Mit Felix Neureuther steht Louis Klamroth auf der Skisprungschanze von Garmisch-Partenkirchen, um über die Welt zu sprechen, das Klima, den Schnee und den ganzen Rest. Thema der Sendung: „Berge ohne Schnee – Ist Alpen-Tourismus noch okay?“ Der ehemalige deutsche Skirennläufer hat eine Doku moderiert, die der Sendung vorausging. Und Neureuther hat Angst. Vor den viel zu vielen Touristen in den Alpen. Und vor allem davor, dass sie sich wohl auch in Zukunft „immer noch das Skifahren leisten können“. Na, da seien doch wohl Habeck und Lindner vor, möchte man rufen.
Neureuther ist offenbar auch Langzeit-Meteorologe. Er weiß ganz sicher: „Alles unter 1200 Meter wird schwierig sein die nächsten 30 Jahre.“ Zu wenig Schnee. Was dann?
Umschnitt. Im Studio wartet Reinhold Messner, den Louis Klamroth zum Einzelinterview empfängt. Der weltberühmte Bergsteiger und ehemalige EU-Abgeordnete der Grünen steckt den Rahmen für den Abend ab: „Der Schwund des Permafrosts, das wird das Problem der Zukunft.“
Neben ihm auf der „Bank der Realisten“ sitzt Sporteventmanager Florian Stern aus Oberstdorf, der bereits die Vierschanzentournee organisiert hat. Er wirft der Neureuther-Vision mit den 1200 Höhenmetern erstmal eine andere Zahl hinterher. Skifahren werde zwar schwieriger, aber es „funktioniert immer noch, auch auf 700 Metern“.
Dritte auf dieser Seite der Diskussionsrunde ist Michaela Kaniber, die bayerische Staatsministerin für Tourismus. Die CSU-Politikerin warnt eindringlich davor, jetzt analog zur „Flug-Scham“ möglicherweise auch noch „ein Ski-Shaming aufzumachen“. Sie mahnt mehrfach an diesem Abend Technologieoffenheit an und erzählt von einer KI-gestützten App, die am Tegernsee und am Schliersee bereits erfolgreich die immensen Verkehrsströme mit bis zu 70.000 Tagesausflüglern lenke.
Doch damit die Wirklichkeit den Zuschauer nicht vollends umzingelt, hat Klamroth ja noch drei weitere Damen eingeladen. Und damit kommen wir zur lustigen Seite des Abends, nämlich der gegenüberliegenden Debattentheke.
Was genau Martina von Münchhausen beim WWF Deutschland zur „Tourismusexpertin“ qualifiziert, wird leider nicht so recht deutlich. Denn die Alpen sind in ihren Augen bereits komplett „industrialisiert“ und auch die Katastrophe ist bereits final. Ihre Redebeiträge beginnt sie mit Halbsätzen wie „Jetzt, wo wir keinen Schnee mehr haben …“ oder: „Ohne Schneekanone ist kein Skifahren mehr möglich.“ Steile These. Gewissermaßen die schwarze Piste des Palavers.
Aber es wird noch besser: Katharina Schulze ist da, Bayerns Grünen-Abgeordnete mit dem Master in TikTok-Tanzwissenschaften. Schon mit ihrem ersten Atemzug ist es raus, das unvermeidliche Wort: „Klimakrise“. Ausrufezeichen. Sie fordert „kluge politische Entscheidungen“ mit Verboten und „Subventionen“. Ihr Textbaukasten für diesen Abend hat alle bekannten Bausteine, aber nichts Konkretes. Deutschland müsse Vorbild sein und überhaupt. Angst kommt auf. Dass sich die Grünen nach der deutschen Wirtschaft möglicherweise noch die anderen Alpenländer vornehmen könnten.
Den Punkt mit den Subventionen wirft Klamroth Reinhold Messner zu. Doch der Bergsteiger winkt ab: „Ich bin generell gegen jede Subvention. Das macht so viel kaputt.“ Klamroth traut seinen Ohren nicht und reagiert leicht zickig: „Auch in der Landwirtschaft?“ Doch Messner lässt sich nicht beirren. „In der Landwirtschaft haben wir so viele Fehler gemacht in den letzten hundert Jahren, dass es nur mehr korrigierbar ist, indem wir die Bauern jetzt von ihrer bürokratischen Keule erlösen.“ Bäm.
Und die Alpen? „Die vertragen sogar noch mehr Gäste als bisher, wenn wir sie besser verteilen und wenn nicht alle mit dem Auto anreisen“, sagt Messner. „Sie suchen die Stille, aber in der Masse machen sie es alle kaputt.“ Er selbst habe Konzepte entwickelt für einen nachhaltigen Tourismus. „Ich mache aus dem aggressiven Skitourismus einen Kulturtourismus“, sagt er. Wenn man konstruktiv arbeite, müsse man sich auch nicht irgendwo auf den Asphalt kleben.
CSU-Frau Kaniber kann mit den grün-woken Argumenten nichts anfangen. „Was mich stört, ist dieses deutsche Weißwestentum“, sagt sie. „Alles abschaffen ist auch keine Lösung. Man kann nicht mit einem Verbot diese Lenkung vollziehen. Nicht immer mit dem Vorschlaghammer arbeiten. Des mach’ ‘mer nicht mehr, und des mach’ ’mer nicht mehr.“ Intelligente Lösungen seien gefragt, „aber wir lassen es nicht zu, weil wir wieder mal die Welt retten“.
Eventmanager Stern wirft kurz ein anderes Argument in die Runde: die weiterhin geltende Steuerbefreiung für Flugbenzin. Kaniber kann nicht an sich halten: „Das ist jetzt aber schlecht für die Partei der Vielflieger.“ Eine süffisante Spitze gegen die Grünen, die nach Auswertung der Bundestags-Reisedaten mehr fliegen als alle anderen Abgeordneten. Schulze lächelt süßsauer.
Nach ein paar tiefgründigen Gedanken über Alpinismus und Tourismus bringt Reinhold Messner noch eine schöne These unter: Das Reisen dürfe man nicht verbieten, „weil wir damit andere Kulturen kennenlernen, andere Kontinente kennenlernen und damit auch Empathie entwickeln können. Es wäre gut, wenn ein paar bekannte Politiker mehr gereist wären.“
Übrigens: Wer von der Sendung immer noch nicht genug hat, für den gibt’s eine weitere Neuheit. „Hart aber Fair to Go“ immer am Folgetag in der ARD-Mediathek. Als wäre der Montag nicht schon hart genug.