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Hart aber fair: Kampfansage an die Bienensterbenleugner?

Wenn Universitäten die Forschung Krefelder Laien überlassen, ist wenig Hoffnung auf eine bienenfreundliche Weiterentwicklung gesundheitsunschädlicher Spritzmittel für das Korn im Billigbrot.

Screenshot ARD

Ah, die Sache mit den Bienen und den Blüten, so begann im Biedermeier der häusliche Aufklärungsunterricht. Bienen geben Honig und mit dem goldenen Saft bekleckerten sich in den 1980er Jahren Kim Basinger und Mickey Rourke im Hollywood Blockbuster 9 ½ Wochen vor dem offenen Kühlschrank im Halbdunkel. Das war toll. Aber Honig darf man nicht an Babys verfüttern, wissen junge Eltern, die Pollen tragen böse Allergene. Babys können auch am gesündesten Honig sterben. Im Türkeiurlaub kaufte der Vater mal Honig in einer Flasche vom fliegenden Händler und die Mutter überlegte angestrengt, wie der da nun rauszubekommen sei. Aber der Türke zeigte lächelnd nach oben. Na klar, Himmel hilf: einfach in die Sonne stellen, bis das Hartgewordene wieder flüssig wird.

Honig ist deutsches Kulturgut. Er wird zertifiziert, unterliegt einem Reinheitsgebot, wird gewogen, vermessen, kontrolliert abgefüllt und obendrein nach Güteklassen sortiert. Honig ist flüssiges Gold. Seinen Nebenprodukten wie Gelee Royal und Blütenpollen werden magische Kräfte nachgesagt. Während des Ersten Weltkrieges musste der Großvater sein überliefertes Lebkuchenrezept umschreiben vom Honig zum Kunsthonig, zum Zuckersirup mit Kunstaromen.

Glosse
Wie Frank Drebin Ideengeber der Grünen wurde
Kaum eine deutsche ländliche Region, die nicht ihren Imker hat. Wer ihn kennt, kommt in den Genuss der Direktvermarktung. Der Autor hier erinnert sich sogar noch an den Litereimer aus Blech, der einmal im Jahr vom Imker ins Haus gebracht wurde. Den ersten Löffel vom weißlichen Rapshonig schabte sich der Vater aus dem Eimerchen, der anschließend unter strengen Verschluss genommen wurde. Die Wochenration füllte der Herr des Hauses in das tönerne Honigglas in Bärenform. Verschwendung war Sünde.

Aber um all das soll es bei Hart aber Fair heute nicht gehen. Hier ist die Biene nicht Honigspender, sondern Blütenbestäuber. Denn das machen die monarchisch in Völkern organisierten Insekten quasi auf dem Nebengleis. So wichtig, wie unerlässlich. „Der stille Tod der Bienen, wer vergiftet unsere Natur?“ fragt Plasberg. Das große Sterben, schreibt die FAZ, erinnert sich Plasberg. Das ganze Ökosystem sei bedroht, gar die Nahrungskette in Gefahr. Oder doch nur ein Umweltalarmismus?, streut der Moderator erste Zweifel.

Mit dabei ist Christian Schmidt (Bundeslandwirtschaftsminister CSU), der hat sich gerade mitten ins Glyphosat gesetzt. Dort möchte Ranga Yogeshwar sicher nicht Platz nehmen, aber bei Talkshows wird er zum multiplen Bestäuber, kein Thema rund um Natur und Wissenschaft, das er nicht anflöge.

Aus dem Arsenal der Natur
Idyll Natur?
Agnes Flügel ist Imkerin, sie findet ihren Job ganzheitlich, sie weiß von Bienen, die man in Bernsteinen gefunden hat. Für sie ist die Imkerei eine Geschichte der Wertschätzung für das Insekt. Sie erlebt nun direkt, dass ihren Schützlingen die Blüten fehlen. Ihre Bienen müssten teilweise schon im Juli eingefüttert werden, die Landschaft sei da schon nur noch braun und grün. Blüten? Fehlanzeige. „Die Völker werden schwächer, sie sind anfälliger für Krankheiten, man bekommt sie schlecht durch den Winter.“ Verluste seien normal, aber es wird schlimmer. Der Klimawandel tue den Bienen auch nicht gut.

