Ist das Magazin Der Spiegel nun endgültig an seinem absoluten journalistischen Tiefpunkt angekommen? Könnte man jedenfalls denken, wenn man die Aufmachung der aktuellen Ausgabe nebst Titelstory liest. Wenn das Leitthema zunächst zwar ein heißes Eisen ist, die Hitze dann aber konsequent gemieden wird.
Der Spiegel titelt: „tierisch wütend“ und will seinen Lesern erklären, „warum so viele Menschen im Alltag die Nerven verlieren und ausrasten.“ Die Problematik ist bekannt, wenn sich Polizei, Feuerwehr und Ämter immer öfter gegen zugewanderte und Aggressivität von Migranten wehren müssen. Nicht, dass es dieses Phänomen auf deutscher Seite nicht gäbe, aber erstgenannte Klientel ist im besonderen Maße verantwortlich für die Eskalation.
Das allerdings interessiert den Spiegel nicht. Ein kleines Wunder: Die Redakteure schaffen es sogar, den aggressiven Zugewanderten fast komplett zu ignorieren, es gibt ihn im Spiegel einfach nicht. Selbst in den Einzelgesprächen mit Zugbegleitern, Sanitätern usw. gelingt den Redakteuren das Kunststück, deutliche Verweise in diese Richtung zu vermeiden, während auf dem Spiegel-Cover ein aufgemalter Dackel die Zähne fletscht und damit den Hinweis geben soll, auf den wahren Urheber einer Aggressivität gegen Beamte: der Dackeldeutsche.
Bevor wir uns diesem Tretminenvermeidungsjournalismus widmen, ein paar Fakten: Hierfür bewegen wir uns zeitlich zunächst vor dem Beginn der Massenzuwanderung, wenn bereits 2010 im Forschungsbericht des Projekts „Gewalt gegen Polizeibeamte“ ermittelt wurde, dass „Migranten unter den Tätern der Polizeigewalt etwa doppelt so häufig zu finden sind, wie es ihr Anteil in der Grundgesamtheit erwarten ließe. (…)In großstädtischen Gebieten (mindestens 500.000 Einwohner) liegt der Anteil nichtdeutscher Täter mit 51,5 % noch einmal deutlich über dem Durchschnitt.“
Weiter befindet die Untersuchung: „Das zweithäufigste Motiv für Angriffe auf Polizeibeamte ist aus Sicht der Beamten Feindschaft gegenüber der Polizei bzw. dem Staat. Bei nichtdeutschen Tätern findet sich dieses Motiv häufiger als bei deutschen Tätern. Zudem hat sich gerade der Anteil der auf dieses Motiv zurückgehender Angriffe über die Jahre hinweg erhöht.“
Feindschaft gegenüber der Polizei also bereits Jahre vor der Massenzuwanderung eklatant höher bei Migranten, aber der Spiegel zeigt auf dem Titel einen deutschen Dackel als Synonym für tierisch wütende Bürger und kein aggressives Dromedar mit Wasserpfeife, weil das politisch nicht korrekt wäre? Der geifernde Dackel darf es dann aber sein?
Schauen wir weiter, wie sich die Situation nach 2010 entwickelte: Laut Polizeilicher Kriminalitätsstatistik, die seit 2011 Opfer aus Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten gesondert ausweist, ist Gewalt gegen Einsatzkräfte in den vergangenen fünf Jahren angestiegen. Die Gewaltkriminalität nahm um ein Drittel zu, einfache Körperverletzungen um 57 Prozent. Jeder Retter erleidet durchschnittlich drei Übergriffe im Jahr ergaben Befragungen von Polizei und Rettungskräften. „Nach Einschätzung der Opfer waren für etwa 40 Prozent der Fälle körperlicher Gewalt Täter mit Migrationshintergrund verantwortlich.“
Liest man dazu noch den aktuellen Abschlussbericht „Gewalt gegen Einsatzkräfte“, dann ahnt man, was den Spiegel so tollkühn bewogen haben könnte, Realitäten komplett auszublenden, wenn es dort heißt:
„Bewertungen durch die befragten Einsatzkräfte, ob ein Migrationshintergrund des Täters vorgelegen hat, können lediglich aufgrund äußerlich in Erscheinung tretender Merkmale vorgenommen werden. Insofern ist das Merkmal eines Migrationshintergrundes lediglich dazu in der Lage, Bedarf im Bereich interkultureller Kompetenzen herauszustellen. Aussagen zur tatsächlichen Betroffenheit durch Täter mit Migrationshintergrund sind nicht möglich.“
Wenn also Polizei und Feuerwehren beispielsweise auf ihrem Einsatz immer häufiger von arabisch aussehenden jüngeren Männern auf Arabisch beschimpft und körperlich attackiert werden, dann sind Aussagen, dass es sich hier um Migranten und Zuwanderer handelt, nicht möglich? Einfach deshalb, weil diese Daten nach Ausweiskontrollen usw. nicht gesammelt werden dürfen? Und darauf basiert dann der Verweis des Spiegel auf den geifernden deutschen Dackel, wenn es um Aggressivität und Wut gegen Beamte geht? Ein journalistischer Offenbarungseid.
