird am gesinnungskeulensyndrom in holder schönheit sanft entschlafen….
aber wundern werden sich nur die (ge)rechten linken
anno domina 14 merkelis

RJacob
5 Jahre her

Dem aufmerksamen Zuschauer ist nicht entgangen: Wenn Herr Stelter einige Fakten auf den Punkt gebracht hat, die eingefrorenen Gesichtszüge von Herrn Laschet (er weiß, dass er irrt) und das sofortige dazwischen grätschen durch die SPD Tante, damit bloß kein zusammenhängender Redefluss entsteht, auch ihr ist bewusst, ihre politische Tätigkeit, das war’s! DE wird der Brexit ganz gewaltig auf die Füße fallen, keiner der EU Befürworter hat sich darüber Gedanken gemacht: Die Briten sind uns in DE kulturell und geschichtlich näherwie kein anders Land in Europa. Ich schaue gerade Phoenix, die Debatte im UK Unterhaus. Wenn ich das mit unserm BT… Mehr

Brunken
5 Jahre her

Auswahl der Gäste zu einseitig!!!!!