„Nach Rind und Schwein ist die Biene das wichtigste Nutztier“, weiß Glyphosat-Schmidt. „Sie ist verantwortlich für blühende Landschaften“, erinnert er humoristisch an Helmut Kohls Versprechen an die Landsleute in Mitteldeutschland. Harald Ebner ist Bundestagsabgeordneter der Grünen, ein Bienenmann. Er wünscht sich blütenreichere Landschaften für seine geflügelten Freundinnen. Und er erinnert an die vergessene Wildbiene. Denn nicht nur die Honigbiene sei hilfreich! Ranga Yogeshwar ist wie entfesselt vor Begeisterung, kann sich kaum beruhigen, wie toll dass doch sei, das in einer politischen Talkshow über Bienen gesprochen wird.

Oder die verwöhnte Generation
Glyphosat und die postmodernen Narzissten
Bernhard Krüsken ist Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes. Er ist der Skeptiker. Krüsken berichtet von Fachleuten, die wüssten, dass wir uns in Sachen Insekten leider noch in einer Wolke der Unwissenheit bewegen. Er hätte den Satz zwar anders formuliert, aber dem Sinn nach sei er doch ganz bei Katrin Göring-Eckardt. Die nämlich sprach auf dem Parteitag der Grünen: „Wir wollen, dass in diesen vier Jahren jede Biene und jeder Schmetterling und jeder Vogel in diesem Land weiß: Wir werden uns weiter für sie einsetzen.“ Bernhard Krüsken warnt: „Wir können nicht auf wissenschaftliche Studien warten. Es reicht keine Bestandsaufnahme, wir müssen an die Ursachen heran.“

Der Grüne wirft den Begriff des Offenlandes in die Runde. Auf diese 52 Prozent der Fläche des Landes muss der Blick gerichtet werden. Plasberg erinnert an das persönliche Empfinden der Menschen: „Weniger Insekten!“ Ranga Yogeshwar bringt die berüchtigte Krefelder Studie ins Spiel, fast so, als hätte es um diese Hobbyforscher-Arbeit nie eine Diskussion gegeben. Tatsächlich reduziert sich die Erhebungsmethode bei genauerer Hinschau ebenso wie die gezählten Insekten über die Jahre des Schauens. 75 Prozent Verlust über einen langen Zeitraum: Yogeshwar verteidigt die Studie, bestätigt den Schwund, als wäre er dabei gewesen, als es bei Krefeld im Sammelglas immer weniger wurde. Krefeld wäre weltweit gehört worden und hätte etwas angestoßen. Aber vielleicht wurden es einfach immer weniger Insekten, weil linksrheinisch immer mehr Sammelgläser aufgestellt wurden, möchte man ironisch anfügen.

Ein 68-er über die selbstsüchtigen Erben
Die vollalimentierten Erben der 68-er Generation
Aber gut, wenn nicht Krefeld, dann eben England: Dort hätte man über einen langen Zeitraum Nachtfalter gefangen, da wäre es ähnlich gewesen: Immer weniger im Kescher! Aber Yogeshwar weiß noch mehr: halbierte Hummelarten, fünfzig Prozent ausgestorben, die gäbe es nur noch aufgespießt in – na klar – Krefeld zu sehen. Plasberg versteht nicht, warum sich unsere Exzellenz-Universitäten nicht damit beschäftigt hätten, dass man nun nach Krefeld zu den Amateuren schauen muss. Aber wen fragt er da? Der Physiker Yogeshwar ist hier selbst nur Amateur, wie auf dem Gebiet der allermeisten Themen, die er seinen Fernsehzuschauern als Fachmann offeriert. Nett ist er ja. Eine fleißige skandalfreie Fernsehdrohne.

Unser Landwirtschaftsminister hat den Feind schon länger im Auge: die Neonicotinoide, eine Gruppe von hochwirksamen Insektiziden. „Die Hersteller klagen gegen Maßnahmen der Europäischen Union, die schon ein befristetes Teilverbot erlassen hat.“, weiß nun Harald Ebner und stößt dem Landwirtschaftsminister den Zeigefinger in die sowieso schon enge Fluchtdistanz. Dem bösen Christian Schmidt, diesem Glyphosat-Minister.

„Bienen mit Pollenhöschen, das sind diese dicken gelben Knödel“, erzählt die Imkerin Frau Flügel. Herrlich! Und eben in diesen Pollen sei nicht nur ein Gift nachweisbar, sondern eine Vielzahl von Giften. Was wohl die Pollenesoteriker morgen ihren Pollenkunden dazu sagen. Eine Untersuchung in Taiwan mit Neonicotinoiden an Fledermäusen hätte gezeigt, dass sich deren Flugverhalten verändert, weiß wieder Yogeshwar und will dieses Wissen auf die Bienen angewandt wissen.

