„Was für’n Cluster-Fuck!“, sagt Moderator Louis Klamroth gleich zu Beginn der Sendung. Und er hat so recht. Was er mit dem etwas deplatzierten Slangwort meint, ist die aufsehenerregende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass 60 Milliarden Euro aus dem Corona-Notfallhilfsfond nicht für den Klima- und Transformationsfonds (KTF) verwendet werden dürfen, wie es die Ampel-Koalition versucht hat. Doch Klamroth könnte auch einfach seine eigene Sendung meinen. Was für’n Cluster-Fuck!
Oberster Ritter der Schwafelrunde ist diesmal Kevin Kühnert. Der SPD-Generalsekretär ist stets eine sichere Bank für scheinbar dicke Bretter, die am Ende nur aus federleichtem Balsaholz bestehen. Er zehrt noch immer von der Floskelschulung aus alten Callcenter-Zeiten – damals, als er kurzzeitig einem normalen Beruf nachging („Bring den Anrufer zum Lachen, dann hast Du den Abschluss sicher, Kevin! Ein, zwei Lacher, Kevin, zack!“) Kühnerts philologische Plattitüden! All seine abstrusen Bilder! Beispiel: „Damit werden ja keine Clownsnasen finanziert“. Oder Scholz, der sein Kanzleramt ja schließlich nicht mit Blattgold belegen würde (Faktencheck: bei 700 Mio Renovierungskosten durchaus denkbar…). All das kühne Geschwafel kann wie immer nicht darüber hinwegtäuschen, dass „Kühnikev“, wie er sich selbst nennt, inhaltlich nur wenig zu bieten hat.
Das passt perfekt zur Sendung, denn auch hier wird um das eigentliche Thema stets sauber herumgeredet. Das große Bild wird auch an diesem Abend nicht beleuchtet, nicht einmal das Tuch gelupft. Warum eigentlich ist Deutschland überhaupt in der misslichen Lage, mit 60 Milliarden den Bürgern und der Wirtschaft unter die Arme greifen zu müssen? Mit Zuschüssen, Umlagen und Subventionen, ausuferndem Bürgergeld und Förderprogrammen für einen rational nicht erklärbaren Heizungszwangsaustausch? Warum kommt der Bundeshaushalt, der in Zeiten zweistelliger Inflationsraten allein durch die zusätzlichen Mehrwertsteuereinnahmen geradezu explodiert, mit der ganzen Kohle nicht aus? 445 Milliarden ist der Haushalt bereits fett. „Das ist nicht gerade wenig“, sagt Serap Güler von der CDU. Nebenbei bemerkt: Ökonom Jens Südekum rechnet vor, dass bis 2030 vermutlich mehr als eine Billion (!) Euro (1.000.000.000.000) an Fördermitteln nötig sein wird, um „unsere Klimaziele“ zu erreichen.
Was sind das überhaupt für „Klimaziele”, und warum maßt sich Deutschland an, das Klima „schützen“ zu können? Warum kommt ein Kühnikev mit der steilen These davon, dass sich „alle Welt“ bemühe, diese Ziele zu erreichen und nur Deutschland jetzt wohl dabei versagen werde. Wenn doch die ganze Welt eher die ideologiegetriebenen deutschen Alleingänge belächelt, statt ihnen zu folgen. Bis 2030 will Deutschland soviel CO2 einsparen, wie China an einem einzigen Tag rausbläst. Dass soll den deutschen Bürgern allen Ernstes eine Billion Euro hartverdientes Geld wert sein? Während sie russisches Erdgas und Öl über indische Umwege zum mehrfachen Preis kaufen müssen? Sich eine Erdgas-Leitung wegsprengen lassen, ohne auch nur zu murren? Und überhaupt: CO2, war das nicht eigentlich das Gas des Lebens? Aus dem alle Bäume bestehen? Und die Biotomaten? Steigt nicht der CO2-Gehalt stets erst dann, nachdem es auf der Erde wärmer wurde?
Nein, all diese Fragen kommen nicht aufs Tapet bei Hart aber Fair. Denn der Rahmen des Sagbaren und des Diskussionswürdigen ist hier sauber abgesteckt. Hier geht es nur darum, wo diese verclusterfuckten 60 Milliarden jetzt bloß herkommen sollen. Und warum die CDU mit ihrer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht dem gutmeinenden, stets bemühten Wirtschaftsminister, dem so sympathisch schnuffelmuffelnden Habeck nur so dermaßen dreist die Tour versauen konnte. Wenn Deutschland jetzt den Bach runtergeht, dann liegt das an Friedrich Merz, sagt er. Nicht an den Maßnahmen, der Energiewende, dem Bürgergeld, das zur Hälfte an Leute geht, die noch nicht einmal Bürger sind. Und die immer mehr werden. Kurz: Es liegt an allem, aber keinesfalls an der Tatsache, dass die Ampel das Land gerade in Grund und Boden misswirtschaftet. CDU-Frau Güler stöhnt: „Hier wird gerade nicht der Täter für schuldig erklärt, sondern derjenige, der diese Tat zur Anzeige bringt.“
Journalistin Kristina Dunz hatte die Sendung mit interessanten Worten eingeläutet: „Man hat das Gefühl, dass es an allen Ecken und Enden in diesem Staat bröselt. Und jetzt hat die Bundesregierung wieder gepatzt. Diese Regierung kann es nicht.“ Doch bei Dunz kommt nichts nach. In ihren übrigen Statements erweist sich die „Zeit“-Mitarbeiterin als erfolgreich durchgeneusprecht. George Orwell wäre stolz. Klimawandel allein macht’s bei Dunz nicht mehr. Sie spricht von „Erderhitzung“. Und empfiehlt der Bundesregierung, doch einfach eine neue Notlage auszurufen. Der Ukraine-Krieg und der erwähnte, offenbar brodelnde Planet würden dafür doch profunde Anlässe abgeben. Kühnikev freut sich, dass auch CDU-Ministerpräsidenten wie Daniel Günther in Schleswig-Holstein bereits an genau so einem Kniff arbeiten. Corona hat es gezeigt: Einfach eine Notlage deklarieren, dann fließt die Kohle.
Doch woher dieses Geld eigentlich kommt, auch das wird in dieser Sendung selbstverständlich nicht weiter diskutiert. Dass all die Hilfsmittel, die ein sozial-sozialistischer Staat so frohgemut umverteilen will, zuvor von irgendwem erarbeitet worden sein müssen, ist für Sozialdemokraten, aber neuerdings auch für die „Liberalen” nurmehr ein lästiger Nebenaspekt. Auch FDP-Frau Linda Teuteberg verpasst in der Sendung ihre Chance, das mal klarzustellen. Dass die so genannten „Sondervermögen“ Schulden sind, die von künftigen Generationen bezahlt werden müssen – Schwamm drüber. Es ist Montag Abend, und die Woche ist doch noch so lang.
Man könnte sich tagelang aufregen über diese 75 Minuten, aber leider, leider, der Text ist schon zu lang, die Tinte alle, der Blutdruck zu hoch, und die Wäsche muss auch noch auf die Leine. Am Ende bleiben zwei Erkenntnisse: Wir brauchen weniger Staat. Und definitiv weniger Hart aber Fair.