Tichys Einblick
Frank Plasberg am Ziel vorbei

Hart aber Fair: Lange warten auf wenig Energie

Zwei Wochen lang ist Hart aber Fair ausgefallen, nun ist Frank Plasberg zurück. Das Thema ist „Warten auf die Preisbremse: Wie lange steigen die Kosten für Strom und Gas noch weiter?“.

Antworten will so recht keiner, aber dafür lange drum herumreden. Die Grünenvertreter in der Runde, gleich zwei, tun, was sie können, um abzuwiegeln. Sie kaschieren ihre Politik der Stromverteuerung sogar.

Das ist zum einen Katrin Göring-Eckardt. Die wiederholt ein Mantra, gerade am Anfang der Diskussion immer und immer wieder: AKWs, besonders das AKW Emsland, seien „fachlich nicht notwendig“. Kanzler Scholz’ am Montagabend verkündetes „Machtwort”, dass die AKWs bis April 2023 weiterlaufen sollen, wischt sie beiseite: „Das Parlament hat das Machtwort“. Recht hat sie damit, überschätzt aber das Stimmgewicht der Grünen darin. Stattdessen hebt sie hervor, dass keine neuen Brennstäbe bestellt werden und dass der Atomausstieg nur verschoben, nicht gekippt ist. „Ab April ist dann Schluss“, ist ihr persönliches „Machtwort“.

Mit der Absurdität, in der Energiekrise Kraftwerke abzuschalten, dem Problem, dass der Energiemangel auch im April 2024 nicht behoben sein wird: Mit all diesen offensichtlichen Problemen wird sie von Frank Plasberg nicht konfrontiert. Nur verzagt fragt er mal nach, immer mit dem Zusatz „aber sie werden es eh nicht beantworten“. Ja, wird sie nicht. Denn wer mit Seidenhandschuhen nachfragt, bekommt garantiert keine Antworten.

AKWs an und eine Familie sparrt 10 Stunden Mindestlohn?

Der andere Grünenvertreter in der Runde ist Jens Südekum. Auf dem Webauftritt von Hart aber Fair wird er als „Professor für internationale Ökonomie an der Universität Düsseldorf“ angekündigt. In der Sendung selbst wird er auch so vorgestellt, aber auch als wissenschaftlicher Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums unter Robert Habeck.

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Dementsprechend verteidigt er die Politik seines Dienstherren – die er wohl zu einem gewissen Grad mitentwickelt hat. Auch für ihn sind AKWs kein Thema. Denn „das beeinflusst Energiekosten nur 1,5 bis 12 Prozent“. Bei Energiekosten von mehr als tausend Euro, was sind da schon 1,5 Prozent Ersparnis? 15 Euro, also mehr als eine Mindestlohnarbeitsstunde. 12 Prozent Ersparnis sind immerhin schon zehn Mindestlohnarbeitsstunden. Peanuts für Staatsbedienstete.

Viel wichtiger seien Fragen der Gasversorgung, sagt Südekum: Flüssiggasbeschaffung, Nordseegas. Gut, Flüssiggasterminals hat Deutschland keine und der Kanzler sowie der Wirtschaftsminister können keine größeren Lieferungen sichern. Die Erschließung von Gasfeldern in der Nordsee ist auch ein größeres Projekt, das nicht in einem Winter abgeschlossen sein wird. Das sind alles Details, solange man sie nicht sieht, lenken die Schlagwörter der Lösung von morgen von der Mangellage im Heute ab.

Oder wie Südekum es sagt: „Ich bin froh, dass jetzt Klarheit geschaffen wurde. Die [AKW-] Diskussion war in den Medien größer, als sie sein sollte“. Da verliert sogar Plasberg noch einmal die Ruhe: „Ich bin auch immer für Medienschelte, aber die Zeit, die die Regierung für diesen Pipikram verplempert hat, hätte man zur Ausgestaltung von Strom- und Gaspreisbremsen nutzen können.“

Opposition ohne Glaubwürdigkeit

Die Opposition wird in dieser Runde von Thorsten Frei vertreten. Er ist parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Bundestagsfraktion. Er nennt die geplante Weiternutzung der Atomkraftwerke bis zum kommenden April einen „faulen Kompromiss“, der den Energiebedarf des Winters 2023/24 vernachlässigt. Wenn nur seine Partei nicht den Atomausstieg 2011 beschlossen hätte, wenn sie energisch für Atomkraft kämpfen oder wenigstens ordentlich opponieren würde, dann könnte man ihm glauben.

