Tichys Einblick
Die schöne Mediengeschichte

Elmar Theveßen, Ihr Experte für alle Fälle

Der ZDF-Mann repräsentiert wie kaum ein anderer den Medienschaffenden, der die jeweils aktuelle Erzählung mit O-Tönen unterfüttert. Eine Laudatio.

Elmar Theveßen in der ARD-Talkshow bei Maischberger, Berlin, 24.04.2024

picture alliance / Geisler-Fotopress | Thomas Bartilla/Geisler-Fotopres

Bei der Bezeichnung Experte handelt es sich um einen ungeschützten Titel. Er zeigt einen Status an, damit das Publikum schon vor der Wortmeldung des Betreffenden Bescheid weiß, hinterher aber erst recht. Denn nicht immer erschließt sich das Expertentum schon aus der Mitteilung selbst. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk – das natürliche Reservat des Expertentums, kaum eine Sendung kommt ohne Einordner aus – verfolgt üblicherweise die Strategie, zu jedem Thema genau einen Sachverständigen ins Studio zu holen: Für Wirtschaft Marcel „Inflation ist meine geringste Sorge“ Fratzscher vom DIW, für Energie Claudia Kemfert, die vor einiger Zeit auf bedrohte Pinguine am Nordpol hinwies, für Rechtsextremismus Andreas Zick, für Verschwörungstheorien Pia Lamberty, für wirtschaftsneutrales Klima Ulrike Herrmann. Denn ein Durcheinander von Themen und Namen würde die zuschauende Bevölkerung verunsichern. Umgekehrt kann eine Figur aber durchaus multiple Expertentitel auf sich vereinen.

Elmar Theveßen, Jahrgang 1967, seit 2007 stellvertretender Chefredakteur des ZDF, dient seinem Sender seit Jahren sowohl als Kriminalitäts- und Terror- als auch als USA-Experte. Keiner schätzt im deutschen Fernsehen mehr ein als er. Ihn kann man stets befragen. Inwiefern er dabei Wissens Sorge trägt, soll die folgende kleine Chronik zeigen.

Die bevorstehende Präsidentschaftswahl brachte Theveßen in diesem Jahr deutlich häufiger vor die Kamera als sonst. Zur kurzen Erinnerung beziehungsweise Einordnung: Nach seinem Auftritt beim G7-Gipfel zweifelten in den USA und darüber hinaus noch mehr Bürger als sonst an dem mentalen Zustand von Joseph Biden. Beziehungsweise, sie machten sich ihr eigenes Bild, zumal der Präsident auch schon von kurz zurückliegenden Gesprächen mit Helmut Kohl und François Mitterrand berichtet, Mexiko mit Ägypten und Rafa mit Haifa verwechselt hatte. Damals galt die Vermutung, er sei geistig wie physisch womöglich nicht mehr ganz auf der Höhe, als Verschwörungstheorie und rechte Erzählung, der nur ein Experte glasklar entgegentreten konnte. Ende Juni erklärte Theveßen als US-Experte, Biden sei „geistig voll in der Lage, das Amt auszufüllen. Das erleben wir auf Pressekonferenzen“, dort sei er „absolut auf der Höhe“. Und überhaupt gebe es in der Partei der Demokraten niemanden mit einer „Autoritas im altrömischen Sinn“, der sie überhaupt noch zusammenhalten könne.

Dann folgte bekanntlich das Fernsehduell Biden-Trump. Unmittelbar danach, am 30. Juni, analysierte Theveßen auf der Webseite des ZDF die Lage nun folgendermaßen: „Ja, die Präsidentschaftsdebatte zwischen Donald Trump und Joe Biden war eine Horrorshow, deren schnelles Ende man herbeisehnte. Auch für mich stand danach fest: Time to go, Joe – je früher desto besser.“ Weswegen der Inhaber altrömischer Autoritas hurtig beiseitetreten- beziehungsweise springen sollte: „Was für ein Vermächtnis, wenn Joe Biden am 20. Januar 2025 sein Amt an die jüngere Generation übergibt und sich im wohlverdienten Ruhestand darüber freut, dass er Amerika vor Donald Trump gerettet hat. Er muss es nur wollen.“