„Es geht nicht um tote Bienen, es geht um Bienen, die so desorientiert sind, dass sie ihren Stock nicht mehr finden (..:) Wir müssen jetzt handeln.“ Wow, das ist schlimm. Das klingt zumindest ziemlich schlimm. Umherschwirrende Bienchen, die nicht wissen wohin mit dem Honig, den sie eigentlich schon gar nicht mehr finden können, weil alles nur noch grün und braun ist. Aber was, wenn Yogeshwar recht hat? So richtig weiß es ja keiner in der Runde. Also schaut man nach Taiwan. Ob’s hilft? Nun hat der gemeine Zuschauer nichts gegen Bienen, wenn er nicht gerade hochgradig allergisch ist. Lebensbedrohlich. Man spricht also hier über Gift, das Insekten vernichtet, die selber Giftspritzen sind, könnten solche Bienenphobiker ätzen.

Unentschiedener Polit-Prozess
Glyphosat
Yogeshwar kommt irgendwann von Taiwan wieder zurück nach Krefeld zu den Amateuren und dann geht er gleich ganz nach Hause: „Ich wohne auf dem Land, ich habe auch Bauernfreunde!“ Nein, mit Bienen hat er noch nicht gesprochen, aber er würde ganz sicher, wenn er nur könnte. 22 Milliarden Euro im Jahr ist der Wert der Bestäubung, hat die EU ausgerechnet. Warum nicht 20 oder 25? Da muss man mal die Berechnungsmethoden anschauen. In den USA werden schon ganze Völker an die Landwirtschaft und an die Obstbauern vermietet, zeigt ein Einspieler. Eine Industrie der Bienenbestäuber sei entstanden. Sie sind dann die Profiteure der Katastrophe, so denn Krefeld nicht nur Krefeld ist, sondern Krefeld sich als Krefeld-Apokalypse herausstellt.

Die Jahrmillionen alte TinderApp der Schlupfwespe sei kaputt, weiß nun der grüne Bundestagsabgeordnete. Woher?? Irgendwas sei mit dem Sexuallockstoff in die Binsen gegangen. Nun also doch die Geschichte von den Bienchen und Blüten? Honigsüß! Also nach einer langen Strecke Hart aber Fair wird zumindest eines klar: Es ist was im Argen. Aber was, weiß keiner so genau. Und solange man es nicht genau weiß, kann man auch der Agrarindustrie nicht am Zeug flicken. Was ist los mit den Universitäten, dass sie sich von Krefelder Insektenfreunden den vergifteten Honig vom Brot nehmen lassen?

„ES BRENNT!“, mahnt der Krefeld-Jünger Ranga Yogeshwar. „ES BRENNT!“ Wissenschaftler muss man dafür nicht sein, verteidigt der Bienenlaie wieder die Laienbrüder aus Krefelder. Es ginge doch um wissenschaftlichen Sachverstand. Den hätten die! „Wenn sie nun sagen, die Alarmanlage sei nur ein Fehlalarm, muss ich widersprechen“ geht an die Adresse des Generalsekretärs des Deutschen Bauernverbandes „Ich störe mich ja nur an der Aussage, das wir kurz vor dem Ende der Welt stehen.“, kommt es fast entschuldigend vom Bauernboss Krüsken zurück. Sein Angebot: „Wir müssen handeln, ja.“ Die Bauern würden doch jetzt schon das so genannte „Greening“ auf fünf Prozent ihrer Ackerflächen betreiben, erinnert Bernhard Krüsken. „Das ist doch eine Nebelkerze!“, stänkert nun nicht etwa der Freund aller Krefelder Yogeshwar, sondern Plasberg himself. Und was man sich in zahlreichen seiner Polittalks mal als Geständnis erwartet hätte, kommt nun ausgerechnet in seiner Bienchensendung: „Ich bin gerade dabei die Rolle als Moderator zu verlassen.“ Hah!

Plasberg erklärt der Runde, das Thema Bienensterben sei in der Mitte der Gesellschaft schon länger unterwegs. Die sei nicht überrascht. Einige bienenferne Zuschauer doch. Aber die sind dann wohl eher vom Rande der Gesellschaft. Umweltignoranten, oder präziser: üble Bienenmörder. Heiko Maas muss hier unbedingt einen Bienenhater-Verfolgerparagrafen durch den Bundestag peitschen. Maas, bitte übernehmen sie!