Aber kommen wir zum Artikel selbst, der die Überschrift trägt: „Die enthemmte Gesellschaft“. Der Spiegel fragt: „Woher kommt diese Wut?“ gegen Feuerwehrleute und Polizisten. Und er fragt weiter: „Ist unsere natürlich Drosselung defekt? Gilt nicht länger, was sich gestern noch von selbst verstand?“
Aber welches Gestern meinen die Autoren? Jenes von vor 2015? Ein deutscheres Gestern? Damals, als die Wut des mit den Armen rudernden Südländers noch in der Fernsehwerbung mit einem alkoholischen Getränk besänftigt werden sollte und der Südländer so zum lieben Freund des Touristen wurde? Integration auf Ramazotti oder welches Getränk hier verantwortlich war?
Das alles wären Fragen, die einem Gefühl folgen würden, keiner empirischen Gewissheit, fügt der Artikel an. Allerdings wäre es doch erste Aufgabe der Redakteure gewesen, sich auf die Suche nach eben jenen Fakten zu machen. Stattdessen folgen satte zwölf Seiten Relotius-Prosa und ausgewählte Gesprächspartner, die sich für den Spiegel nun darin üben müssen, das übergroße Problemfeld aus der Gruppe der Migranten und illegalen Zuwanderung so zu umgehen, als bewege man sich über ein Minenfeld.
Fazit des Artikels tatsächlich: Eine fortschreitende Enthemmung der Gesellschaft sei offenbar, „unabhängig von Milieus.“ Private Gespräche mit Polizisten und Feuerwehrleuten aus der Nachbarschaft – und fast jeder hat Nachbarn in solchen Berufen – zeichnen ein komplett anderes Bild, wenn der Feuerwehrmann, der verständlicherweise anonym bleiben will, die Gruppe, aus der die maßgeblichen Angriffe und Übergriffe kommen, klar und ohne Umschweife benennt: „Migranten“. Dem Spiegel ist das Wumpe. Spiegel-Redakteure wohnen nicht neben Polizisten und Feuerwehrleuten.
Der Spiegel prahlt damit, er hätte den Fällen „hinterherrecherchiert“ und merkt gar nicht, dass alleine in dieser Begrifflichkeit alle Informationen der Arbeitsweise des Spiegel enthalten sind: Die Redakteure laufen den Fakten hinterher, ohne sie aufzunehmen.
Lieber verweisen sie auf ein Buch, dass den Kapitalismus kritisiert und holen sich mit Andreas Zick von der Uni Bielefeld einen „Experten“ ins Boot, dessen zweifelhafte Arbeitsweise wir bei TE schon hinreichend erzählt haben, wenn Zick beispielsweise bereits im Juli 2018 in der „Story im Ersten“ nichts über Gewalt gegen Beamte beitragen konnte, aber immer wieder zu Wort kam.
Damals befand TE: „Hier bleibt der Zuschauer sprachlos zurück. Weiter entfernen von einer sinnvollen Analyse der gegenwärtigen Zunahme von Gewalt gegen Beamte durch eine wachsende Zahl von Zuwanderern kann man sich kaum noch.“
Besonders erschreckend, wenn der Spiegel diese Sendung und ihre Intention jetzt viele Monate später einfach nur aufwärmt und sich obendrauf noch des gleichen „Experten“ bedient, der schon damals so fundamentale Weisheiten unter die Leute brachte, wie diese hier: „Wir kommen auf die Welt als Menschen, die Gewalt ausüben können. Und Gewalt macht auch Vergnügen.“ Andreas Zick ist Stiftungsrat der Amadeu Antonio Stiftung (Vorsitzender) und der Freudenberg Stiftung. Und es ist tatsächlich alles andere als ein Vergnügen, sich journalistisch mit diesem Herrn zu befassen.
Der Spiegel schreibt also eine so belastete TV-Sendung einfach noch einmal auf? Nun waren andere Zeitungen und Magazine schon viel früher viel und näher an der Wahrheit, wenn sogar der Tagesspiegel über neu zugewanderte Migranten befand: „Tatsache ist, dass diese jungen Männer zeigten: Eure Regeln sind nicht unsere.“ Und die Zeitung verweist dann im Zusammenhang mit Gewalt gegen Polizisten auf arabische Clans und afrikanische Dealer.
Die Augsburger Allgemeine ergänzte:
„Die Lage ist noch nicht so schlimm wie in Schweden oder Frankreich, wo die Polizei in vielen (muslimisch geprägten) Stadtvierteln längst kapituliert hat. Doch es ist höchste Zeit, dass der Staat massiver gegen die Gewalttäter vorgeht.“
Der Spiegel zeigt seinen Lesern stattdessen den wütenden Dackel und damit auf den aggressiven deutschen Spießer, der seine Wut nun gegen Beamte richten würde. Ja, ganz sicher gibt es auch das. Aber damit ist das Magazin zielgenau am eigentlichen Problem vorbeigelaufen.
Und die Wut kocht dann tatsächlich hoch beim Dackelbesitzer, aber viel mehr über solche journalistischen Schlechtleistungen, wie sie der Spiegel hier leider abliefert. Die Wut darüber drückt sich längst in sinkenden Abonnentenzahlen aus. Wütende Deutsche, ja. Denn Migranten und Zugewanderte dürften unter Spiegel-Abonnenten eher eine Rarität sein. Wofür man sie ausnahmsweise beglückwünschen darf.