Er wollte erst einmal nicht. Ein 20-jähriger Schütze verübte am 13. Juli ein Attentat auf Donald Trump, das der Herausforderer knapp überlebte. Von dieser Situation – es gehe jetzt schließlich um Einheit und Versöhnung – würde auch Biden profitieren, meinte der Experte des ZDF fünf Tage später: „Joe Biden, hat man das Gefühl, sitzt jetzt wieder ein Stückchen fester im Sattel.“

Sechsundneunzig Stunden später erklärte der Präsident seinen Rückzug von der Kandidatur. An diesem Tag informierte Theveßen die vom ZDF erreichte Öffentlichkeit, dieser Rückzug komme gar nicht überraschend, die Entscheidung sei schon „von Donnerstag auf Freitag“ gefallen, also zwei bis drei Tage vorher im stillen Kämmerlein, aus dem sie auch der ZDF-Korrespondent nicht entließ.

Die aussichtsreichste Bewerberin sei jetzt Kamala Harris, „ob nun mit Unterstützung oder ohne von Joe Biden“. Dazu übrigens weiter unten mehr, denn jetzt geht es ein paar Jahre zurück in der Theveßen-Chronik. Seinen Posten als ZDF-Vizechefredakteur bekleidet er, wie schon erwähnt seit 2007. Seinen Namen merkten sich viele Zuschauer aber erst ab 2011, als er in seiner Terrorexperten-Funktion das Attentat von Anders Breivik kommentierte, der damals auf der Insel Utoya 77 Menschen ermordete. Die Tat, meinte Theveßen im ZDF, trage „eindeutig die Handschrift des IS“, also der Terrororganisation „Islamischer Staat“. Sein Blitzgutachten gab er zu einem Zeitpunkt ab, als es noch kaum Erkenntnisse über Täter und Hintergründe des Anschlags gab – aber aus diesen Gründen eben auch keine Hinweise auf eine IS-Verbindung. Irren kann sich natürlich jeder. Bei jeder Gelegenheit nennt der Journalist dieses Urteil von 2011 seinen „größten Fehler“. In seinem 2016 veröffentlichten Buch „Terror in Deutschland. Die tödliche Strategie der Islamisten“ befasst sich Theveßen noch einmal mit dem Attentat Breiviks:

Dort nennt er ihn ausdrücklich einen „christlichen Terroristen“. Diese Bezeichnung ließ er bis heute unkorrigiert. Breivik engagierte sich in der Jugendorganisation der rechten Fremskrittspartiet, gehörte einer Freimaurerloge und einem Schützenverein an und sympathisierte mit der einwanderungsfeindlichen European Defence League. Über eine Mitgliedschaft in einer Kirche oder einer christlichen Bewegung findet sich in seiner Biografie nichts Erhellendes. Er benutzte zwar das Pseudonym „Sigurd Jorsalfar“ nach dem gleichnamigen norwegischen König des 12. Jahrhunderts, auch genannt ‚Sigurd der Kreuzfahrer‘; Breivik bezeichnete sich außerdem als „Tempelritter“, einer von ihm selbst zusammenfantasierten Gemeinschaft. In seinem 1500-seitigen Manifest zitierte er allerdings auch Marx und Lenin.

Nach Theveßens Methode könnte man den Attentäter also problemlos auch zum kommunistischen Terroristen stempeln, zum freimaurerischen Massenmörder sowieso. Im Buch des Terrorexperten Theveßen heißt es in Kapitel 5: „Wer sich mit dieser Frage beschäftigt, was diesen christlichen Terroristen (gemeint: Breivik) von denen unterscheidet, die im Namen Allahs morden, wird nur einen einzigen Unterschied finden: Sie wähnen sich auf unterschiedlichen Seiten in ein und demselben Kampf der Kulturen.“

Den eigentlichen Unterschied zwischen Breivik und beispielsweise den Attentätern des 11. September 2001 oder den islamischen Bataclan-Schützen deutet er noch nicht einmal an: Nach den Taten der einen gab es hunderttausende Muslime, die die Taten bejubelten oder zumindest rechtfertigten – während Breivik nicht die geringste positive Resonanz in der westlichen Welt fand und findet. Weit und breit lassen sich auch keine christlichen Vertreter des Westens erkennen, die eine Unterwerfung der Welt unter das Christentum für ein legitimes Ziel halten, während sich die gleiche Vorstellung mit umgekehrtem Vorzeichen für die Mehrheit der Muslime von selbst versteht.

