Von Stunde zu Stunde verdüsterten sich auf unseren Bildschirmen die Gesichter der Moderatoren immer mehr, im Radio belegten sich die Stimmen mit einer eigenartigen Gequältheit. Hatten doch über Wochen alle großen Meinungsforschungsinstitute eine bombastische Niederlage für den von allen „Fortschrittlichen, Klimabesessenen und Gendergetriebenen“ rund um den Erdball gehassten Donald Trump vorhergesagt. Die Aggressivität der US Berichterstattung und die Attacken gegen den immer gut gelaunten „verrückten“ Mann im Weißen Haus erreichten grenzwertige Dimensionen. Und nun das: Noch steht der endgültige Gewinner nicht fest, doch der erwartete Erdrutschsieg der Demokraten ist ausgeblieben – die Trump-Dämmerung trat nicht ein. Wie immer auch das Millimeter-Kopfrennen Biden/Trump auch ausgehen mag, für die Demoskopen sind die Ergebnisse schon jetzt ein Fiasko und für die vereinigte Linke ein seelisches Desaster.
Aber so ist das nun mal, wenn die eigenen Wünsche so verinnerlicht werden, dass man sie für die Realität hält. Finden sich dennoch gut bezahlte Meinungsforscher, werden auch die herbeigesehnten Ergebnisse geliefert und das Traumschiff tuckert munter weiter. Aber die Realität ist bitter. Statt der versprochenen Sonne am Himmel hat sich dieser in dunklen Farben eingehüllt. Der Wetterbericht erwies sich im wahrsten Sinne des Wortes als „Fake News“.
Die ganze Arroganz drückt sich in dem immer wiederholten Argument aus, Biden sei eben von den Wählern in den großen Städten gewünscht worden – gut verdienend und gebildet. Trump sei der König der Landbevölkerung, mit anderen Worten: der Doofen. Wie vermessen, elitär und demokratieverachtend. Wenn es um die gute Sache geht, darf man auch weglassen oder lügen. Als einen der besonders gemeinen Tricks der Trump-Mafia wurde anklagend angeführt, dass die Wähler in den USA sich registrieren lassen müssten, und manchmal seien die Wege in diesem großen Land eben weit. Kein Wort darüber, dass die Vereinigten Staaten aufgrund ihres Freiheitsverständisses kein polizeiliches Meldesystem kennen. Bei Polizeikontrollen reicht schon der Führerschein oder eine andere Foto-ID aus. So ist es legitim, dass die Wahlbehörden wissen wollen, wer denn da die Geschicke des Landes mitbestimmen will. Man stelle sich vor die klugen Leute in Peking schickten einige Millionen Touristen in die Welt, die dann so ganz nebenbei ihre Stimme abgeben.
In Deutschland übrigens muss sich jeder, der umzieht, innerhalb von zwei Wochen polizeilich an- oder ummelden. Wer nicht folgt, muss hohe Bußgelder zahlen. Nur ist es beispielsweise in Berlin leider so, dass ein Termin beim Bürgeramt frühestens in drei Monaten vergeben werden kann. Die Bürokratie des starken Staates frisst sich also selber. Das Phänomen der Selbsttäuschung bei Wahlen erlebte übrigens auch die deutsche Linke. Vier mal hintereinander wurde der „Provinztrottel aus der Pfalz“ zum Bundeskanzler gewählt. Was für die Linke ein Zivilisationsbruch war, bescherte Deutschland sechzehn gute Jahre und als Krönung die Wiedervereinigung. Von da an ging es bekanntlich bergab.