Tichys Einblick
Plasberg macht Urlaub

„Hart aber Fair“ mit unpolitischem Ferien-Talk

Der Moderator will in die Ferien. Das Problem: viele andere auch. Die Pfingsttage lieferten einen Vorgeschmack auf die große Reisezeit. Nach zwei Jahren Beschränkungen kommt die Branche nicht auf Trab. Wer will es ihr nach der Zwangspause verübeln? Die Antwort: Frank Plasberg – konfliktlustig wie lange nicht mehr.

Screenprint: ARD / hart aber fair

Es ist die letzte Sendung vor der Sommerpause: Bis August geht Frank Plasberg in den Urlaub, „Hart aber Fair“ auch. Und man merkt: Der Moderator will in die Ferien. Das Problem ist nur: viele andere auch. Die Pfingsttage haben einen Vorgeschmack auf die große Reisezeit im Sommer geliefert. Personalmangel in der Branche, Ärger an den Flughäfen, Chaos an den Bahnhöfen. Nach zwei Jahren Beschränkungen kommt die Branche nicht auf Trab: Wer will es ihr nach der schwierigen Zwangspause verübeln?

Viele Touristen vermutlich. „Wir haben in dieser Zeit nur Chaos erlebt“, sagte Inga Böhle, die als Reisende betroffen war, in einem eingespielten Videoclip. Sie habe nach einer Flugannullierung drei Tage für die Heimreise gebraucht. „Nach dreitägiger Odysee kann man auch nicht mehr davon reden, dass man erholt vom Urlaub ist.“

“Es ist ein reines Krisenmanagement – wir machen seit drei Jahren nichts anderes als immer wieder neues Krisenmanagement“, verteidigt die Reiseunternehmerin Ute Dallmeier die Tourismusbranche. Sie ist Geschäftsführerin mehrerer Reisebüros und Präsidiumsmitglied beim „Deutschen Reise-Verband“. Auch Interessenvertretungs-Kollege Matthias von Randow bestätigte die prekäre Lange. Die aktuellen Probleme hätten vor allem mit Personalmangel zu tun, meint er: Während Corona hätten viele Leute in andere Branchen als die Logistik-Branche gewechselt.

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Sie diskutieren gemeinsam mit der Grünen-Politikerin Claudia Müller, der Journalistin Amelie Fried und dem Welt-Europakorrespondenten Dirk Schümer. Letzterer bestätigt, was die beiden sagen. Die Tourismus-Branche sei „sehr, sehr anfällig“ für das Problem saisonaler oder befristeter Jobs. „Die Leute haben oft keine Wochenenden, keine Abende, die sind saisonal ganz stark gewollt in den Sommermonaten und dann ist wieder gar nichts“, erklärt Schümer. „Das sind Menschen, die kann man nicht einfach hochfahren.“

Die Tourismus-Koordinatorin der Bundesregierung, Claudia Müller, summiert: “Wir haben im gesamten Tourismusbereich enorme Personalprobleme.“ Das reiche von der Hotellerie bis zu der Luftfahrt. Die Grünen-Politikerin setzt sich, gemeinsam mit dem Lobbyisten der Luftfahrtbranche, bereits für eine Lösung ein: Arbeiterimport. Von Randow berichtet von 2.000 türkischen Arbeitskräften, die in der Flugzeugabfertigung arbeiten wollten. Dafür fordert er eine Sondergenehmigung aus Berlin. Müller versichert emsig, dass die Ressortabstimmung in der Frage laufe. An dieser Stelle fängt von Randow sich die erste sarkastische Bemerkung von Plasberg ein, der über die Verfahrensdauer spottet.

Doch fest steht: Die Menschen wollen weg. „Nach Corona möchte ich jetzt einfach Urlaub machen“, sagt ein Mann in einem Video-Einspieler. Eine andere Passantin: „Hauptsache ich komm hier weg – notfalls laufe ich da hin.“ Die Leute würden sich die Lust auf Urlaub trotz der gestiegenen Preise nicht nehmen lassen, stellt auch Ute Dallmeier fest. Journalist Dirk Schümer erzählt, dass sich viele Sorgen machen, dass man sich Urlaub in Zukunft nicht mehr leisten könne. „Die Explosion, die jetzt stattfindet, ist wegen des langen Wartens auf Urlaub, aber auch wegen der Angst, was jetzt noch kommt“, sagt er.

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Das Chaos insbesondere in der Flugbranche ist für Moderator Frank Plasberg ein Grund, sich den Flieger-Lobbyisten erneut vorzunehmen. Tourismusbeauftragte Müller ist der Meinung, dass die Menschen vor Flugreisen auf die Lage sensibilisiert sind, und auf Online-Check-In und Baggage-Self-Drop-Off zurückgreifen. „Also machen die Urlauber den Job der Airline?“, sagt Plasberg. Denn die Airlines haben kaum noch genug Personal – bei der Lufthansa sind es 24 Prozent weniger als noch im März 2020. Die Schalter sind unterbesetzt, Flüge werden annulliert. Das absolute Chaos. Matthias von Randow verteidigt sich: Seine Branche habe sich ausgiebig auf die Sommerreisezeit vorbereitet. „Das ist doch keine Vorbereitung“, giftet Plasberg und zählt die annullierten Flüge von Easyjet auf. Der Luftverkehr sei fast zwei Jahre quasi lahmgelegt gewesen, entgegnet von Randow.  Die Airlines würden enorme Arbeit leisten, sagt er. Doch Plasberg geht den Lobbyisten immer wieder heftig an. „Ich verstehe nicht, warum Sie mir das als Vorbereitung verkaufen wollen.“ „Fliegen ist ein Abenteuer-Urlaub“, schimpft der Moderator.

Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW, sagt, dass das Hauptproblem sei, dass Flugreisen immer im Vorfeld bezahlt werden müssen. „Bei einer Annullierung müsste das Geld am nächsten Tag auf dem Konto sein.“ Das Handling von Beschwerden sei aber so schlecht, dass Eurowings, Ryan Air sowie Lufthansa in der Vergangenheit bereits verklagt werden mussten. Der NRW-Verbraucherschutz hat deshalb die Beschwerde-App „Flugärger“ entwickelt. Die macht es all denen, die an Flughäfen stehengelassen werden, einfacher. Die Daten werden abgefragt, die Ausgleichszahlung wird gleich ausgerechnet – und kann per Klick bei der Fluggesellschaft angefordert werden. „Alles, was die Kommunikation mit der Airline erleichtert, finde ich gut“, sagt auch Lobbyist Matthias von Randow.

Das Hauptproblem löst diese App jedoch nicht: Die Leute kommen nicht in den Urlaub. Dass verpasste Flüge oder unerfülltes Reiseglück überhaupt wieder als Problem gelten, ist nach zig Ukraine-Krisentalks eine Abwechslung. Die kommt beim Publikum zwar nicht ganz so gut an – gemessen an der öffentlichen Resonanz zur Sendung werden die Quoten niedrig sein –, aber Plasberg will ja auch in den Urlaub. Und so verabschiedet er sich mit einer Runde, in der er bissig wie lange nicht mehr war. Wahrscheinlich ging es in seinem Clinch mit Airline-Vertreter von Randow auch um seinen eigenen Flug.

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