Nach dem radikalen Kurswechsel Angela Merkels in der Migrationspolitik trat auch der Kriminalitätsexperte Elmar Theveßen auf den Plan. Bei einem Vortrag in Kandel im Oktober 2015 beantwortete er die Frage, ob die massenhaft ankommenden Migranten gefährlich für die öffentliche Sicherheit sein könnten, mit: „kaum“. Die Rheinpfalz berichtete über seinen Auftritt: „Theveßen ist stellvertretender Chefredakteur des ZDF und dort ausgewiesener Terrorismusexperte. Beim 31. Sparkassen-Forum in Kandel zitierte er in seinem Vortrag weitere aktuelle Erkenntnisse des BKA: ‚Syrer und Afghanen machen der Polizei so gut wie keine Arbeit‘.“

Die angeblichen Erkenntnisse des BKA, mit den hunderttausenden jungen Männern vom Westbalkan, aus Syrien, Afghanistan und Nordafrika gäbe es so gut wie kein Problem, zitierten damals viele Journalisten. In Wirklichkeit wusste der deutsche Staat im Oktober noch nicht einmal, wie viele Migranten seit Anfang September tatsächlich gekommen waren und woher sie genau stammten, geschweige denn, dass er nennenswerte Informationen zu ihrer Identität besaß. Der einzige sinnvolle Kommentar zu diesem Zeitpunkt hätte darin bestanden, auf genau diese faktische Kontrollaufgabe an der Grenze hinzuweisen und im Übrigen den Rat zu geben, die Kriminalitätsstatistiken der nächsten Jahre abzuwarten.

Im Jahr 2023 lag der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger – ausländerrechtliche Verstöße schon ausgenommen – bei 34,4 Prozent bei einem Anteil von Nichtdeutschen an der Gesamtbevölkerung von 15,2 Prozent. Den Anstieg nichtdeutscher Tatverdächtiger um 13,5 Prozent allein von 2022 zu 2023 erklärt das Bundeskriminalamt ganz offiziell mit der Asylzuwanderung. Was die von Theveßen auf reiner Vermutungsbasis geäußerte Prognose zu einzelnen Herkunftsländern angeht: Tatverdächtige Migranten aus Afghanistan fallen sogar innerhalb der gesamten Asylmigranten durch eine Überrepräsentation in der Kriminalstatistik auf. Im Jahr 2022 etwa lag ihr Anteil an tatverdächtigen Migranten bei 10,2 Prozent bei einem Anteil an den in Deutschland lebenden Asyleinwanderern von 9,3 Prozent.

Theveßens Vortragsort Kandel gelangte im Dezember 2017 zu bundesweiter Bekanntheit, als der damals 15-jährige Afghane Abdul D. vor dem Supermarkt des kleinen Ortes die ebenfalls 15-jährige Mia V. mit mehreren Messerstichen tötete. Gegen Abdul D. lief vorher schon ein Ermittlungsverfahren wegen Bedrohung und Nötigung des Mädchens, das ihre kurze Beziehung zu ihm beendet hatte. D.s Asylantrag lehnte die zuständige Behörde schon im Februar 2017 ab. Wegen der besonders häufigen Gewalttaten afghanischer Männer gegen Frauen, die sie abweisen, oder die sich von ihnen trennen, gibt es heute die Wendung „Scheidung auf afghanisch“.

Als Terror- und Kriminalitätsexperte schaut Theveßen nicht nur in passende Statistiken. Er deutet auch prominente Fälle, etwa den Zehnfachmord durch Tobias Rathjen in Hanau 2020. In einem Interview mit der Westdeutschen Zeitung vom 6. März 2020 meinte der ZDF-Mann zu mehreren Massenmördern, Rathjen inbegriffen: „Ja, das spielt eine Rolle. Es spielt auch eine Rolle, wenn der Täter in Hanau in diese Kategorie Incel (involuntary celibacy, dt: unfreiwilliges Zölibat) fällt. Das sind Personen, die Schwierigkeiten haben, mit dem weiblichen Geschlecht eine Verbindung zu finden. Die sich deshalb auch ein stückweit allein fühlen und möglicherweise auch deshalb psychische Probleme haben. Aber auch das nochmal ganz klar: Ich glaube, dass alle Täter im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte waren.“

