Tichys Einblick
Zwei Duck-Geschichten sollen verschwinden

Onkel Dagobert: Opfer der Cancel Culture

Offenbar ist Disney bereit, für sein „wokes“ Erscheinungsbild sogar die reichste Ente der Welt zu schlachten. In einer E-Mail macht das Unternehmen einem seiner berühmtesten Autoren klar: Zwei seiner Geschichten dürfen nicht mehr erscheinen.

IMAGO / biky

Don Rosa ist im Disney-Universum eine Legende. Der Comicautor gilt als legitimer Erbe von Carl Barks. Barks perfektionierte die Figur Donald Duck, gab Entenhausen seinen Namen und erfand zahlreiche Figuren – darunter Dagobert Duck, der zur einer der populärsten Comicfiguren (auch jenseits von Disney) avancierte. Don Rosas Verdienst liegt darin, dass er die zahlreichen Geschichten um „Onkel Dagobert“ – der im englischen Original als Scrooge McDuck an die Hauptfigur von Charles Dickens Weihnachtsgeschichte angelehnt ist – sammelte, ordnete und historisierte.

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Während Barks die Duck-Geschichten in der Gegenwart verortete, erzählte Don Rosa die Lebensgeschichte von Dagobert und wie dieser von einem armen schottischen Schuhputzjungen zur reichsten Ente der Welt wurde. Dagobert sucht Gold in Südafrika und am Klondike, freundet sich mit Theodore Roosevelt an und erlebt den Untergang der Titanic. Dieses Opus magnum von Rosa in zwölf Bänden lief in den 1990er Jahren unter dem Titel „Sein Leben, seine Milliarden“ und erhielt 1995 den Eisner Award. Es handelt sich um einen der begehrtesten Preise der Comicwelt.

Donaldisten aller Länder müssen nun stark sein. Denn Rosa veröffentlichte am 14. Februar eine E-Mail, die ihm die Walt Disney Company geschickt hatte. Der Konzern entschied, dass zwei seiner Geschichten in Zukunft nicht mehr veröffentlicht würden. Zitat:

„Als Teil ihres kontinuierlichen Engagements für Vielfalt und Inklusion ist die Walt Disney Company dabei, ihre Geschichtenbibliothek zu überprüfen. Infolgedessen werden einige Geschichten, die nicht mit ihren Werten übereinstimmen, nicht mehr veröffentlicht. Das trifft auf zwei Ihrer klassischen Geschichten zu.“

Namentlich nennt Disney die Geschichten „The Richest Duck in the World“ (Der gewissenlose Geschäftsmann aus Entenhausen) und „The Dream of a Lifetime“ (Lebensträume). Sie würden nicht mehr Teil von Neudrucken oder Sammlungen sein. Das ist angesichts von Rosas Werk ein harter Schlag – denn „The Richest Duck in the World“ ist das vorletzte Kapitel seiner zwölfteiligen Geschichte. Was für einen Wert hat eine Sammlung, wenn ein wichtiges Element fehlt?

Rosa fragt sich, ob andere Geschichten aus Entenhausen auch betroffen sind – sind es nur seine? Oder nicht? „Offensichtlich sind nun alle 12 Kapitel meiner Geschichte verboten, denn sie können ohne Finale nicht veröffentlicht werden“, resümiert Rosa. „Ich will nicht kommentieren, was das für den Sammlermarkt bedeutet.“

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Disney gibt keine konkreten Gründe an. Fans spekulieren aber zurecht, dass die Figur der schwarzen Zombiegestalt Bombie, die in beiden Geschichten vorkommt, den Ausschlag gegeben haben dürfte. Die Darstellung soll rassistisch sein. Bombie ist wie Dagobert eine Kreation von Barks, weshalb Spekulationen Raum gewinnen, dass auch dessen Originalgeschichte bald gecancelt werden könnte.

Dabei beißt sich die woke Katze in den Schwanz: Denn „Bombie“ wird als böses Gewissen von Dagobert beschworen, weil dieser ein afrikanisches Dorf niederbrennen lässt. Die pejorativ wahrgenommene Gestalt ist also in Wirklichkeit eine Anklage gegen den westlichen Kolonialismus und die Ausbeutung des Kontinents, der Zombie eine beständige Bedrohung für Dagobert, der vor ihm flieht wie vor seinem schlechten Gewissen. Er ist demnach die Materialisierung des „Fluchs der bösen Tat“. Ausgerechnet die Geschichte, die Dagoberts dunkle Seite, und damit auch die „dunkle Seite des Kapitalismus“ belichtet, wird ausradiert – dank linker Tugendpriester.

Monetär hat die Entscheidung von Disney wenig Einfluss auf Rosa; an den Neuauflagen verdient der Comicautor nicht. Und auch die Fans verweisen darauf: Duck-Comics sind in Europa, besonders in Italien, Deutschland und Skandinavien viel populärer als auf dem heimischen US-Markt. Rosa, der in Italien als „Italo-Amerikaner“ wahrgenommen wird, hat dort eine treue Fangemeinde. Die Bände gibt es also weiterhin in unseren Läden – bis die woke Welle auch in die Alte Welt überschwappt. Zu sicher sollte man sich nämlich nicht fühlen: Schon in der Vergangenheit hat der Verlag Egmont Ehapa Comic-Panele politisch korrekt umgeschrieben.

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