SPD-Spitze Esken zu Solingen: „Aus diesem Anschlag lässt sich nicht viel lernen“
Charlotte Kirchhof
Bei Caren Miosga geht es um den islamistischen Terroranschlag in Solingen. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken schießt den Vogel dabei ab. Sogar die Moderatoren der Tagesthemen sind über die „Diskussion“ überrascht.
Selbst nach dem islamistischen Terroranschlag in Solingen am vergangenen Freitag verharrt so manch ein Gast in Caren Miosgas Studio im Traum einer funktionierenden Einwanderungspolitik. Wenigstens einer wurde durch den Anschlag ein bisschen wachgerüttelt: der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Herbert Reul (CDU). „Wer nicht geträumt hat, wusste das IS-Anschläge möglich sind“, sagt er. Die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken träumt allerdings noch immer: So meint sie mit monotoner Stimme, „aus diesem Anschlag lässt sich nicht viel lernen“. Denn der Täter sei vorher nicht straffällig oder auffällig gewesen. Na dann.
Auch wenn Esken nicht viel aus dem Anschlag lernen kann, gelangt sie zumindest zu der Einsicht, dass die Gefahr islamistischer Anschläge in Deutschland existiert. Sie behauptet jedoch, dass diese kaum abgewendet werden könnte. Sie bringt diese Gefahr dementsprechend nicht in einen Kontext mit der Einwanderungspolitik der Ampel und der vorherigen Regierungen. Stattdessen äußert sie mehrmals in der Sendung ihr Mitgefühl mit den Menschen, die nach Deutschland fliehen, um sich vor dem Islamischen Staat in Sicherheit zu bringen und nun wieder mit einer Gefahr vom Islamismus konfrontiert werden. So sei eines der Opfer in Solingen ein „iranischer Geflüchteter“ gewesen, wiederholt sie immer wieder. Dass der Islamist neben dem Iraner noch sieben Deutsche verletzt und drei weitere Deutsche ermordet hat, erwähnt sie nicht.
Esken äußert dementsprechend auch kaum eine Idee, wie man die Gefahr des IS aus dem Weg räumen kann. Ihr einziger Lösungsvorschlag: Die Anbieter von Plattformen wie X, Telegram oder Facebook sollen islamistische Posts melden oder löschen. Ob es reicht, ein paar Posts zu löschen, um Deutschland vor islamistischen Angriffen zu beschützen? Wohl kaum. Außer in Eskens Traumwelten vielleicht.
Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jochen Kopelke, und NRW-Innenminister Reul sind sich in ihren Lösungsvorschlägen für das Problem der Terrorgefahr mehr oder weniger einig: Sie fordern mehr Rechte für Polizei und Verfassungsschutz und weniger Datenschutzrichtlinien. Sofern es mit den Freiheitsrechten vereinbar sei, versteht sich. Kopelke lobt die Ampel für das „Gesetz zur Verbesserung von Rückführungen“, weil sich die Polizei somit leichter Zugang zu Flüchtlingsunterkünften verschaffen und somit Straftaten verhindern könne. Esken wirkt ganz stolz auf dieses Gesetz. Offenbar bestärkt sie dieses Lob in ihren Träumereien, die Ampel würde viel gegen den Islamismus tun. Ansonsten fällt ihr nur noch das Betätigungsverbot für die Hamas ein, das Nancy Faeser (SPD) erlassen hat. Ob ein Betätigungsverbot einen Islamisten kümmert? Wahrscheinlich genauso wenig, wie es ihn kümmert, dass immer mehr Orte zu „Messerverbotszonen“ ernannt werden. Aber in Eskens Traumwelten ist bekanntlich vieles möglich.
Die Publizistin Sineb El Masrar kritisiert, dass die Ampel den Arbeitskreis Islamismus abgeschafft hat, um mehr Mittel in den Arbeitskreis Rechtextremismus zu stecken. Soweit, so nachvollziehbar. Dann meint sie allerdings, der IS habe es geschafft, dass Rechtextremisten das Thema Terror aufgreifen, und behauptet, es gebe ein Bündnis zwischen Islamisten und Rechtsextremen. In ihren Traumwelten scheint es mindestens genauso bunt zu sein wie in Eskens.
Eine weitere Lösung für das Problem von islamistischen Terroranschlägen fällt bei Miosga fast unter den Tisch: Nämlich, dass die Ampel die Zuwanderung begrenzen könnte und somit weniger potenzielle Islamisten ins Land kommen. Das könnte an der Gästeauswahl liegen. Miosga kramt ein Zitat von Friedrich Merz (CDU) heraus, in dem dieser ein Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan fordert. Sein Parteikollege Reul sieht dies als „berechtigten Vorschlag“, will es aber nicht abschließend beurteilen. Esken sagt: „Ein Aufnahmestopp ist nicht denkbar.“
Somit macht sie deutlich, dass die Ampel nach dem Anschlag in Solingen genauso weitermachen wird wie bisher. Und erinnert nochmal an die Syrer und Afghanen, die ja extra nach Deutschland kämen, um vor den Islamisten sicher zu sein. Sie sagt allerdings nicht, wie sie diese Syrer und Afghanen von jenen unterscheidet, die ohne Ankündigung einen Messeranschlag verüben. Immerhin sah der Täter des Anschlags am Freitagabend, so El Masrar, genauso aus wie ein gewöhnlicher Taxi-Fahrer. Zumindest weiß Esken, was sie nicht möchte: Sie möchte nicht, dass die Freiheitsrechte aufgegeben werden und die Gesamtbevölkerung unter Dauerbeobachtung gestellt wird.
Miosga beendet die erste „Diskussion“ nach ihrer Sommerpause drei Minuten zu früh. Drei Minuten, in denen jemand die rasant steigende Zahl von Messerangriffen auf deutschen Straßen erwähnen könnte. Oder die Zahl der abgelehnten Asyl-Bewerber konkretisieren könnte. Oder die Folgen einer digitalen Kontrolle durch Polizei und Verfassungsschutz offenlegen könnte. Das frühzeitige Ende kam also überraschend. Irgendwie. Jedenfalls kam es für die Moderatoren der Tagesthemen unerwartet. Die Pause, bis sie auf Miosgas verzweifeltes „Seid ihr schon da?“ reagiert haben, war unangenehm lang.
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