Seinen Geisteszustand offenbarte Rathjen selbst in einem langen Text und einer auf Video aufgezeichneten Botschaft: Er erörterte dort ausführlich, dass die CIA ihn schon seit seiner Geburt überwache und seine Gedanken zu beeinflussen versuche, er sprach von unterirdischen Folterzentren in den USA und beklagte sich darüber, dass Fußballtrainer Jürgen Klopp seine, also Rathjens Ideen gestohlen habe. Die Passage zu Klopp stellt übrigens den einzigen Bezug des Pamphlets zu Deutschland dar. Das Bundeskriminalamt bescheinigte Rathjen, der neun Männer mit Migrationshintergrund, seine Mutter und sich selbst erschoss, naheliegenderweise „paranoide Wahnvorstellungen“. Angesichts des Umstands, dass Theveßen ihm trotzdem den Vollbesitz der geistigen Kräfte attestiert, wirkt sein Urteil zur geistigen Strahlkraft Joe Bidens nicht mehr ganz so bizarr. Im gleichen Interview mit der Westdeutschen Zeitung schlägt der Tripelexperte auch einen kühnen Bogen von so unterschiedlichen Tätern wie Breivik und Rathjen zu einer ganzen Hintermänner-Riege in der Politik. Das liest sich dann so:

„Wenn Sie Parteien haben, die eine bestimmte Rolle in einer Gesellschaft finden, wenn sie Politiker haben oder Anführer, wenn sie Präsidenten oder Premierminister haben, wie in der tschechischen Republik, in Ungarn, in den USA, die Fremdenfeindlichkeit und Ablehnung öffentlich vom Podium herunter verbreiten, dann bekommt das Ganze den Anstrich, als wäre das in Ordnung. Als wäre das das Normale und nicht das Abweichende. Und das macht es zusätzlich zur Vernetzung der Ideologie so gefährlich. Man fühlt sich im Grunde genommen in guter Gesellschaft, wenn man zur Tat schreitet. Auch wenn die Pro­tagonisten wie Trump, Orban, usw. nicht unmittelbar gegen Fremde und Zuwanderer zur Gewalt aufrufen.“

Trump, Orbán, Breivik, Rathjen – diese Herleitung wirkt auch deshalb so bemerkenswert, weil sich Trump noch überhaupt nicht politisch betätigte, als Breivik 2011 sein Massaker beging, und Rathjen, siehe oben, ohnehin in seiner völlig eigenen Gedankenwelt hauste, in der es keinerlei Bezüge zur realen Politik gab, weder zur amerikanischen, ungarischen noch zur bundesdeutschen. Die spiegelbildliche Frage, ob es eigentlich Hinterleute und politisch Verantwortliche für die Massaker islamischer Täter in Paris, Brüssel und anderswo geben könnte, findet sich bei Theveßen nicht – und folglich auch keine Antwort.

Apropos Fragen: Man kann sich durchaus wundern, wie es der Mann vom Zweiten zwischen seinen Interviews mit Lokalblättern, Auftritten in Sparkassenforen und Talkshows noch schafft, sich als Auge und Ohr des Senders Einblicke in die amerikanische Innenpolitik zu verschaffen. Am 18. Juni gab Theveßen im Sparkassenforum Neuss eine interessante Prognose ab, wiedergegeben in der Rheinischen Post: „Camilla Harris (Originalschreibweise der RP) gewinne zunehmend an Format. ‚Wenn Biden stürbe, würde sie die Wahl zur Präsidentin allerdings krachend verlieren.‘ Der Leiter des ZDF-Studios in Washington geht davon aus, dass Biden die Wahl gewinnen wird.“ Mit seinem Tipp zu Harris könnte der Kenner sogar richtig liegen. Allerdings wiederholte er ihn nicht, siehe oben, als die Demokraten und das Pressekorps die Vizepräsidentin dann tatsächlich zur Kandidatin ausriefen. Die im ZDF laufenden Harris-Festspiele stören – so weit möchte der Fachmann dann doch nicht gehen.