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Ein frischer Wind hingegen ist der Gastronom Antonio Link. Er betreibt drei Restaurants und sitzt mit stark belegter Stimme in der Sendung. Er ist krank, weil er nicht mehr heizt. Um ihn (gekürzt) zu zitieren: „‚Rote Linie‘ ist bei den Grünen mein Lieblingswort. Meine rote Linie ist, wenn ich die Gasheizung für meine ein- und dreijährigen Söhne abdrehen muss. Weil ich die Befürchtung habe, dass wir es uns nicht mehr leisten können.“

Mit einem solch vergeblichen Appell an die Regierung könnte man die Sendung auch beenden, aber Hart aber Fair dauert noch weitere 120 Minuten an.

Denn es gilt Geld zu verteilen, Plasberg kommt immer wieder auf die Frage zurück: Warum gibt es in Deutschland noch keine Strom- oder Gaspreisbremse? Die Regierung hat nun eine verkündet, doch beschlossen ist sie noch nicht. Sie kommt auch erst ab März 2023; außerdem soll der Dezember-Gaspreisabschlag für die Bürger vom Staat aus ihren Steuermitteln übernommen werden. „Nur für mich nicht“, sagt Link, denn er ist Geschäftsführer seines eigenen Unternehmens. Er muss nur seinen eigenen Betrieb subventionieren, um nicht ohne Lebensunterhalt dazustehen.

Probleme einfach mit Geld abdecken

Warum Frankreich, Italien, Spanien, Portugal und Österreich geschafft haben, entsprechende Gesetze zu erlassen, aber Deutschland nicht, bleibt unbeantwortet. Göring-Eckardt meint, es läge an der föderalen Struktur Deutschlands. Das mag für Frankreich gelten, aber was ist mit dem Bundesstaat Österreich?

Es ist die übliche Diskussion des gebührenfinanzierten Fernsehens: Probleme mit Geld zuschütten, Geld, das man am besten „denen mit Villa und Pool“ (Göring-Eckardt) abnimmt. Göring-Eckardt bringt dafür die liebsten Wirtschaftsvernichtungsmaßnahmen der Grünen ins Spiel: Übergewinnsteuer, Vermögensabgabe, Ende der Schuldenbremse. Und natürlich ein Tempolimit, um Energie zu sparen. Habecks wissenschaftlicher Beirat will, dass der Strompreis subventioniert wird, um die deutsche Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Die Industrie soll dann vollends am Tropf der Regierung hängen, ohne die sie nicht leben kann.

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Vorschläge, für die sich auch der Gast der Runde erwärmen kann. Eva Quadbeck ist stellvertretende Chefredakteurin des Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Zur Abschöpfung von „Übergewinnen“ kritisiert sie, dass das zu lange dauere. Mögliche Einwände des Bundesverfassungsgerichts daran findet sie vorgeschoben, „und wenn das Bundesverfassungsgericht feststellt, nach einem Jahr, dass das [Abschöpfen von „Übergewinnen“] nicht korrekt war, hat man den Leuten zumindest zwischendurch geholfen“.
Der Staat ist handlungsunfähig

Ein unfassbares Zitat, über das die Runde einfach hinweggeht. Was ist schon ein Verfassungsbruch mehr oder weniger? Am Ende bleibt von der Sendung: Der Staat ist handlungsunfähig.

Die Politik ist mit Funktionärs-Kleinkriegen, Parteischarmützeln und ihrer eigenen sonstigen Unfähigkeit beschäftigt. Die Exekutivorgane des Staates können die Beschlüsse der Politik wiederum nicht umsetzen, aus Datenschutzgründen oder weil Deutschland ein „digitales Entwicklungsland“ ist, wie Quadbeck es zusammenfasst. Probleme sollen mit Geld zugeschüttet werden, doch mit Geld allein kann eine Wirtschaft nicht überleben: Nicht, wenn anders als in der Corona-Krise nicht die gesamte Weltwirtschaft genauso gelähmt ist wie Deutschland. Ein echtes Wirtschaften ist kaum mehr möglich: Nicht, wenn in den Restaurants von Antonio Link das Bier eigentlich 8 Euro kosten müsste; wenn jeder Betriebstag 900 Euro Energiekosten verursacht; wenn eine 90- bis 130-prozentige Auslastung eines Restaurants nicht reicht, um die Kosten zu decken.

Es bleibt der triumphale letzte Satz von Katrin Göring-Eckardt: Atomkraft ist aus.

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