Die Ampelregierung drücke ihre „Klimaschutz”-Ziele durch einen kleinen Flaschenhals: „Einen Flaschenhals, der uns umbringt“, so Lamia Messari-Becker in der neuen Ausgabe von Anne Will. Sie ist Professorin für Bauingenieurwesen und kritisiert die Zielumsetzung der Ampel: Es würden keine Optionen für neue Technologien gelassen, die Umsetzung sei zu stark auf das Thema Strom fokussiert und schlichtweg zu schnell: „Ich bitte Sie, geben Sie mehr Zeit“, fordert die Professorin verzweifelt.
Harte Worte, die in der Runde bei Anne Will aber verhallen. Die Politprofis dort holen die Debatte schnell wieder zurück in ihr eingeübtes Kauderwelsch. Dieses Mal halt zum Thema Energiepolitik der Bundesregierung: Jens Spahn (CDU) und Konstantin Kuhle (FDP) stimmen Messari-Becker in Sachen Technologieoffenheit zu: „Es ist falsch, andere Technologien zu verbieten“, denn das „tut dem Klimaschutz den Tod an“, findet Spahn. Auch Kuhle sagt, alle Technologien müssten auf den Tisch, um mehr „Klimaschutz” zu erreichen. Beide fänden das allgemeine Ziel der Ampel, bis 2035 „klimaneutral” zu sein, aber richtig. Sie würden sich nur fragen, wie das erreicht werden solle.
Grünen-Politiker Jürgen Trittin pocht indes auf den „schrecklichen Nachholbedarf“ Deutschlands in den Bereichen „Klimaschutz”, Elektromotoren und alternativer Energiegewinnung. Er scheint mit einem Verbrenner-Verbot in Deutschland darauf zu hoffen, dass Deutschland dann in den anderen – erlaubten – Bereichen aufholen könnte. Ihm gefalle es nicht, dass die Photovoltaik-Industrie in China monopolisiert und Deutschland so abhängig von russischem Gas sei. Für beides macht er die CDU verantwortlich.
Spahn stimmt ihm zwar zu, dass Deutschland zu abhängig von russischem Gas sei, schiebt die Verantwortung aber an die Grünen zurück: Deren Energiewende habe diese Abhängigkeit auch gefördert. Er findet jedoch nicht, dass Deutschland technologisch zurückliegt, denn im Bereich der Verbrenner-Motoren sei Deutschland führend. Genau diese Industrie dann zu verbieten, halte er für eine „dumme Entscheidung“.
Messari-Becker zieht hingegen alle anwesenden Parteien – Grüne, FDP und CDU – in die Verantwortung: Der „Grundfehler“ sei, dass die Politik sich nur auf den Strom fokussiere. Dabei hätte die Politik bereits vor 30 Jahren mit einer Wärmewende beginnen sollen. Dass diese nun „durch einen kleinen Flaschenhals gedrückt werde“, kritisiere sie. Am Beispiel von Wärmepumpen sei sichtbar, dass es keine Lösung gebe, die für alle Bereiche funktioniere. Während die Wärmepumpe im Neubau sinnvoll sei, ergebe sie im Bestand keinen Sinn: „Es wird am Ende sehr teuer und sehr hart“, sagt die Professorin. Messari-Becker hat klare Vorstellungen, wie Deutschland „klimaneutral” werden könne: Sie fordert einen langsamen Technologiewechsel, bei dem die Regierung die Bürger mitnehmen soll. Vor allem aber sollen ihrer Meinung nach alle Optionen offengehalten und gefördert werden.
Der Plan der Ampel ist also: „Klimaneutralität“ bis 2035. Dabei scheint sie aber zu vergessen, den Weg zu diesem Ziel zu planen, denn der wirkt sehr schwammig. Eines scheint aber nicht schwammig – zumindest nicht für Petra Pinzler: Die Hauptstadt-Korrespondentin der Zeit sagt, dass das Verbrenner-Aus am Dienstag „faktisch kommt“. Verbrenner seien immerhin „fahrende Heizungen“. Darum, so fordert Pinzler, müsse die Ampel den wenigen grünen Strom, der momentan erzeugt werde, in den Bereich investieren, in dem es am effizientesten sei: „Elektroautos“. Spahn nimmt ihr diese Illusion, indem er erklärt, dass diese leider auch nicht komplett „klimaneutral” wären.