Wie Elmar Theveßen zu seiner Position und seinem Status kommen konnte, erklärt sich ziemlich leicht. Er repräsentiert perfekt wie kaum jemand sonst den Typus, der die gerade von einem medial-politischen Bündnis für gut befundene Erzählung, das current thing, mit seinen O-Tönen zu unterfüttern weiß. Im Herbst 2015 existierte faktisch die normative Vorgabe in Politik, den meisten Medien und Organisationen, der Massenzustrom junger Männer aus zerrütteten Ländern würde die öffentliche Sicherheit in Deutschland nicht verschlechtern, es gab also den dringenden Wunsch, es so zu sehen und die ebenso dringende Erwartung, die Realität würde Wille und Vorstellung folgen.

Theveßen lieferte genau das Erhoffte. Das gleiche Politik-Medien-Konglomerat machte sich 2020 daran, das Massaker von Hanau zum Fanal des rechtsextremen Terrors umzudeuten. Theveßen lieferte. Er lieferte auch, solange sich ein großer Teil der Medien darauf verständigte, dass es sich bei der Erwähnung von Bidens Gebrechlichkeit um eine böswillige rechte Propagandaerzählung handelt. Objektiv falsch lag Theveßen ziemlich oft. Aber seine Deutung des Breivik-Massakers als IS-Anschlag bleibt bis heute sein einziger echter Fehltritt innerhalb einer medialen Logik, wie er sie lupenrein verkörpert.

Ohne diesen Phänotyp ließe sich nicht erklären, wie und warum tausende Journalisten in den USA und Westeuropa unisono die Hinfälligkeit eines Präsidenten erst einfach abstreiten, obwohl jeder einigermaßen normal verdrahtete Zuschauer sie sieht und hört, um dann wie ein Fischschwarm in kürzester Zeit synchron umzuschwenken. Übrigens: Seit Kamala Harris jetzt laut journalistischer Expertise schon fast im Präsidentensessel sitzt, spielt die offenkundige Krankheit des Noch-Amtsinhabers plötzlich wieder keine Rolle mehr. Ein Wisch mit der Zauberhand und das Thema verschwindet in der Zwischenablage, aus der es sich bei Bedarf durchaus noch einmal hervorzotteln lässt. Höchstwahrscheinlich klicken die Medienschaffenden die Angelegenheit aber bald ganz in die große Sammelgrube, wo auch schon ihre Corona-Texte, ihre Kanzlerin-Baerbock-Etüden und Elogen auf Hillary Clinton lagern.

Der Vergleich mit dem Fischschwarm trägt nicht ganz. Das mediale Kollektiv mit seinen Experten an der Spitze schwenkt zwar genauso flott. Allerdings besteht dort jeder im Gegensatz zu den Fischen auf seine Individualität und Eigenwilligkeit. Und nichts beweist diesen Eigensinn besser als der Besitz einer Journalistenauszeichnung. Theveßen erhielt 2023 den Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis; in der Jurybegründung hieß es: „Nach einer bemerkenswerten Karriere, an der Nachrichtenfront wie auf Entscheidungsebenen der ZDF-Zentrale“ beweise er „souveräne Sachkenntnis mit scharfem Blick für die großen Zusammenhänge“.

Da gerade das Stichwort ‚Zusammenhänge‘ fiel: Innerhalb einer Funktionselite, in der es eine Lebenslaufaufpimperin zur Außenministerin schafft und ein ökonomischer Analphabet zum Wirtschaftsminister, in der eine Ferda Ataman als Antidiskriminierungsbeauftragte in Kartoffelland waltet und eine Kulturstaatsministerin den Missstand anprangert, dass man in Bayreuth immer nur Wagner spielt, in dieser Gesamtordnung also gehen sowohl Dreifachrang als auch Friedrichs-Preis für Theveßen völlig in Ordnung. Er soll die beim ZDF sehr gut erträgliche Leichtigkeit des Expertenseins auch für und für genießen, Amerikas Politik weiter via CNN verfolgen und im Vollbesitz seiner Kräfte ausdeuten. Wie auch immer die Wahl in den USA am 5. November ausgeht, beim Sender auf dem Lerchenberg wird es dann heißen: „Elmar Theveßen kennt die Gründe.“


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