Es gibt manch profitable Lokalzeitung mit einer solchen Auflage: 12.192 Exemplare. So viel an Auflage aber hat allein die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom ersten Quartal 2022 zum ersten Quartal 2023 verloren. Die FAZ rutscht damit auf unter 160.000 Exemplare, die verkauft oder im Abonnement verteilt werden. Bundesweit. Die Stuttgarter Zeitung vertreibt doppelt so viele Exemplare. Lokal.
Erhoben werden die Zahlen von der IVW für die Werbewirtschaft. Aus diesem Rohmaterial lässt sich manches ablesen. Auch die Panik der Branche, die mittlerweile sogar um Staatshilfen bettelt, weil sie sonst nach eigenen Angaben die Zustellung nicht mehr garantieren könne. Indem sie Gratis-Exemplare einrechnen, auch bei digitalen Angeboten, oder indem sie verschiedene Ausgaben miteinander mixen, verhelfen sich Verlage zu einer Scheingröße oder machen es den Nutzern zumindest schwer, die Zahlen zu interpretieren.
Alle anderen überregionalen Tageszeitungen verlieren an Auflage. Jahrelang kannte die Branche einen Auflagenverlust von zwei Prozent pro Jahr. Mittlerweile verlieren alle Überregionalen deutlich über fünf Prozent im Jahr. Da im Prinzip alle von diesen Verlusten betroffen sind, ließe sich die Theorie ableiten, dass Qualität keine Rolle spielt – sondern schlicht die ganze Branche am Sterben ist. Das stimmt allerdings nur bedingt, wie ein näherer Blick zeigt.
Die traditionell linken Zeitungen verlieren auch. Die TAZ hat nur noch eine Auflage von 36.000 Exemplaren. Doch das Blatt war außer für Talkshow schon immer unbedeutend. Die Süddeutsche Zeitung hat satte 20.000 Exemplare an Auflage verloren und kommt jetzt in der Meedia-Auswertung nur noch auf 245.000 Exemplare. Doch das Image der Qualitätszeitung verdanken die Münchener vergangenen Tagen. Heute quält das Blatt seine Leser mit ewig langen szenischen Einstiegen, die ins Nichts führen, bietet sehr viel Haltung und reichlich wenig Inhalt. Woke mögen das vielleicht – aber Geld dafür zahlen wollen halt auch immer weniger.
Der Springer-Verlag belegt, dass Qualität eben doch eine Rolle beim Zeitungssterben spielt. Da ist zum einen die Welt. Sie hat 5.800 Exemplare an Auflage verloren und rutscht damit knapp hinter die TAZ. Die Welt am Sonntag vertreibt sogar 39.000 Exemplare weniger, was zu einer Restauflage von 189.000 Exemplaren führt. Im vergangenen Jahr war die Welt am Sonntag noch der große Gewinner. Wie lässt sich nun der Abstieg erklären?
In der Pandemie nahmen Welt und Welt am Sonntag ihre Rolle als journalistische Instanz ernst. Mit solide recherchierten und pointiert formulierten Beiträgen deckte die Welt manchen Irrsinn der Corona-Politik exklusiv auf. Die Leser honorierten das offensichtlich. Nun der Absturz. Der dürfte in engem Zusammenhang mit der Döpfner-Wende stehen. Die Welt hatte kritisch über „Trans-Aktivisten“ berichtet, darauf hatte sich Springer-Chef Mathias Döpfner eingemischt und verkündet: Die Springer-Blätter würden künftig an der Seite der Trans-Gemeinde stehen. Das mag die Leser von Szenen-Blättern vielleicht gefreut, aber nicht ermutigt haben, ein weiteres Szene-Blatt zu kaufen.
Bliebe noch die Zeit. Die hat sich mit einem Auflagenverlust von nur 1,5 Prozent vergleichsweise stabil gehalten. Die Wochenzeitung liefert schon seit Jahr und Tag für Menschen, die sich um philologisches Wissen bemühen – und um volkswirtschaftliches Nicht-Wissen. Muss man nicht mögen, bedient aber zuverlässig und gut den Leserkreis, der genau das von der Zeit erwartet. Damit ist die Wochenzeitung in der Medienlandschaft das, was die Grünen in der Politik sind: Alle eifern ihr nach, doch mit einem Vertreter wäre der Markt eigentlich schon mehr als ausreichend gedeckt.