Und Plasberg zieht seine Trumpfkarte: Die Vorzeigefamilie Meinhard aus Bergisch-Gladbach. Die nämlich halten sich Bienenstöcke im eigenen Garten: Die motzen nicht nur, die handeln, will uns der Einspieler sagen. Man kann also nicht nur gegen Rechts aktiv werden, sondern auch gegen Bienensterbenleugner. In dem man sich selbst welche im Garten hält und das Verenden der Insekten quasi live miterlebt? Lustig wirds: Der Vater bekam von seiner Frau eine Imkerausrüstung geschenkt. Andere Frauen sagen genervt zum maulenden Gatten auf der Couch: „Such Dir mal ein Hobby!“ Die gute Frau Meinhard macht’s besser.

Beweisen nichts und alles
Die dümmsten Studien
Mit ihren Bienenvölkern wollen die Meinhards ihren ganz persönlichen Beitrag leisten. „Und der kann sich sehen lassen: 33 Kilo erntete die Familie dieses Jahr.“, erzählt stolz die Offstimme. Und damit wird kein Geld verdient: Der Honig wird verschenkt! Gestochen wurde der Familienvater als Eindringling im Bienenstock natürlich auch, aber er nimmt dann Globoli ein. Die helfen sogar! Dann die Horrorstory ganz nebenbei: Seine Milben im Bienenstock würden mit Nervengift behandelt. Die bösen Milben schaden nämlich den Bienen. Und diese Schädlinge haben keinen Fürsprecher. Nun sollte man nicht zu zynisch reagieren. Denn eines ist auch klar: Die Kinder der Meinhards beschäftigen sich öfter mit ihren eigenen Bienenstöcken als mit der Playstation. Beschäftigen sich mit einer der wahrscheinlich schönsten Naturzähmungen, die die Menschheitsgeschichte anzubieten hat. Mit einer gewachsenen Tradition in Deutschland und Mitteleuropa. Weltweit!

Nun sollte aber auch den Kindern erklärt werden, dass der deutsche Landwirt nicht der Bösewicht sein kann. Wer sich wie Millionen Deutsche nur das Heidebrot aus dem Supermarkt für einen Euro leisten kann anstelle eines Bio-Vollkornbrotes für 6,50 Euro, der ist nun Mal angewiesen auf konventionelle Landwirtschaft, soll das deutsche Brot nicht vom Grundnahrungsmittel zum Luxusartikel werden. Der Mittelweg muss gesucht und auch gefunden werden.

Aber wenn unsere deutschen Universitäten die Forschung Krefelder Laien überlassen, dann darf man wenig Hoffnung auf eine zügige bienenfreundliche Weiterentwicklung gesundheitsunschädlicher Spritzmittel für das Korn im Billigbrot setzen. Plasberg fragt, was es denn dem Verbraucher wert sei, Bio-Äpfel zu kaufen, die drei Mal so teuer sind. Vielleicht hätte er nicht fragen sollen, was es ihnen wert ist, sondern was sie sich leisten können. Er sollte es der Familie Meinhard mal nach machen. Mal am eigenen Erleben am Leben der anderen teilhaben. Einfach mal auf 85 Prozent des Honorars verzichten. An der Armutsgrenze anklopfen und schauen, was ihm dann noch der Bio-Apfel wert ist, wenn es die dreifache Menge Obst von konventionellem Apfelplantagen gibt.

In einem unbekannten Land vor gar nicht allzu langer Zeit war eine Biene sehr bekannt, von der sprach alles weit und breit. „Eine verdammt engagierte Diskussion zum Thema Bienen, wer hätte das gedacht.“, endet Plasberg. Stimmt, aber wie das eben so ist mit dem Engagement. Am meisten davon haben wohl die Meinhards, nämlich 33 Kilo Honig. Und ganz verschenkt wird der wohl auch nicht, wie der via Skype zugeschaltete Sohn der Meinhards aus Versehen verrät. Es geht halt um die Steuer, die da ein bisschen umgangen wird. Der Staat will eben auch hier zufassen, wo was verdient wird. Und wenn es für das Bio-Vollkornbrot reichen soll, muss eben auch bei Meinhards ein bisschen gemogelt werden. Wer will es ihnen missgönnen? Eine sympathische Familie mit einem Hang zu Bienen.

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